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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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sagte Maarten skeptisch.
    „Und im Zug kannst du offen über Politik reden.“
    „Auf Niederländisch.“
    „Nein, auch auf Spanisch.“
    „Woher wissen Sie das?“
    „Ich hatte den Eindruck.“
    Maarten beugte sich wieder über seine Arbeit, legte den Fragebogen zur Seite, nahm den nächsten und eine neue Karteikarte und übertrug mechanisch, was vor ihm lag, während er über das nachdachte, was Beerta gesagt hatte. War Franco wirklich der Grund, dass er nicht nach Spanien fuhr? „Aber auch ohne Franco würde ich nicht nach Spanien fahren“, gestand er, ohne seine Arbeit zu unterbrechen und noch bevor er eine Antwort auf die Frage gefunden hatte. „Ich habe einfach Angst vor einer neuen Umgebung. Ich glaube, am liebsten würde ich einfach zu Hause bleiben.“
    „Ja, so geht es mir auch.“ Plötzlich lag Wärme in seiner Stimme.„Eigentlich würde ich am liebsten überhaupt keine Ferien haben. Ich habe auch jahrelang keinen Urlaub genommen. Ich tue es nur, weil Karel so darauf drängt und der Arzt es mir verordnet hat.“
    Die Antwort irritierte Maarten, doch er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, weil die Tür erneut aufging. Diesmal war es Hendrik. Er legte einen Brief auf Maartens Schreibtisch und wollte wieder hinaus.
    „Frau Haan hat dich gesucht“, sagte Beerta. Er hatte sich etwas weiter umgedreht, so dass er Hendrik sehen konnte. Seine Stimme klang vorwurfsvoll.
    „Ich weiß, Herr Beerta“, antwortete Hendrik und richtete sich auf. Er schloss den mittleren Knopf seines Jacketts. „Ich habe sie inzwischen gesprochen.“
    „Du bist zu spät gekommen.“
    „Ja, Herr Beerta.“
    „Und du weißt, dass du pünktlich sein musst.“
    „Ja, Herr Beerta.“
    Beerta sah ihn streng an. „Wie kommt es dann, dass du trotzdem zu spät kommst, wenn du weißt, dass du pünktlich sein musst?“
    „Es wird nicht wieder vorkommen, Herr Beerta.“
    „Er hatte seine Brille vergessen“, sagte Maarten. „Ich habe ihn auf dem Weg zum Büro getroffen.“ Er verstand nicht, weshalb Hendrik sich nicht verteidigte.
    „Stimmt das?“, fragte Beerta Hendrik.
    „Ja, Herr Beerta.“
    „Warum sagst du es dann nicht?“
    „Ach, ich finde das kindisch.“
    Seine Antwort erstaunte Beerta. Er stand auf. „Was meinst du mit ‚kindisch‘? Bezieht sich das auf den Vorwurf, dass du zu spät gekommen bist?“
    „Das bezieht sich auf meine Brille, Herr Beerta“, antwortete Hendrik, noch immer in Hab-Acht-Stellung.
    „Dann ist es gut.“ Er sah Hendrik ironisch an. „Du bist schlecht angezogen.“ Seine Stimme hatte einen deutlich erotischen Unterton, er strich kurz an seinem Hals entlang. „Frau Haan nimmt Anstoß daran.“
    „Pardon, Herr Beerta.“ Er schloss den obersten Knopf seines Oberhemdes unter der Krawatte.
    „Dann kannst du jetzt wieder gehen“, sagte Beerta und wandte sich wieder seinem Schreibtisch zu.
    Während Hendrik den Raum verließ, zog Maarten den Brief, den dieser auf seinen Schreibtisch gelegt hatte, zu sich heran. Es war das Schreiben eines Korrespondenten mit einer Theorie über das Ursächsische, dem Hendrik seine Antwort beigefügt hatte. An den Brief des Korrespondenten hatte Maarten selbst einen Zettel mit einer Büroklammer befestigt:
Hendrik, kannst du diesem Sack eine Antwort geben? Maarten
. Sein Blick fiel auf den Zettel und er sah, dass Hendrik das Wort
Sack
sorgfältig durchgestrichen und durch
Mann
ersetzt hatte.
    „Aber so ein Urlaub wie bei euch wäre bestimmt nichts für mich“, sagte Beerta hinter ihm. „Mich sprechen Städte an, mit denen eine Erinnerung verbunden ist. Ich liebe Florenz, weil es die Stadt Dantes ist, und wenn ich sein Haus sehe, bin ich gerührt. Und so ist Avignon die Stadt, in der Petrarca Laura getroffen hat. Wenn es so etwas nicht gibt, sagt mir eine Stadt nichts. Dann brauche ich nicht hinzufahren. Das geht dir also nicht so?“
    „Nein“, seine Gedanken waren noch bei der Korrektur Hendriks, „mir geht es nicht so.“
    „Dann verpasst du eine Menge.“
    „Zweifellos.“
    „Und dann bereiten wir so eine Tour auch gründlich vor.“ Er störte sich nicht an Maartens Ironie. „Wenn wir also beispielsweise vor einer Kathedrale stehen, dann wissen wir: Jetzt müssen wir nach oben schauen, weil die Rosette so schön ist. Und dann sorgen wir auch noch dafür, dass wir im richtigen Moment dort sind, wenn die Sonne draufscheint.“
    „Schrecklich!“
    Beerta drehte sich um. „Findest du das schrecklich?“
    „Ja“, er lachte, „aber das

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