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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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die in Erwartung des Schmerzes schon jetzt von roten Flecken übersät war.
    Der Mann mit dem Eisen trat vor ihn. Sein prüfender Blick war so stechend, dass Guillaume das Gefühl hatte, er würde an seinem Hinterkopf wieder austreten.
    »V on Bruder zu Bruder«, erklärte der Vermummte.
    »V on Bruder zu Bruder«, wiederholte Guillaume, obwohl er dem anderen für das, was er ihm anzutun im Begriff war, lieber ins Gesicht gespuckt hätte.
    Er vermied es, seinen Arm noch einmal anzusehen, und starrte stur geradeaus. Er spürte, wie die behandschuhte Rechte des Fremden seine Hand ergriff, wartete einen entsetzlichen, quälenden Augenblick lang – und dann kam der Schmerz, zusammen mit einem Zischen und dem ekelerregenden Gestank von verbrannter Haut.
    Guillaume hätte seine Qual und die ohnmächtige Wut, die er empfand, am liebsten laut hinausgebrüllt. Stattdessen presste er Zähne und Lippen fest aufeinander, bis sein Mund zu einem dünnen, blutleeren Strich geworden war. Dass ihm Tränen in die Augen traten, konnte er allerdings nicht verhindern.
    Die Sinne drohten ihm zu schwinden, so überwältigend w ar der Schmerz, zu seiner eigenen Enttäuschung jedoch blieb Guillaume bei Bewusstsein. Er zwang sich dazu, an sich herabzublicken, auf die noch schwelende Wunde, die der Vermummte ihm beigebracht hatte und die nun für immer auf seinem Unterarm prangen würde.
    Das Symbol der Bruderschaft. Ein Kreuz, dessen vier gleich lange Arme sich nach außen verbreiterten.
    »Signum quaerentium« , erklärte der Vermummte.
    Guillaume nickte.
    Das Zeichen der Suchenden.
    Mit dem Rücken der linken Hand wischte er sich Tränen und Schweiß aus dem Gesicht. Sein Puls raste noch immer, und ihm war speiübel. Aber gleichzeitig empfand er auch Erleichterung – und Stolz. Das befriedigende Gefühl, etwas zu Ende gebracht zu haben, das er begonnen hatte.
    »Nun denn«, sagte der Ritter, der das Wort geführt und ihm das Zeichen eingebrannt hatte. Er steckte das Eisen in den Korb zurück, dann gingen er und die anderen Vermummten dazu über, das Kettengeflecht von ihren Gesichtern zu lösen und die Maskerade zu beenden. Jetzt, da Guillaume einer der Ihren geworden war, bestand keine Notwendigkeit mehr, die Züge vor ihm zu verhüllen.
    Unter dem Helm seines Peinigers kam ein ebenmäßiges Antlitz zum Vorschein, das leicht gebräunt war und dessen untere Hälfte von einem schwarzen, säuberlich gestutzten Kinnbart gesäumt wurde. Der schmale Mund lächelte schwach, die dunklen Augen, die das südländische Erbe verrieten, schauten Guillaume herausfordernd an.
    »Eustace de Privas«, stellte er sich vor und bestätigte damit endgültig Guillaumes Vermutung, es mit Edlen aus dem Süden zu tun zu haben. Der Ritter mochte an die zehn Jahre älter sein als Guillaume, und obschon sich sein Lächeln verbreiterte und Freundschaft anzubieten schien, konnte Guillaume nicht anders, als einen Konkurrenten in ihm zu sehen.
    Um Macht.
    U m Einfluss.
    Um Reichtum und Ruhm.
    Dennoch legte sich auch über seine Züge ein Lächeln. »Ich danke Euch, Bruder Eustace, für die Gunst, die Ihr mir erwiesen habt – und zu den Schwüren, die ich bereits geleistet habe, füge ich noch einen weiteren hinzu und gelobe, dass ich Euch dies nie vergessen werde.«

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17.
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    Vienne
September 1096
    Es war so gekommen, wie der redselige Bertrand es vorhergesagt hatte. Bereits wenige Tage nachdem Conn am Brunnen der feurigen Rede des rothaarigen Mönchs gelauscht hatte, war der Abmarsch aus Rouen erfolgt. Schon kurz darauf hatte sich das Heer mit der Hauptstreitmacht aus Caen vereint, die der Herzog der Normandie persönlich befehligte. Natürlich bekam Conn den Sohn des Eroberers nicht zu sehen, ebenso wenig wie seinen Schwager Stephen de Blois oder einen anderen der hohen Herren, die im weiteren Verlauf des Marsches hinzustießen. Aber er war mehr als beeindruckt von der Größe, die die Streitmacht schon nach wenigen Tagen angenommen hatte.
    Die Vorhut, die abwechselnd von den verschiedenen Gruppierungen des Heeres gestellt wurde, ritt dem riesigen Gebilde voraus, das sich einem gewaltigen Lindwurm gleich nach Süden wälzte. Ihr folgte das Hauptkontingent des Heeres, die Landlords und Fürsten mit ihren Rittern und Vasallen. Eine feste Ordnung gab es nicht; wer an welcher Stelle marschierte, hing davon ab, welchen Rang sein jeweiliger Herr in der Hie­rarchie des Feldzugs bekleidete. Allen voraus ritten freilich der Herzog und seine Getreuen, ihnen folgten

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