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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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entgehen lassen. Und wenn ich du wäre«, fügte er mit einem angedeuteten Lächeln hinzu, »dann
würde ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, zur
Abwechslung ihnen eine Falle zu stellen. Ich nehme doch an, sie
werden nicht schlecht erstaunt sein, wenn sie mit einer Handvoll
Wachen rechnen und auf ein komplettes Heer stoßen.«
Andrej schwieg, aber er musste widerwillig eingestehen, dass
Abu Duns Worte eine Menge für sich hatten. Und auch Thure
dachte einen Moment angestrengt nach, schüttelte dann aber den
Kopf.
»Nein. Das würde uns einen ganzen Tag kosten, vielleicht
mehr. Und wir hätten Verluste, die wir uns nicht leisten könnten.«
»Und die vielleicht noch weit höher wären, wenn uns die
Piraten in den Rücken fallen«, gab Abu Dun zu bedenken.
Thure schüttelte noch einmal den Kopf, ungeduldig dieses
Mal. »Sie wagen es nicht, uns zu folgen«, sagte er überzeugt.
»An Land sind sie uns unterlegen, und das wissen Sie.«
»Aber –«, begann Abu Dun, doch Thure unterbrach ihn, laut
und verärgert. »Wir sind nicht hergekommen, um Krieg gegen
Piraten zu führen. Aber in einer Sache hast du recht.« Er machte
keine Anstalten, zu erklären, in welcher, sondern winkte den
erstbesten Krieger herbei, auf den sein Blick fiel. »Lauf zu den
Schiffen zurück. Sie sollen in See stechen und Segel setzen. Sag
ihnen, dass sie zwei Tage vor der Küste kreuzen und uns am
Morgen des dritten wieder hier abholen sollen.«
Der Mann sah nicht besonders glücklich über diesen Befehl
aus, und er setzte tatsächlich dazu an, Thure zu widersprechen,
besann sich aber eines Besseren, als ihn ein zorniger Blick aus
den Augen des riesigen Nordmannes traf und drehte sich wortlos
herum, um davonzueilen. Abu Dun starrte Thure mit offenem
Mund an, und auch Andrej war im allerersten Moment so
fassungslos, dass er nicht wusste, was er sagen sollte.
»Drei Tage?«, murmelte Abu Dun schließlich. »Und du bist
sicher, dass wir bis dahin wieder zurück sind?«
»Wenn nicht«, sagte Thure grimmig, »dann sind wir alle tot.«
Er wartete sichtlich auf eine Antwort, zuckte dann nur mit den
Achseln und bildete schließlich mit den Händen einen Trichter
vor dem Mund, um mit weit tragender Stimme zu rufen:
» Abmarsch! «
»Wer hat diesen Dummkopf eigentlich zum Befehlshaber einer
ganzen Armee gemacht?«, fragte Abu Dun kopfschüttelnd; wenn
auch erst, nachdem Thure davongeeilt und sicher außer Hörweite war.
»Ich glaube, das war er selbst«, murmelte Andrej. An ihm
nagte der Zweifel schon seit Längerem und ohne, dass er es
bisher so recht zur Kenntnis genommen hatte. »Ist dir eigentlich
klar, was er gerade getan hat?«
»Eine einmalige Chance vertan, diesen Piraten endgültig den
Garaus zu machen?«, fragte Abu Dun.
Andrej nickte und schüttelte dann den Kopf. »Das möglicherweise auch. Aber er hat uns auch jede Möglichkeit genommen,
noch umzukehren.«
    Sie waren seit zwei Stunden unterwegs, und von den Bergen war
noch immer nichts zu sehen. Es war nicht wärmer, aber immerhin auch nicht kälter geworden, und vor einer Weile hatte es
leicht zu schneien begonnen, kurz darauf aber auch schon
wieder aufgehört. Der Himmel war so wolkenlos geblieben wie
während der Nacht, aber der Tag war trotzdem nicht klar. Ein
leichter Dunst lag über dem Land, der nicht nur die Sicht trübte,
sondern auch die Geräusche der langen Heereskolonne dämpfte
und jegliches Echo verschluckte.
    Andrej lief am Ende der Kolonne, wo er sich mit Abu Dun
abwechselte, der im Moment ganz vorne bei Thure marschierte,
zusammen mit dessen Unterführern, denen er das Kommando
über die verschiedenen Teile seiner kleinen Armee übertragen
hatte. Andrej hatte sich weder die Mühe gemacht, sich ihre
Gesichter einzuprägen, noch ihre Namen, und schon gar nicht
die Aufgaben, die Thure ihnen im Einzelnen zugewiesen hatte.
Er glaubte nicht, dass es nötig sein würde. Was immer sie hier
erwartete, es würde ganz bestimmt keine offene Feldschlacht
sein, die nach wie auch immer gearteten Regeln verlief. Er
fragte sich mehr und mehr, in welche Katastrophe Thure die
Männer wohl führen würde … und wie Abu Dun und er jemals
so dumm hatten sein können, ihm in dieses haarsträubende
Abenteuer zu folgen. Urd hatte vollkommen recht gehabt:
Thures Körperkraft und Stolz übertrafen eindeutig seine
Klugheit. Für ein Leben als Schmied und Raufbold mochte das
ausreichen, aber ihm ein Heer anzuvertrauen konnte nur in
einem

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