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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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etwas fürchtete er mehr als sein eigenes Ende – erneut tatenlos zusehen zu müssen, wie ein geliebter Mensch von seiner Seite gerissen wurde.
    Damals bei Nia mochte er keine andere Wahl gehabt haben.
    Diesmal hatte er sie.
    Der Hauptmann – Conn hatte mitbekommen, dass sein Name Bahram war und aus Armenien stammte – sagte etwas, das Conn zwar nicht verstand, jedoch als Frage deutete. Conn zuckte daraufhin mit den Schultern, soweit seine entzündeten Gelenke es zuließen. Doch der Hauptmann schien diesmal nicht an Antworten interessiert zu sein. Stattdessen gab er einen knappen Befehl, worauf einer der fettleibigen Kerkerknechte in die Zelle trat.
    Conn stieß einen Laut aus, der gleichzeitig Gebet und Verwünschung war. Er rechnete fest damit, dass man ihn abermals in die Folterkammer schleppen und einer weiteren schmerzhaften Befragung unterziehen würde – als sich der Knecht an s einen Hand- und Fußfesseln zu schaffen machte und die Bolzen löste.
    »W as zum …?«
    Der Hauptmann sagte erneut etwas, das Conn nicht verstand – der Fingerzeig in Richtung der offenen Tür war dafür umso deutlicher.
    »I-ich soll gehen?«, krächzte Conn. Seine Stimme klang dünn und rau. Die letzten Tage hatte er sie nur benutzt, um zu schreien.
    Schwerfällig versuchte Conn, sich aufzuraffen, was ihm allerdings nicht recht gelang. Ausgerechnet der Scherge, der ihm gestern noch grässliche Qualen bereitet hatte, griff ihm unter die Arme und stellte ihn auf die Beine. Conn, der noch immer an eine Falle, zumindest aber an einen schlechten Scherz glaubte, machte eine unbestimmte Bewegung in Richtung der Tür, aber niemand reagierte.
    Er tat einen weiteren Schritt, wobei er sich an der von Schimmel überzogenen Wand abstützen musste. Noch immer unternahm niemand den Versuch, ihn aufzuhalten. Gebückt und keuchend ob der ungewohnten Anstrengung erreichte Conn den Durchgang. Er bückte sich und schlüpfte nach draußen, wo eine Gruppe Bewaffneter wartete. Bei ihnen war Caleb. Das selbstgefällige Grinsen, das Chayas Cousin noch bei ihrer letzten Begegnung gezeigt hatte, war jedoch verschwunden.
    »W as hat das zu bedeuten?«, fragte Conn.
    »Du bist frei und kannst gehen.«
    Conns Mund blieb ihm vor Staunen offen. Mit vielem hatte er gerechnet, damit jedoch ganz sicher nicht. »W arum?«
    »Chaya«, sagte Caleb nur, und es klang seltsam gepresst. »Sie hat sich bei Bahram für dich verwendet.«
    Inzwischen hatten auch der Hauptmann und sein feister Scherge die Zelle verlassen. Während der Kerkerknecht zurückblieb, um die Tür zu verschließen, bedeutete Bahram Conn, ihm den Gang hinab zu folgen. »W ohin gehen wir?«, erkundigte sich Conn bei Caleb.
    » Du wirst schon sehen«, war die barsche Antwort.
    Conn verzichtete auf weitere Fragen. Auf seinen schmerzenden Beinen, deren Gelenke noch immer geschwollen waren, folgte er Bahram und Caleb durch dunkle Stollen und die schmale Treppe hinauf, die zurück an die Oberfläche führte und von der er nicht geglaubt hatte, dass er sie jemals wieder emporsteigen würde.
    Das Tageslicht schmerzte in Conns Augen, als sie auf den Innenhof traten. Er geriet ins Torkeln. Jemand fasste ihn am Arm und führte ihn, und er stellte verwundert fest, dass es Caleb war. Sie überquerten den Hof, auf dem Soldaten der Garnison an ihren Waffen übten, und betraten ein steinernes Gebäude. Sogleich ließ der stechende Schmerz in Conns Augen nach.
    »Du sagst, Chaya hätte sich für mich verwendet?«, erkundigte er sich leise bei Caleb.
    »Das hat sie.«
    »Und wie? Ich meine, wie hat sie es geschafft, dass ich freigelassen werde?«
    Der junge Jude antwortete nicht. Stattdessen führte er ihn durch eine Reihe von Gängen zu einer Tür. Die Posten, die sie begleiteten, blieben als Wachen zurück, während Bahram, Conn und Caleb in den dahinterliegenden Raum traten. Noch immer fragte sich Conn, was all dies zu bedeuten haben mochte, als er die Gestalt gewahrte, die zusammengesunken auf einem Hocker in der Mitte der Kammer kauerte.
    Es war Baldric!
    Conn brauchte einen Moment, um seine Überraschung zu verwinden.
    Noch mehr als die Tatsache, dass er seinen Adoptivvater weit entfernt im Norden vermutet hatte, entsetzte ihn Baldrics Aussehen. Die Gesichtszüge des alten Normannen waren ausgezehrt, seine Wangen hohl, die Haut fleckig; Haupt und Kinn waren kahlgeschoren, eine hässliche Brandwunde entstellte d ie Mundpartie. Noch schlimmer war die kauernde Haltung, in der Baldric auf dem Schemel hockte, die

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