Das Daemonenschiff
der nicht der Eure ist.«
»Wie nobel«, spöttelte Abu Dun. »Warum sagt uns das dein
Herr nicht selbst? Oder kann er vielleicht außerhalb dieses
Waldes auch nicht existieren?«
Die Valkyrie ignorierte ihn weiter und bedeutete ihm mit einer
Geste, abzusteigen, und Andrej und einen Moment später auch
Abu Dun gehorchten. Das Pony des Nubiers stieß ein erleichtertes Schnauben aus und reckte sich so ausgiebig, dass man seine
Gelenke knacken hörte.
»Mein Herr möchte, dass Ihr das hier zum Zeichen seines
Dankes annehmt«, sagte die Valkyrie, während sie ihm das
Bündel reichte. Es war sehr schwer, und Andrej schlug das Tuch
mit klopfendem Herzen und wachsendem Unglauben zurück.
Darunter kam ein armlanges Schwert mit breiter Klinge und
einem reich verzierten Griff zum Vorschein, das in einer alten
und ebenso reich verzierten ledernen Scheide steckte. Abu Dun
riss ungläubig die Augen auf, und auch Andrej starrte die
Valkyrie einen Herzschlag lang fassungslos an. Das bronzene
Halbvisier verbarg die obere Hälfte ihres Gesichtes, aber er war
fast sicher, ein Lächeln auf ihren Lippen zu erkennen.
»Das ist … Gunjir!«, murmelte er ungläubig. »Aber das ist –«
»Mein Herr lässt Euch ausrichten, wie leid es ihm tut, dass
Eure eigene Waffe beim Kampf gegen Loki zerbrochen ist, denn
er weiß, wie kostbar sie war, und wie viel sie Euch bedeutet hat.
Er hofft, dass dieses Schwert Euren Verlust wenigstens zum Teil
wiedergutmacht.«
Andrej blinzelte verwirrt, sah die Waffe einige Augenblicke
lang mit unverändertem Unglauben an und wollte sie dann aus
ihrer Umhüllung ziehen, doch die Valkyrie legte rasch die
Finger auf seine Hand und schüttelte den Kopf. »Und er lässt
Euch sagen, dass Ihr dieses Schwert niemals ziehen dürft, wenn
Ihr nicht bereit seid, es zu füttern. Bewahrt es auf, bis Ihr es
wirklich braucht. Es gibt nur sehr wenige Dinge in Eurer Welt,
die Loki töten können, doch Gunjir gehört dazu.«
»Loki?«, wiederholte Abu Dun. Er wirkte mit einem Mal sehr
alarmiert. »Aber wieso Loki? Er ist doch tot?«
Die Valkyrie deutete eine Bewegung an, vielleicht ein Achselzucken. »Das ist es, was ich Euch sagen soll«, antwortete sie.
»Das und seine Warnung, nicht wieder hierher zu kommen.«
»Weil er uns ja so unendlich dankbar ist?«, fragte Abu Dun.
»Weil Ihr noch nicht reif für diesen Ort seid«, antwortete die
Valkyrie, und jetzt hatte Andrej das sichere Gefühl, dass sie das mein Herr lässt Euch ausrichten nicht zufällig weggelassen
hatte. Doch sie gab ihm keine Gelegenheit, eine entsprechende
Frage zu stellen, sondern nahm zuerst ihm und dann Abu Dun
die Zügel aus der Hand und wandte sich um. Ihr eigenes Pony
folgte ihr unaufgefordert, und Andrej sah ihr nachdenklich
hinterher, bis sie zusammen mit den drei Tieren zwischen den
eisgrauen Schatten des gefrorenen Waldes verschwunden war.
Und auch noch eine geraume Weile länger. So lange, bis Abu
Dun ihm einen (wie er vermutlich meinte) freundschaftlichen
Rippenstoß verpasste und seine Grimasse mit einem ebenso
breiten wie anzüglichen Grinsen quittierte. »Ich gebe ja gerne
zu, dass sie süß ist«, feixte er, »aber wenn du ihr noch lange
hinterher starrst, dann werden dir die Augen aus dem Kopf
fallen, und wenn Urd mich dann fragen sollte, wie das kommt,
dann würde ich in arge Bedrängnis geraten. Ich meine: Du bist
mein Freund, und ich möchte dich ungern kompromittieren, aber
ich kann sie doch auch schlecht belügen, oder?«
»Wohl kaum«, antwortete Andrej. »Damit wäre mir auch nicht
gedient. Wenn überhaupt, dann solltest du dir schon Mühe
geben, sie gut zu belügen.«
»So wie du mich?«
Andrej sah ihn fragend an.
»Du hast behauptet, du hättest ihm dieses Ding da ins Herz gestoßen.« Abu Dun deutete auf Gunjir, und etwas erschien in seinen
Augen, das Andrej dazu bewog, das magische Schwert (Ihr dürft es
niemals ziehen, wenn Ihr nicht bereit seid, es auch zu füttern) wieder
einzuwickeln und unter seinem Mantel zu verbergen. Abu Dun hatte
keine guten Erinnerungen an diese Waffe, und einen Moment lang
fragte er sich ganz ernsthaft, ob er die verzauberte Klinge überhaupt
behalten sollte. »Das habe ich auch«, sagte er.
»Und wieso lebt er dann noch?«, wollte Abu Dun wissen.
»Das weiß ich nicht«, gestand Andrej. Er war verwirrt und
weit erschrockener, als er sich eingestehen wollte. Er hatte Loki
das Schwert ins Herz gestoßen, und er hatte gespürt, wie die
magische Klinge
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