Das Dalai-Lama-Prinzip für Paare: Wie achtsame Liebe gelingt
groß oder klein, gesund
oder krank sind. Aber sie drücken auch unserer Persönlichkeit ihren Stempel auf: ob wir eher launisch oder ausgeglichen, aufbrausend oder ruhig, wagemutig oder vorsichtig sind. Diese unterschiedlichen Aspekte unseres Charakters wurden in der buddhistischen Psychologie ebenfalls bereits identifiziert und korrespondieren erstaunlich gut mit Erkenntnissen der modernen Psychologie. Der Grundgedanke ist dabei, dass wir kein auf immer festgelegtes Selbst besitzen, sondern ein Bündel von Eigenschaften, das wir durchaus beeinflussen können.
Wer bin ich?
Aus buddhistischer Sicht beschreiben die sogenannten fünf Daseinsfaktoren (Sanskrit: Skandhas ) die ganze Vielfalt der Aspekte, die eine Person ausmachen. Wir besitzen die starke Gewohnheit, unsere Person mit einem immer gleichbleibenden Ich gleichzusetzen. Das gibt uns Sicherheit, führt aber dazu, dass wir uns ein sehr eingeschränktes Bild von uns selbst machen. Erkennt man, dass die Vorstellung einer solchen Einheit der Persönlichkeit nur eine gewohnheitsmäßige Vereinfachung ist, sieht man die vielen Facetten unseres Wesens in einem neuen Licht – als Reichtum, der uns unendlich viele Chancen und Möglichkeiten bietet.
Bereits in einer seiner ersten Ansprachen an seine Schüler, in der »Lehrrede von den Kennzeichen der Nicht-Seele«, legte Buddha dar, dass kein Bestandteil einer Person die Merkmale einer festen Seele aufweist. Die
Lehre von den Skandhas oder fünf Daseinsfaktoren ist daher neben der Lehre vom Leid der zweite wichtige Grundpfeiler des Buddhismus.
Die fünf unser Dasein bestimmenden Faktoren
Formfaktoren: Unter dem Begriff »Form« versteht man alle Dinge, die mit den Sinnesorganen wahrgenommen werden können. Man unterscheidet hierbei die vier Elemente (Festes, Flüssiges, Wärme und Bewegung) und die fünf Sinnesfähigkeiten mit den dazugehörigen fünf Sinnesobjekten (sichtbare Formen, Klänge, Gerüche, Geschmäcker und berührbare Objekte).
Gefühlsfaktoren: Die drei grundlegenden Empfindungen – angenehm, unangenehm und neutral – gehören zur zweiten Daseinsgruppe. Sie sind eine erste, eher passive und instinktive Reaktion unseres Körpers und Geistes auf die Außenwelt. Sie entstehen in sechsfacher Art: durch Berührung des Auges mit den sichtbaren Formen, des Ohres mit den Tönen, der Nase mit dem Geruch, der Zunge mit dem Geschmack und des Körpers mit den Tastorganen. Nach buddhistischer Meinung ist der Geist mit den Gedanken oder Vorstellungen das sechste Kontaktorgan. Alle unsere körperlichen und geistigen Empfindungen sind in dieser Gruppe enthalten.
Wahrnehmungsfaktoren: Der Mensch nimmt Formen, Farben, Töne, Gerüche und Bilder wahr und kann eine Vielzahl von ihnen unterscheiden. Diese Wahrnehmungen
äußerer Objekte sind komplexer als die Empfindungen. Zwar werden sie gleich den Gefühlen durch die Berührung unserer sechs Sinne mit der äußeren Welt erzeugt, doch der innere Beitrag ist wesentlich höher: Der Geist ist selbst aktiver. Die Wahrnehmung, Identifikation und Unterscheidung äußerer Objekte ist sehr wichtig, weil sie die Grundlage für die Entwicklung von Weltanschauungen oder Sichtweisen ist. Dies ist nicht unbedingt an Sprache gebunden: Es gibt die Unterscheidung ohne Namen – wenn wir zum Beispiel den Namen für ein bestimmtes Objekt nicht kennen. Babys nehmen zum Beispiel Dinge wahr, ohne sie benennen zu können. In der Regel unterscheiden wir die Dinge aber durch Bezeichnungen; dies ermöglicht uns, etwas zu bewerten, als gut oder schlecht zu beurteilen oder anders zu benennen.
Geistesfaktoren: Alle nützlichen und schädlichen, guten und schlechten Aktivitäten des Willens stellen die nächste Gruppe dar. Interessen, Willensregungen, Sehnsüchte und Absichten entstehen, weil Menschen Wahrnehmungen interpretieren und auf sie reagieren. Dies hat eine besondere Bedeutung, denn hier entstehen Vorstellungen, Begierden und Wünsche, die das Handeln beeinflussen. Die Geistesfaktoren bestehen aus vielen verschiedenen Gruppen geistiger Ereignisse. Es gibt zum Beispiel fünf »allgegenwärtige Faktoren«, die jede geistige Erfahrung begleiten – dazu gehören Absicht oder Kontakt; fünf »eindeutige Faktoren«, die den Geist auf bestimmte Objekte ausrichten,
wie Streben, Wertschätzung oder Achtsamkeit; elf »positive Faktoren« wie zum Beispiel Vertrauen, Schamgefühl oder Respekt; sechs »Hauptstörungen« wie Unwissenheit, Begierde und Hass; zwanzig »Nebenstörungen« wie
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