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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ist in hebräischer Sprache verfasst«, fasste Bahram zu Chayas Verblüffung das zusammen, was er über die Schriftrolle herausgefunden hatte, »und soweit ich es beurteilen kann, hat er verschiedene Verfasser.«
    »Das habt Ihr erkannt?«
    Bahram nickte. »Aber meine Kenntnisse reichen nicht aus, um das Buch in voller Länge zu übersetzen, geschweige denn, um seinen Inhalt zu verstehen. Dennoch ist mir offenbar geworden, dass es sich nicht um eine beliebige Abfassung handelt, sondern um einen Text von höherer Bedeutung. Und die Tatsache, dass der Kreuzfahrer den weiten und gefahrvollen Weg auf sich genommen hat, um ihn Euch zurückzubringen, bestärkt mich in dieser Ansicht.«
    Chaya hatte sich nicht in Bahram geirrt. Der Hauptmann war tatsächlich jener scharfsinnige Geist, den sie vom ersten Augenblick an in ihm vermutet hatte. Und er war bei Weitem nicht so ahnungslos, wie sie gehofft hatte.
    »Habt Ihr dem qa’ib von Euren Vermutungen berichtet?«, fragte sie vorsichtig.
    »Nein, schon weil ich mir nicht sicher war. Aber Ihr könnt meine Zweifel ausräumen. Worum geht es in diesem Text, der Euch so viel zu bedeuten scheint?«
    »W enn ich Euch das sagte, würde ich das Erbe meines Vaters verraten, der mir dies Schriftstück übergab.«
    »Und tut Ihr es nicht, verratet Ihr den Mann, der Euch so sehr liebt, dass er sein Leben wagt, um Euer Geheimnis zu wahren.«
    Chaya schwieg. Ihre Gedanken gingen zurück nach Köln, von wo aus ihr Vater und sie aufgebrochen waren, und sie folgten der langen Reise, die sie auf sich genommen hatten, mit all ihren Verzögerungen und Gefahren. Ihr Ziel war es gewesen, das Buch von Ascalon sicher an die Stätte seines Ursprungs zu bringen, doch die Mission war gescheitert. Durch Chayas Unachtsamkeit war das Buch verloren gegangen, Conns Edelmut und sein Sinn für Gerechtigkeit hatten es zurück g ebracht. Beider Schicksale schienen untrennbar miteinander verbunden zu sein, wie also sollte sie entscheiden, wem ihre Treue galt? Machte es letztlich überhaupt einen Unterschied? Musste Chaya Bahram das Geheimnis nicht offenbaren, wenn sie hoffen wollte, jemals wieder in den Besitz des Buches zu gelangen?
    Im Blick seiner dunklen Augen glaubte Chaya jedoch etwas Verbindliches zu finden, eine Zusicherung, die sie beruhigte.
    »Caleb berichtete mir, dass Ihr ein Christ seid?«, erkundigte sie sich vorsichtig.
    »Das ist wahr.«
    »W isst Ihr, was Aron habrit bedeutet?«
    Bahram nickte. »Es ist die Lade des Bundes. Der heilige Schrein, in dem Eure Vorfahren die Zehn Gebote Mose aufbewahrten.«
    »So ist es. Und davon handelt das geheime Buch. Denn die Lade des Bundes hat die Zeit überdauert.«
    Sie konnte sehen, welche Reaktionen diese Enthüllung im Gesicht des Hauptmanns auslöste. Staunen und Zweifel, Freude und Bestürzung, von allem war etwas dabei.
    Und Chaya begann zu berichten.
    Von den Anfängen des Buches von Ascalon, die bis in die Tage König Salomons reichten; von seiner wechselvollen Geschichte, die untrennbar mit der des Volkes Israel verbunden war und sie in mancher Weise widerspiegelte; und schließlich von dem Geheimnis, das die Schriftrolle über die Jahrtausende bewahrt hatte, bis hin zu diesen Tagen, in denen Krieg und Unheil über dem Gelobten Land heraufzogen.
    Bahram hörte aufmerksam zu. Er unterbrach Chaya nur selten, und wenn, dann nur, weil er etwas nicht verstanden hatte. Jedoch reagierte er weder furchtsam noch ablehnend, sondern schien geradezu gefesselt von ihrem Bericht zu sein. Selbst als sie geendet hatte, schwieg er noch eine ganze Weile.
    »Nun?«, fragte sie, als sie es schließlich nicht mehr aushielt. »W as sagt Ihr?«
    B ahram schaute sie nicht an, sondern blickte nachdenklich vor sich hin. »Es ist seltsam. In jeder Nacht richte ich meinen Blick zu den Sternen und bete zum Herrn, Er möge mir ein Zeichen senden. Und nun wird mir klar, dass Ihr dieses Zeichen seid.«
    »Ich, Herr?« Chaya schüttelte zweifelnd den Kopf. »W ie meint Ihr das?«
    »Ihr könnt nicht wissen, was hinter mir liegt, Chaya. Ich habe in meinem Leben nur wenigen Herren gedient. Zuerst Tutush, dem mächtigen Bruder des Sultans, und später seinem Sohn Duqaq, dem Emir von Damaskus, bis ich bei diesem in Ungnade fiel. Aber stets war mein Leben geprägt von Kampf und Tod, obschon ich in Wahrheit ein Mann des Wortes bin und der Wissenschaft. Als solcher habe ich den Himmel beobachtet und die Zeichen gedeutet, die ich dort sah, und sie berichteten mir von drohendem Untergang.

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