Das Büro
sollen. Und ich fand es auch verdammt billig, von hier aus die reinen Standpunkte in die Welt zu schicken, zusammen mit all den anderen Leuten vom Büro, die, wenn es darauf ankommt, keinen Finger krumm machen würden.“
„Da bin ich anderer Meinung“, sagte Klaas. „Wenn man so denkt, kann man nie mehr gegen irgendetwas protestieren.“
„Für sich allein!“
„Aber dann erreichst du nichts.“
„Und für dich allein tust du es auch nicht“, sagte Nicolien.
„Nein, bei Algerien nicht“, gab Maarten zu. Er dachte nach. „Und vielleicht bei etwas anderem auch nicht. Ich weiß es nicht.“
Sie schwiegen.
Maarten sah Klaas an. „Beerta hat übrigens wieder gefragt, warum du ihn nicht mehr besuchen kommst.“
Klaas wurde rot.
„Klaas de Ruiter weicht mir aus, hat er gesagt.“
„Dann sag ihm, dass ich ihn besuchen werde, wenn mein Bart ab ist“, sagte Klaas in einem nicht ganz gelungenen Versuch, einen Scherz daraus zu machen.
*
Nicolien wartete, während Maarten die Tür abschloss. „Wohin gehen wir?“
„Nach links.“
Sie folgten der Gracht in Richtung des Raampoort. Es war ein Sommerabend, und es wehte ein kühler Ostwind, der bereits ein wenig vom Herbst in sich trug. Auf der Straße war es still.
„Wo wolltest du hin?“, fragte sie. Sie überquerten die Brücke zur Nassaukade.
„Zu den gelben Stühlen?“
„Ist das nicht zu kalt?“
„Jedenfalls haben wir dann ein Ziel.“
Sie folgten der Da Costakade. Auf der Ecke zur De Clercqstraat sahen sie sich ein blaues Oberhemd in der Auslage eines Herrenausstatters an und verglichen die Farbe mit dem Blau des Oberhemds, das er trug.
„Das ist blauer“, fand sie.
„Kobaltblau“, sagte er, ohne zu wissen, was das genau ist.
Sie überquerten die De Clercqstraat und sahen sich bei Kok im Schaufenster die dort ausgestellten Fernsehgeräte an.
„Sollen wir uns nicht auch mal einen Fernseher anschaffen?“, stichelte er.
„Ich denke gar nicht daran“, sagte sie entschieden. „Ich will so ein Ding nicht im Haus haben! Und sich dann jeden Abend diesen Scheißdreck ansehen!“
„Das hast du selbst in der Hand.“
„Ich will es nicht!“
Über ihren Köpfen lehnte sich ein altes Ehepaar aus dem Fenster und sah auf sie herab. Sie gingen weiter. Auf dem breiten Bürgersteig gingen ein paar Leute, vor allem Männer, ansonsten gab es kaum Verkehr. Zwei Jungen kamen, tief über die Lenker ihrer Fahrräder gebeugt und mit nur einer Reifenbreite Abstand, aus der Seitenstraße, rasten um die Kurve, fuhren die Brücke hinunter, wo ein anderer Junge sie mit einem weißen Taschentuch abwinkte. Sie gingen über die Brücke und bogen an der Kreuzung nach links ab, in die Bilderdijkstraat. Eine Straßenbahn kam gerade und hielt an der Haltestelle.
„Weißt du noch, wo Flap und Toosje gewohnt haben?“, fragte er und sah hoch.
„Ich meine, dort“, sie zeigte auf einen Erker. Die Fenster waren schmutzig, gelbe Vorhänge hingen davor. Der Giebel über dem Erker lag im Licht der untergehenden Sonne. Der Himmel darüber war blassblau.
„Wie lange ist das schon her?“, fragte er sich.
„Sieben Jahre?“
„Wir werden alt. Bevor wir es merken, sind wir tot.“
Sie ergriff seine Hand. „Ich will nicht alt werden.“
„Aber wir werden alt.“
In einer Seitenstraße spielte eine Kapelle der Heilsarmee
Näher, mein Gott, zu dir
. Drei Kinder und eine alte Frau standen auf dem Bürgersteig und hörten zu. Er blieb stehen, zögerte und ging dann in ihre Richtung.
„Was tust du?“, fragte sie.
„Zuhören.“
Sie zog ihn zurück. „Nein, das will ich nicht.“
Er blieb in einiger Entfernung stehen.
Die Kapelle verstummte, ein Mädchen in Uniform griff zum Mikrofon. Als sie zu reden begann, wandte er sich ab. „Schade“, sagte er.
„Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn du dir so etwas anhörst.“
„Ich finde es schön.“
„Aber dir ist es nicht ernst, und das macht mich traurig.“
„Die Leute sind nicht bedauernswert“, sagte er entschieden. „Die haben ihren Glauben. In ihren Augen sind wir viel bedauernswerter.“
Auf der Kreuzung zum Overtoom bogen sie rechts ab. Vor dem Sitz der Heilsarmee standen Leute in Sonntagskleidung und Heilsarmisten. Zwei von ihnen, ein Mann und eine Frau, fuhren auf einem cremefarbenen Motorroller vor, mit weißen Helmen zu ihren schwarzen Uniformen. Ein paar Häuser weiter öffnete ein hochgewachsener junger Mann mit einem kleinen Kopf die Haustür und trat ein.
„Den Jungen kenne
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