Das Dach kommt spaeter
gewissen Humor konnte man dem Männchen nicht absprechen.
»Ich würde Ihnen raten, jetzt zu unterschreiben. So schnell verirrt sich kein Telekom-Mitarbeiter mehr in diese gottverlassene Gegend.«
Gottverlassene Gegend? Anscheinend hatte ihm niemand gesagt, dass er sich im Beverly Hills von Neukölln befand.
»Also gut, Sie scheinen eine ehrliche Haut zu sein. Sagen Sie mir in zwei Sätzen, was da drinsteht, und ich unterschreibe.«
»Sie bestätigen mit Ihrem Otto zunächst einmal, dass Sie von mir einen Analoganschluss erhalten haben.«
»Einen Analoganschluss? Ich habe ISDN für mehrere Anschlüsse, eine hyperschnelle Internetleitung mit VDSL und WLAN bestellt, das ganze Programm.«
Leicht irritiert blätterte er durch seinen Stapel. »Hier steht schwarz auf weiß, dass Sie einen Analoganschluss geordert haben.«
»Nein, habe ich nicht. Schon deshalb nicht, weil ich ein ISDN-Telefon habe. Das kann ich bei einem Analoganschluss doch gar nicht nutzen.«
Er kratzte sich hinter dem Ohr.
»Tja, keine Ahnung. Ich hab den Auftrag ja nicht entgegengenommen. Heißt das jetzt, Sie wollen nicht unterschreiben?«
»Natürlich unterschreibe ich nicht. Ich habe ISDN bestellt, und ich will auch ISDN kriegen.«
»Also gut. Dann bestätigen Sie mir bitte wenigstens auf den fünfhunderteins anderen Zetteln den Erhalt der fünfhunderteins Router.«
»Bitte?«
Ich blickte mich unauffällig um. War der »Verstehen Sie Spaß?«-Moderator Guido Cantz in der Nähe?
»In meinen Unterlagen steht, dass Sie fünfhunderteins Router bestellt haben.«
»Sehe ich aus wie jemand, der fünfhunderteins Router braucht? Gibt es überhaupt irgend jemanden, der fünfhunderteins Router braucht? Ich habe einen
Speedport fünfhunderteins
geordert. Das ist ein kleiner Unterschied, finden Sie nicht?«
Mein Gegenüber blieb ungerührt. »Das heißt, ich soll die Palette mit den fünfhunderteins Geräten nicht ausladen?«
»So ist es.«
»Wie Sie wollen. Dann müssen Sie nur noch bestätigen, dass ich hier war. Unterschrift bitte unten rechts.« Der Telekomiker war nicht aus der Ruhe zu bringen. Anscheinend gehörten Fehlleistungen der Kollegen in der Bestellannahme zu seinem Berufsalltag. Ich beneidete ihn nicht. Wortlos hielt er mir seinen magentafarbenen Plastik-Kuli unter die Nase, und konfliktscheu, wie ich manchmal bin, unterschrieb ich sogar. Und kochte innerlich. Mag sein, dass ich zu viele Actionfilme sehe, aber in dem Moment, wo der Wicht wieder in sein Telekom-Shuttle kletterte und die Flucht ergriff, wünschte ich mich mit einer Panzerfaust bewaffnet, um den Opel aufs Korn zu nehmen und ihn –
schwoffffff
– in einem Riesenfeuerball zu versenken.
Leider hatte er seinen Verein richtig eingeschätzt. Es dauerte mehr als vier Wochen, bis sich das nächste Mal jemand blicken ließ. Wenigstens hatte der einen ISDN-Anschluss im Gepäck. Meinen Speedport musste ich mir jedoch am Ende anderweitig besorgen, denn die Telekom war offenbar nur willens, Router in Stückzahlen ab fünfhundert aufwärts zu liefern.
Gleichsam traumatisierend war die Begegnung mit dem von Kosewitz so geschmähten Klempnerduo Pahl & Pohl. Vergebens versuchte mein Bauleiter, diese im letzten Momentnoch abzubiegen. »Holn Se lieba Polen, die sind doppelt so schnell, halb so teuer und haben dreimal so viel Ahnung.«
Ausnahmsweise hätte es sich gelohnt, auf ihn zu hören.
Schon der Anblick der beiden ziegenbärtigen und arbeitsunlustigen Gestalten erfüllte mich mit tiefer Abneigung. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, kamen sie mir im Tempo einer zwanzig Schneckenhäuser schleppenden Schnecke entgegengeschlurft.
» W i r … s o l l e n …« Pause. » H e u t e … d i e … … W a s s e r l e i t u n g e n …« Pause. »… l e g e n .« Sie sprachen halb so schnell wie ich bei meiner Zeitlupenrede im Büro von Feuchtleben.
Ich versuchte, diese Zeitverschwendung mit einer rasanten Antwort zu kompensieren. »Alles klar. Mein Bauleiter sagte, Sie haben die Materialien schon abgeladen?«
»Korrekt. Aber wir wissen nicht mehr, wohin.«
Es endete damit, dass alle Mann, sogar Gerd und Kosewitz, über das Gelände trabten und die verschwundenen Sanitärgerätschaften suchten. Nur Pahl & Pohl standen wie zwei Fragezeichen in der Landschaft herum, hatten jeweils eine Hand aus der Hosentasche gezogen und rauchten, mit verschlafenem Blick des Ergebnisses der Suchaktion harrend, eine Zigarette nach der anderen. Fündig wurde nach ausdauernder Jagd Kosewitz,
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