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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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Wenn man blind ist, dann kann man in der Gosse liegen und merkt es nicht mal.“
    „He, Blind John!“ rief Ripper.
    „Wer ist denn das? Ist das dieser verrückte Hundesohn Jack the Ripper?“
    „He, Blind John, heute abend hast du Gesellschaft. Es ist ein Sängerkollege hier.“
    „Ein Schwarzer?“
    „Nein, kein Bimbo, aber er wird dir trotzdem gefallen. Tunky Nesper.
    Fünfzig junge Gäste schauten erstaunt herum, und ein Dutzend weitere wiederholten den Namen.
    „Tja, sieht so aus, als ob der Herr Seinen Leuchtturm auf mich hinableuchten ließe“, sagte Blind John Dove. „Kann das Licht natürlich nicht sehen, aber ich kann mich in seinem Schein wärmen. Hm, ja.“ Er stampfte zweimal mit einem zweifarbigen Schuh auf den Holzboden, und die Lichter gingen aus, und er wurde von einem milchigen Spotlight erfaßt. Er begann mit einem langsamen Blues Song. Die letzten Verse lauteten: „Hatte das Gefühl, daß irgendjemand in meinem Blumenbeet herumgegraben hat. Yeah, daß jemand in meinem Blumenbeet herumgegraben hat. Meine Gänseblümchen rausgerupft und kaputt beiseite geworfen hat. Hau’ besser mit allem ab, was ich noch habe. Yeah, ich hau’ mit allem ab, was ich noch habe. Werd’ mich beeilen, damit ich bald meine Gänseblümchen zurückbekomme.“
    „Mächtig nett.“ Der Song war zu Ende, und Jolson stand im Dunkeln auf und packte seine Gitarre. Auf Befehl des Amts für Politische Spionage war Daisy Anne Currier also wieder in die Kanalzone gekommen, nachdem sie das Hotel verlassen hatten. „Sag mal, Blind John, wie wär’s mit einem Schwätzchen?“ rief er in die Dunkelheit hinein. „Würd’ mich gern mit dir unterhalten.“
    „Hm, ja, ich auch“, sagte der Blinde. „Komm hoch, dann können wir unsere Köpfe ein bißchen zusammenstecken.“
    Jolson schritt langsam durch das dunkle Gewölbe.

 
18
     
    Blind John Dove trat in den Kanal. „Ist ein ganz schöner Scheiß, blind zu sein“, sagte er, als Jolson ihn wieder aus dem schlammigen, knietiefen Wasser zog. „Hab’ mal ein Lied darübergemacht. Den Ganz-schöner-Scheiß-blind-zu-sein-Blues. Wo ist meine Gitarre hin?“
    „Das verdammte Ding ist dir vom Rücken gerutscht und treibt gerade den Kanal entlang.“
    „Laß sie treiben, das verdammte Miststück von einer Gitarre.“ Blind John Dove fuchtelte mit seinen großen Händen in der nebligen Nachtluft herum. „Wo ist denn diese Gondel, die wir gerufen haben?“
    „Hier vorne, Mr. Dove“, sagte der schnurrbärtige Gondoliere, der im hinteren Teil eines heruntergekommenen Boots stand. „Ich werde weiterreden, dann können Sie sich daran orientieren, bis Sie an Bord sind.“
    „Ich glaube, ich falle lieber wieder ins Wasser, ehe ich dir zuhören muß“, sagte Blind John. „Mr. Tunky, hilf mir an Bord dieser gottverdammten Gondel.“
    Sie befanden sich an einem Seitenkanal hinter Mutter Blaudrossels Etablissement. Ein dichter Nebel verwischte die Rokokogebäude und ihre fleckigen gelben und rosa Stuckmauern. „Warum sagst du mir nicht jetzt die anderen Einzelheiten, die du mir auf dem Podest versprochen hast, John. Ist doch nicht nötig, daß du diese Reise auch selbst unternimmst.“
    „Ich laß dich nicht allein gehen, Mr. Tunky.“ Blind John kletterte in die Gondel und setzte sich. „Bist du da, Mr. Tunky?“
    „Direkt neben dir, John.“
    „Wo darf ich Sie hinbringen, Mr. Dove?“ fragte der Gondelmann hinter ihnen.
    „Zur Kreuzung des Hauptkanals mit dem Fünften Kanal.“
    „Mit Vergnügen.“
    Der elektrische Motor surrte los, und die Gondel entfernte sich von den schwarzen Steindocks und bewegte sich auf den breiten nächtlichen Kanal hinaus.
    Jolson fragte den Schwarzen: „Bist du sicher, daß diese Freundin von mir Probleme hat?“
    „Ich erfahre so ziemlich alles, was in der Zone passiert, Mr. Tunky“, sagte Blind John. „Deshalb wollte ich auch mit dir reden. Bei Mutter Blaudrossel mußte ich vorsichtig sein, aber ich dachte mir, daß du mein Lied verstehen würdest. Du und ich, Mr. Tunky, wir beide haben vieles gemeinsam. Ich meine damit nicht, daß du auch die Last des Blindseins oder des Schwarzseins tragen müßtest oder sonst irgendwelche Krankheiten. Aber du bist und bleibst doch eben auch einer, der wie ich durch die Gegend zieht. Wir sollten einander helfen.“ Er griff in der Luft herum, bis er Jolsons Arm gefunden hatte. „Heute morgen in der Frühe war ich hinter der Haupttheke von Mutter Blaudrossel und zischte gerade ein paar weiße

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