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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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Blitze runter. Ich war ein bißchen versteckt und hab’ ein paar von den wilden Jungs gehört, die sich unterhielten. Wenn man in dieser runden, rollenden Welt überhaupt nichts sehen kann, dann hört man genauer zu. Ich hab’ gehört, wie sie über dich geredet haben, Mr. Tunky. Ich hab’ bei mir gedacht: ‚He, Blind John, die meinen wohl denselben Mr. Tunky, der diese Kassettenaufnahme vom Ich-schleiche-durch-die-Müllhalde-zurück-zu-dir-Dirty-Mama-Blues gemacht, der dir in deinen einsamen Stunden so viel Freude bereitet hat!“
    „Was waren das für Jungs?“
    Blind John drückte Jolsons Arm fester und berührte dann sein eigenes rechtes Ohr. „Ich kann ja nichts sehen, weil ich so blind bin, aber hören tu’ ich außergewöhnlich gut. Ich hab’ die Jungs alle schon an ihren Stimmen erkennen können. Sie heißen Little Billy, G. George und Sinc. Vor diesem Sinc mußt du dich hüten, denn das ist der größte und gemeinste von allen. Er ist der einzige, von dem ich wirklich mit Sicherheit weiß, daß er Leute umgebracht hat.“
    „Und sie haben meine Bekannte Daisy Anne erwähnt, John?“
    „Wie ich es dir auf der Bühne zugeflüstert habe. Daisy, die Gänseblume, ja. Die Jungs meinten, sie sei irgendeine Art von Spionin, und sie hätten das rausbekommen“, sagte der Bluessänger. „Als sie heute wieder in der Zone auftauchte, haben sie sie erwischt. Jetzt halten sie sie in dem kaputten Palast hinten am Ende des Fünften Kanals fest, in dem sie hausen.“
    „Wie haben sie sie mit mir in Verbindung gebracht?“
    „Na ja, sie ist doch eine Freundin von dir, nicht wahr?“
    „Das stimmt, John. Aber ich bin noch nie in der Zone gewesen, und mich interessiert doch, woher diese Burschen wissen, wen ich kenne, ohne mich zu kennen.“
    „Sie haben euch zusammen gesehen“, erwiderte Blind John. „Wenn so’n Stinker nicht gerade blind ist, dann sieht er schon, was los ist. Ein paar von ihnen haben euch wohl zusammen gesehen, bevor du hierhergekommen bist. In einer von diesen Städten der reichen Leute.“
    „Na, das mag wohl möglich sein.“ Ihre Gondel fuhr jetzt den Hauptkanal entlang und bewegte sich still durch den dichten Nebel.
    „Bist du auch so was wie ein Spion, Mr. Tunky?“
    „Nein, John.“ Jolson legte seine gewölbte Hand auf die Brust. „Komischerweise habe ich ein bißchen das Gefühl, daß du einer bist. Ich bin noch nie einem echten Blinden begegnet, der so blind war wie du, Bronzini.“
    „Was ist denn das für ein Stinkname, mit dem du mich da anredest, Mr. Tunky?“ Blind John legte beide Hände auf die Gläser seiner dunklen Brille. „Ich kann beweisen, daß ich blind bin. Schau nur mal her, Mr. Tunky!“
    Jolson blickte den Blinden an, und plötzlich wurde er hart von hinten auf den Kopf geschlagen. Während er stürzte, erblickte er noch den bärtigen Gondoliere. Jolson wurde noch einige Male geschlagen, dann verlor er das Bewußtsein.
    Als er erwachte, fiel er gerade durch die grauen Nebelfetzen. Um seine Füße war irgend etwas Schweres, Quadratisches gebunden worden, seine Arme waren ihm auf den Rücken gebogen und mit Draht gefesselt worden. Er war geknebelt und konnte den Mund nicht öffnen.
    Als er aufschlug, klatschte das ölige Wasser des Kanals hoch, und Salatblätter und Grout -Eingeweide und Teile einer toten Ratte und ein Büschel blutiger Federn und verblaßter Konfetti und leere Saftblasen und ein tönerner Stützstrumpf schwappten empor. Jolson fiel direkt hinab. Bevor er versank, gelang es ihm noch, kurz durch die Nase einzuatmen. Die eisige Kälte des Kanalwassers jagte einen stechenden Schmerz durch seine Schädelknochen, und der Nebel und das Wasser schienen sich zu verbinden und sich um ihn herum zusammenzuziehen.
    Jolson setzte nun eilig seine vom Chamäleonkorps antrainierten Fähigkeiten ein. Er verlängerte sein linkes Handgelenk und machte es dünner und zog es schließlich aus den engen Drahtschlaufen. Bronzini arbeitet immer noch schlampig, dachte er.
    Er klappte seinen Körper zusammen und ergriff seine Fußknöchel. Er verlängerte seine Füße und zog seine Arbeitsschuhe aus. Dann schlüpfte er aus dem Draht, der an einem großen Verstärker festgebunden zu sein schien. Während Jolson seine Verknebelung entfernte, peitschte ihm ein grüner Aal über das Gesicht. Er strampelte mit den Beinen und schwamm auf einen Punkt zu, von dem er annahm, daß sich dort das Kanalufer befand.
    Einige Yards bevor er die glitschigen Steine erreicht hatte, hatte

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