Das Dalai-Lama-Prinzip für Paare: Wie achtsame Liebe gelingt
verändern in meinem Leben und nicht da weitermachen, wo ich aufgehört hatte. Ich entschloss mich, mit meinem besten Freund eine Reise nach Asien zu unternehmen und mir in Ruhe Gedanken zu machen.
Wir fuhren drei Monate kreuz und quer durch Laos und Kambodscha, durch China, Vietnam und am Ende durch Indien. Auf den langen Bus- und Zugfahrten
hatte ich ausreichend Zeit, mich mit einigen Fragen, die mein Leben betrafen, zu beschäftigen. (Natürlich habe ich nicht die ganze Zeit damit verbracht, mein Leben und meine Beziehungen aufzuarbeiten; es war auch eine herrliche Zeit, in der ich viele Menschen kennengelernt und einzigartige Plätze gesehen habe, wie Angkor Wat in Kambodscha oder Varanasi in Indien. Noch heute denke ich oft und gerne an diese Reise zurück.)
Für die Dauer der Reise führte ich ein Tagebuch. Ich notierte mir verschiedene Fragen, die ich mir im Verlauf der Reise beantworten oder für die ich zumindest Ansätze einer Antwort finden wollte: Was waren die Ursachen für die Situation, in der ich mich jetzt befand? Warum war meine letzte Partnerschaft und warum waren die davor gescheitert? Warum habe ich mich in bestimmten Situationen so verhalten, wie ich mich verhalten habe? Was hat das bei mir und anderen bewirkt, ausgelöst, verursacht? Was verstehe ich unter Liebe? Wie führe ich mein Leben richtig?
Auf Fragen wie diese gibt es viele Antworten. Es gibt Antworten aus der Psychologie, aus der Philosophie, aus der Naturwissenschaft, aus allen Religionen. Jeder dieser Lösungswege oder Denkhilfen ist gültig und nicht einer anderen vorzuziehen. Der eine findet sein Heil bei den antiken Philosophen, der andere im Christentum oder im Islam. Mich hat die asiatische Philosophie schon immer stark beeindruckt, was sich in den
drei Monaten in Asien noch weiter verstärkte. Die Begegnung mit der spirituellen Tradition Asiens, die Ausgeglichenheit der Menschen, die Gleichwertigkeit und der Gleichmut gegenüber allen Phänomenen, die Betonung von Geduld, Ruhe und Höflichkeit. Mich faszinierten die Harmonie und der Frieden, die man natürlich nicht dauernd und überall in Asien findet, aber doch immer wieder und an den unterschiedlichsten Plätzen.
Gegen Ende der drei Monate war ich mir dann über vieles mehr im Klaren als zuvor. Und bei meiner letzten Station wurde mir schlagartig bewusst, was ich zuvor falsch gemacht hatte. Mein Freund und ich hatten uns am Ende der Reise in Jaipur getrennt, und ich war allein nach Bombay weitergefahren. Dort stürzte diese gewaltige Stadt mit ihren Millionen Gesichtern und Sinneseindrücken auf mich ein. Allein und auf ungewohnte Weise auf mich zurückgeworfen und mich in der 14-Millionen-Stadt verloren fühlend, wurde mir klar, dass es endlich Zeit war, sich dem Leben zu stellen und nicht mehr davonzulaufen.
Einsicht und Eigenverantwortlichkeit
Etwas nicht mehr machen zu wollen, ist der erste Schritt. Der entscheidende Durchbruch erfolgt aber erst, wenn es einem gelingt, es in Zukunft richtig zu machen. Doch bevor man dies in die Tat umsetzen kann, muss man zunächst einmal Einsicht und Erkenntnis in sich selbst, in die anderen Menschen und in das Wesen der Dinge gewinnen.
Eine wichtige erste Erkenntnis: sich selbst einzugestehen, dass man für bestimmte Situationen verantwortlich ist – nicht der Partner, nicht die Eltern, nicht der Chef oder sonst jemand. Ab einem bestimmten Alter, nicht als Kind und auch nicht immer in unserer Jugend, liegt es in unserer Hand, was wir aus uns und unserem Leben machen.
Sicher haben die Gene und die Erziehung entscheidenden Einfluss auf unser Naturell, unseren Körper und unseren Geist. Aber das bedeutet nicht, dass unsere Persönlichkeit ein für alle Mal festgelegt ist. Wir sind in der Lage, uns zu verändern. Die Betonung der Eigenverantwortung ist, wie bereits erwähnt, ein wichtiger Bestandteil der buddhistischen Philosophie. Sie hilft Klarheit über unser Wesen und das Leben im Allgemeinen zu gewinnen, einfach dadurch, dass sie uns immer wieder auffordert, über Ursache und Wirkung nachzudenken. Der Buddhismus lehrt deshalb: Betrachte, was du denkst und tust, beobachte, wie aus deinen Gedanken erst Worte, dann Handlungen werden. Hör zu, wie du etwas sagst. Fühle nach, welche Wirkungen diese Worte auf dich oder
deinen Partner haben, wie deine Taten ihn berühren. Erkenne, ob du den anderen Gutes oder Schlechtes damit zufügst.
Anne-Bärbel Köhle
Es ist eigentlich einleuchtend: Wenn jemand in einem Zimmer wütend wird
Weitere Kostenlose Bücher