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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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ein echter Fan von dir. Wenn man’s mal genau betrachtet, gefällt mir deine Musik wesentlich besser als die von dem Schwatten.“
    „Das ist ein blankes Vorurteil“, sagte Mutter Blaudrossel. „Ripper mag unseren Hausfolksänger hier nicht besonders.“
    „Ein verdammter schräger Bimbo!“
    „Wir haben einen schwarzen Sänger, der sich auf ländlichen Blues spezialisiert hat. Er heißt Blind John Dove.“
    „Hab’ von ihm gehört“, sagte Jolson, der in seinen Schlafinstruktionen Informationen über alle wichtigen Folksänger sowohl des Barnum als auch des Erdsystems erhalten hatte. „Ein verdammt guter Gitarrenzupfer.“
    „Ein stinkiger Pavian“, sagte der blonde junge Mann.
    „Hatte eigentlich den Eindruck“, sagte Leftover, „daß du ’n bißchen friedlicher geworden wärst.“
    „Bin ich auch, verdammt noch einmal!“ Als Mutter Blaudrossel forteilte, wandte er sich an Jolson. „Ich heiße Jack the Ripper. Schon mal von dem Burschen gehört?“
    „Was spielte er denn, Gitarre oder Mundharmonika?“
    „War kein verdammter Musiker“, sagte Ripper. „Jedenfalls weiß man nicht genau, was er war. Aber berühmt ist er dafür geworden, daß er Nutten umgebracht hat. Jack the Ripper hat Prostis geschlitzt.“
    Jolson kratzte sich die Rippen, während er fragte: „Warum hast du denn seinen Namen angenommen?“
    „Therapie“, sagte Leftover.
    „Stimmt genau. Schau mal, Tunky, ich hab ’ne Menge Hilfe von einer ausgezeichneten, wenn auch nicht besonders angesehenen Psychiatriegruppe hier in der verdammten Zone bekommen. Die Typen nennen sich Aktionswiederholungstherapiezentrum. Sind da drüben am Fünften Kanal neben diesem heruntergekommenen Schuppen. Bevor ich Aktionswiederholung gemacht habe, war ich ziemlich feindselig. Nicht wahr, Lefty?“
    „Er hat eine Menge zielloser Gewalttätigkeit von sich gegeben.“
    Ripper lachte. „Ist jetzt alles vorbei. Die Burschen von der Aktionswiederholung haben mir beigebracht, wie ich meine Triebimpulse kanalisieren kann. Alles, was ich tun mußte, war, mir irgendeinen gewalttätigen Burschen auszusuchen, an dem ich mich reorientieren konnte, klar? Hab’ ’n bißchen in den Archiven rumgeschnüffelt und bin auf diesen geheimnisvollen Typen aus dem Erdsystem gestoßen, Jack the Ripper. War wirklich sehr wirkungsvoll und hilfreich. Jetzt brauche ich nur noch ein Mädchen pro Woche zu schlitzen, und den Rest der Zeit bin ich sanft wie ein Lamm.“
    „Na ja.“
    „In den Stadtzentren gibt’s ’ne Menge von diesen verkalkten Typen, die den Wert dieser Therapie nicht einsehen können“, sagte Ripper. „Die alten Korinthenkacker meinen, das wäre zu permissiv, verstehst du? Ich sage dann immer, ihr hättet mich mal erleben sollen, bevor ich mit der Aktionswiederholung angefangen habe. Ich war doch wirklich niemand, den man hätte frei herumlaufen lassen können, nicht, Leftover?“
    „Warst ein ganz schöner Stinker“, sagte Leftover. „Ripper, Tunky möchte unbedingt Marina finden. Hast du sie irgendwo gesehen?“
    „Nein.“
    Jolson fragte: „Kennst du irgend jemanden, der mir sagen könnte, wo sie ist?“
    „Nein.“
    Die Lichter in dem gewölbten Raum wurden matter, und ein großer, kräftig wirkender Schwarzer trat mit einer sechssaitigen Gitarre auf das kahle Musikpodest. In seiner anderen Hand trug er einen Klappstuhl. Er stolperte über ein Stück gewellten Chintz und fiel auf den Boden. „Blind sein ist kein Honigschlecken“, sagte er in das Mi-kro an seinem Kehlkopf. Er kam wieder auf die Beine, klappte den verbeulten Metallstuhl auseinander und setzte sich. „Wo ist denn jetzt meine gottverdammte Gitarre schon wieder?“
    „Neben deinem rechten Fuß“, riefen einige der Jungen.
    „Aha.“ Derblinde Mann trug einen dunklen Anzug und ein gelbes Seidenhemd. Er hatte einen braunen Hut mit breiter Krempe auf dem Kopf und trug eine Drahtgestellbrille mit viereckigen Gläsern. Er lächelte, hob die Gitarre auf, und seine goldenen Fangzähne blitzten, „’n Abend! Der erste Song, den ich euch vorsingen möchte, den habe ich erst heute gemacht. Ihr wißt ja, manchmal, da sitzt man einfach so rum und hat nur vier kahle Wände und einen leeren Magen als Gesellschaft, und die Mieze hat ihre Koffer gepackt und sie durch die Hintertür vom Möbelpacker abholen lassen, und man ist mit allem unzufrieden, was man auch tun mag. Dann hat man den Blues. Ich meine, man sieht alles nur noch Von unten. Wenn man blind ist, sieht man nicht mal das.

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