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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erst einmal ein paar
Stunden her war, dass Odin versucht hatte, Abu Dun und ihn zu
töten, spürte er, dass er die Wahrheit sprach. Von dem einäugigen Gott ging keine Bedrohung aus. Und er hatte sich verändert,
das sah Andrej deutlich, während er mit langsamen Schritten
(und schon aus reiner Gewohnheit jederzeit auf einen überraschenden Angriff gefasst) auf ihn zuging. Er sah älter aus und
erschöpft. Alle Kraft schien aus ihm gewichen zu sein, und sein
einzelnes sehendes Auge betrachtete Andrej auf eine Art, die
ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Allerdings nur einen Moment lang, dann stützte er sich mit beiden
Händen auf den verzierten Armlehnen seines monströsen
Thrones ab, um sich mit einer unendlich müden Bewegung
aufzurichten, und lenkte seinen Blick auf einen Punkt hinter
Andrej. Im ersten Moment glaubte er, Odin sähe Abu Dun an,
doch die nächsten Worte des Einäugigen belehrten ihn eines
Besseren.
»Loki. Es ist lange her.«
Loki? Andrej sah verwirrt zu Thure zurück. Der riesige Nordmann war ebenfalls näher gekommen, und auch er hatte seine
Waffe gezogen und hielt die gewaltige Streitaxt nun in, beiden
Händen. »Zu lange. Aber ich habe dir ja gesagt, dass wir uns
wiedersehen.«
Odin seufzte leise, nahm mit einer bedächtigen Bewegung den
schweren Helm ab und reichte ihn der Valkyrie zu seiner
Linken, die ihn ehrfurchtsvoll auf dem Boden ablegte. Andrej
sah seinen Eindruck bestätigt: Odin war älter geworden. Aus
dem so sonderbar zeitlos wirkenden Antlitz, an das Andrej sich
erinnerte, war das Gesicht eines uralten, müden Mannes
geworden. Andrej konnte spüren, dass er Schmerzen litt, sowohl
körperlich als auch seelisch. Er fragte sich, was geschehen war.
»Dann bring es zu Ende, Loki«, sagte Odin. Seine Hand,
schmal und ausgemergelt und fleckig wie die eines uralten
Mannes, sank auf den Griff des gewaltigen Schwertes, das er an
der Seite trug, doch es war nur noch eine bloße Geste. Er hatte
nicht einmal mehr die Kraft, die Waffe zu ziehen.
»Was ist mit ihm passiert?«, fragte Andrej an Thure gewandt,
ohne die beiden Valkyries neben Odin aus den Augen zu lassen.
Er hatte erlebt, wie unglaublich schnell diese Frauen waren. Und
wie gefährlich.
»Sleipnir«, sagte Thure. Obwohl sein Gesicht unbewegt blieb
und auch seine Stimme plötzlich so kalt und hart wie das Eis
klang, über das sie tagelang marschiert waren, war plötzlich
etwas Verächtliches darin zu hören, und ein unendlich böser
Triumph. »Ihr habt diese Bestie getötet – und ihn damit auch.
Jedenfalls fast. Ihr müsst ihn nicht mehr fürchten.« Er lachte
ganz leise und fuhr, nun direkt an Odin gewandt, fort. »Du
hättest auf mich hören sollen, Odin. Ich habe dir so oft gesagt,
dass du dich nicht zu sehr mit ihr verbinden sollst.«
Er machte einen einzelnen Schritt, und die beiden Valkyries
traten blitzartig vor und stellten sich schützend vor ihren Herrn.
»Nein!«, sagte Odin rasch, und die beiden Frauen wichen auf
dieselbe Weise wieder zurück, anmutig und gefährlich zugleich.
Der einäugige Gott schüttelte den Kopf, und seine Hand zog
Gunjir nun doch aus seiner verzierten Scheide, doch auch in
dieser Bewegung war nichts Bedrohliches. Andrej sah, wie
schwer es ihm fiel, die Klinge zu ziehen und dann über seine
Knie zu legen. »Ich bitte dich, verschone sie. Sie waren die
letzten ihrer Art, und jetzt sind nur noch diese beiden übrig. Es
ist nicht nötig, dass sie auch sterben.«
Andrej verstand immer weniger, was hier eigentlich geschah,
und ein rascher Blick in Abu Duns Gesicht zeigte ihm, dass es
dem Nubier ganz genauso erging. Thure jedoch schüttelte nur
den Kopf und seine Stimme wurde noch verächtlicher. »Dann
sieht es so aus, als wäre ihre Zeit jetzt endgültig abgelaufen, so
wie die deine.« Er deutete mit seiner Axt auf Odin. »Tötet ihn!«,
befahl er, und plötzlich war etwas Neues in seiner Stimme,
etwas Andrej Unbekanntes und Grässliches, das aber auch so
zwingend war, dass er ihm einfach gehorchen musste. Beinahe
entsetzt über sein eigenes Tun sah er mit an, wie er das Schwert
hochriss und losstürmte und auch Abu Dun seine gewaltige
Waffe hob – - und Thure die zwei Meter lange Klinge bis ans
Heft in den Rücken stieß!
Der Bann erlosch im gleichen Sekundenbruchteil, in dem der
vermeintliche Nordmann mit einem erstickten Würgen auf die
Knie fiel. Die Axt entglitt seinen plötzlich kraftlosen Fingern
und polterte zu Boden, und ein Schwall aus hellrotem, schaumigem Blut

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