Das Daemonenschiff
wäre.
Die ohnehin nur halblaut geführten Gespräche am Tisch
verstummten, als Andrej eintrat, und er fand sich wieder einmal
in der unangenehmen Situation, von allen angestarrt zu werden.
Andrej verzog keine Miene, sondern ging mit schnellen Schritten zum Tisch, fixierte Thure mit Blicken und sagte ruhig:
»Raus. Alle!«
Björn zog überrascht die Augenbrauen hoch, während Thure
aussah, als hätte er diese Worte erwartet.
Eine leise Unruhe erhob sich am Tisch, aber Thure brachte sie
mit einer raschen befehlenden Geste zum Schweigen. »Tut, was
der Mann sagt. Bitte, lasst uns einen Moment allein.«
Nach und nach und noch immer mit einem unwilligen Murren,
gehorchten die Männer und gingen. Andrej wartete, bis er
spürte, dass Thure, sein Bruder, Abu Dun und er auch wirklich
allein waren. Dann warf er Abu Dun einen fragenden Blick zu,
den dieser mit einem unmerklichen Kopfschütteln beantwortete.
Er wandte sich direkt an Thure.
»Ich will jetzt alles wissen.«
»Alles? Ich verstehe nicht ganz, was –«
»Du kannst weiter den Dummkopf spielen, Thure«, unterbrach
ihn Andrej eisig, »und darauf hoffen, dass wir ebensolche sind
und dir glauben, und Abu Dun und ich reisen mit dem ersten
Schiff ab, das diese Insel verlässt. Oder du erzählst uns alles,
was du über diese Insel, das Nagelfahr und diese verfluchten
Dauger weißt, und Abu Dun und ich überlegen, ob wir euch
helfen. Es ist deine Entscheidung.«
Thure versuchte es noch einmal. »Aber ich –«
»Jetzt. Auf der Stelle.«
Thure starrte ihn lange an und Andrej konnte sehen, wie sein
innerer Widerstand zerbrach. »Wahrscheinlich hast du recht. Ich
kann nicht von dir und deinem Freund erwarten, dass ihr eure
Leben für uns riskiert, wenn ich nicht ehrlich zu euch bin.«
»Erwarten kannst du es schon«, sagte Abu Dun in nachdenklichem Ton. »Aber wir würden es nicht tun.«
»Abu Dun!«, sagte Andrej streng.
Abu Dun duckte sich ängstlich. »Schon gut Sahib. Bitte den
armen Mohren nicht wieder schlagen.«
Andrej beachtete ihn nicht. Er zog sich einen Stuhl heran und
setzte sich so an den Tisch, dass er Thure und seinen Bruder
gleichzeitig im Auge behalten konnte.
»Du hast recht, Andrej«, sagte Thure. »Es ist meine Schuld,
ich wollte die Wahrheit nicht sehen. Ich habe genau das getan,
was ich meinen Brüdern zeit ihres Lebens vorgeworfen habe,
und die Augen vor ihr verschlossen. Manchmal hilft es. Aber
diesmal nicht. Ich bin schuld an allem, was geschehen ist.«
»Was redest du für einen Unsinn?«, murmelte Björn. »Du –«
Diesmal war es Andrej, der ihn mit einer Geste zum Schweigen brachte. »Lass ihn, Björn. Ich fürchte, dein Bruder sagt die
Wahrheit.« Er nickte Thure aufmunternd zu. »Also? Was hat es
mit dieser Insel auf sich? Und mit deinem Streit mit Odin?«
Björn riss entsetzt die Augen auf. »Odin? Aber was –«
»Er hat recht, Björn«, unterbrach ihn Thure. »An all dem
Unglück, das über uns gekommnen ist, trage ich die Schuld.« Er
wandte sich wieder an Andrej. »Urd hat dir erzählt, dass ich auf
der Insel war?«
Andrej nickte, und Björn mischte sich abermals ein. »Andere
waren auch dort, vor dir und nach dir, und –«
»Aber niemand außer mir«, fiel ihm Thure ins Wort, »kennt
den Weg nach Asgard.«
Björn starrte ihn an. Andrej wusste im ersten Moment nichts
mit dem Wort anzufangen – und Abu Dun allem Anschein nach
genauso wenig – aber auf Björns Gesicht stand blankes Entsetzen. »Das … ist nicht wahr«, krächzte er. »Kein Sterblicher
kann den Boden Asgards betreten!«
Thure sah ihn traurig an. »Es war der schlimmste Sturm, den
ich jemals erlebt habe«, begann er, und während er sprach, sank
seine Stimme endgültig zu einem Flüstern herab, so ausdruckslos und grau wie sein Gesicht. Er litt. Schon die Erinnerung an
das, worüber er nun berichten musste, war mehr, als er ertragen
konnte. »Der schlimmste Sturm, von dem ich je gehört habe.
Schlimmer als irgendein Mensch und irgendein Schiff ihn
jemals überstehen kann.«
»Aber ihr habt ihn überstanden«, wandte Abu Dun ein.
»Wir hatten Glück.« Thure gab einen Laut von sich, der wie
ein Lachen klang. »Wenn man es Glück nennen will. Der Sturm
tobte tagelang. Die meisten Männer waren tot, der Mast gebrochen, das Segel zerfetzt. Über uns standen Sterne, wie keiner
von uns sie jemals gesehen hat, und die Wellen waren höher als
die Gipfel unserer Insel. Wir waren sicher, alle zu sterben. Die
wenigen, die noch lebten,
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