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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bereiteten sich darauf vor, nach
Walhalla zu gehen. Aber wir sind nicht gestorben. Der Sturm
warf uns gegen die Küsten eines fremden Landes.«
»Asgard«, vermutete Abu Dun.
»Asgard, Isengard.« Thure hob müde die Schultern. »Wer
kennt den Unterschied? Es war ein Land, wie es keiner von uns
je zuvor zu Gesicht bekommen hat. Ein Land, das es niemals
geben kann, nicht auf dieser Welt. Ein Land aus Feuer und Eis,
mit Bergen aus Eisen und Quellen, die so heiß sind, dass man
sich verbrennt, wenn man versucht, daraus zu trinken.«
Björn lauschte weiter fasziniert, aber Andrej tauschte einen
schnellen, überraschten Blick mit Abu Dun. Thure irrte sich,
wenn er glaubte, dass es ein Land wie das von ihm beschriebene
nicht geben konnte. Abu Dun und er waren dort gewesen. Es
war noch nicht einmal lange her.
»Wir waren noch zu viert, als der Sturm sich endlich legte«,
fuhr Thure fort. »Ich war noch jung damals. Kaum mehr als ein
Kind. Ich hatte große Angst, und ich wollte nur nach Hause.
Aber unser Skalde ließ das Schiff reparieren, so gut wir es
vermochten, doch als es fertig war, da segelten wir nicht los. Er
gab Befehl, die Insel zu erkunden. Die Männer hatten Angst und
weigerten sich, aber am Ende haben sie seinem Befehl doch
gehorcht. Wir begannen, die Insel zu erforschen.« Er atmete tief
ein, und sein Blick leerte sich. »Und dann standen wir vor den
Toren von Walhalla.«
Björn gab einen Laut des Entsetzens von sich, der in seiner
Plötzlichkeit beinahe komisch klang. »Du lästerst die Götter!«,
keuchte er. Thure sah ihn verächtlich an, und Björn fuhr mit
schriller Stimme fort: »Und woher willst du das wissen? Keiner
weiß, wie die Tore von Walhalla aussehen!«
»Wenn du davorstehst, weißt du es«, sagte Thure leise. »Es
war Walhalla. Jeder von uns wusste es.«
»Und dann?«, fragte Andrej, als Thure nicht weitersprach,
sondern ohne zu Blinzeln ziellos ins Leere starrte.
»Wie sieht es dort drinnen aus?«, wollte Abu Dun wissen.
Thure lachte bitter. »Keiner von uns hatte den Mut, einzutreten. Wir sind geflohen, aber es war zu spät. Die Hüter Walhallas
hatten uns schon bemerkt. Einer der Männer starb, bevor wir
zurück an der Küste waren, mit dem Rest stachen wir in See.
Aber wir waren zu wenige, und das Schiff zu langsam, und das
Nagelfahr hat uns eingeholt. Alle bis auf mich wurden getötet.«
Seine Stimme versagte endgültig, und er ballte die Hände so fest
zu Fäusten, dass seine Gelenke knackten, als würden trockene,
dünne Äste zerbrechen. Der Anblick schnürte Andrej die Kehle
zusammen. Er hatte kein Mitleid mit Thure, aber das Bild eines
so großen und starken Mannes, der bei einer bloßen Erinnerung zusammenzubrechen drohte, jagte ihm einen eisigen Schauer
über den Rücken. Thure hatte ihnen längst nicht alles erzählt,
das war ihm klar.
»Und wieso hat es dich nicht geholt?«, wollte Abu Dun wissen.
»Ich weiß es nicht«, sagte Thure. »Der Sturm warf das Schiff
an die Küste der verbotenen Insel, nicht weit von der Stelle
entfernt, an der auch ihr mit der Fenrir gestrandet seid. Ich blieb
endlose Tage dort, und irgendwann kam ein Schiff, das mich
gefunden und hierher gebracht hat. Mehr weiß ich nicht. Ich
weiß nicht, warum ich verschont wurde. Vielleicht haben sie
mich übersehen. Vielleicht dachten sie, alle an Bord des Schiffes
wären tot. Vielleicht treiben die Götter auch nur ein grausames
Spiel mit mir.« Plötzlich und warnungslos schlug er mit den
Fäusten so fest auf den Tisch, dass die Becher und Krüge darauf
tanzten und ihren Inhalt verspritzten. »Aber wenn sie ein
grausames Spiel mit jemandem treiben wollen, dann sollen sie
es mit mir tun! Ich war in Asgard! Ich kenne ihr Geheimnis!
Wenn sie jemanden für diesen Frevel bestrafen wollen, dann mich! Nicht meinen Bruder, nicht meine Schwester und nicht
mein Volk!«
»Wenn das alles wahr ist«, sagte Björn, »warum hast du es uns
dann nie gesagt?« in seiner Stimme war kein Vorwurf, nur eine
Mischung aus abgrundtiefer Verwirrung und noch größerem
Entsetzen.
»Warum wohl?«, erwiderte Abu Dun an seiner Stelle. »Wäre
es dir angenehm, eine solche Geschichte zu erzählen?«
Andrej brachte ihn mit einem mahnenden Blick zum Schweigen. »Und das war die ganze Geschichte?«, fragte er, an Thure
gewandt. »Seither ist nichts mehr passiert? In all den Jahren
nicht?«
Thure verneinte. »Niemand ist seither mehr zu dieser Insel
gefahren. Und die, die es versucht haben, sind

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