Das Dampfhaus
Hod, der nun auch selbst wärmer wurde. Wahrlich, das muß ein herrliches Schauspiel sein! Ja, ja, der Tiger ist doch der König der Thiere!
– Ein König, der jede Empörung verachtet! fügte der Händler hinzu.
Einige Bergbewohner stellten sich bei uns ein. (S. 259.)
– Und wenn Sie solche gefangen haben, Herr Van Guitt, begann jetzt Kapitän Hod, so habe ich schon verschiedene erlegt, und ich hoffe stark, Tarryani nicht zu verlassen, bevor nicht der fünfzigste von meiner Hand gefallen ist.
– Herr Kapitän, erwiderte der Händler, die Stirn runzelnd, ich habe Ihnen die Eber, die Wölfe, Bären und Büffel überlassen. Befriedigt das Ihre Jagdlust noch nicht?«
Ich bemerkte, daß unser Freund Hod dieser heiklen Frage gegenüber nicht weniger in Feuer gerieth, als Mathias Van Guitt.
Hatte der Eine mehr Tiger gefangen, als der Andere getödtet? Welch’ unerschöpflicher Redestoff. Was verdiente den Vorzug: jene einzufangen oder sie zu erlegen? Welches herrliche Thema! Schon begannen Beide, der Kapitän und der Händler, kurze, flüchtige Sätze zu wechseln, und gerade herausgesagt, zu gleicher Zeit zu reden, so daß Keiner den Anderen verstehen konnte.
Banks versuchte eine Vermittlung.
»Die Tiger sind die Könige der Schöpfung, meine Herren, sagte er, darüber herrscht kein Zweifel, doch erlaube ich mir hinzuzufügen, daß es für ihre Unterthanen sehr gefährliche Herrscher sind. Im Jahre 1862, wenn ich nicht irre, haben die prächtigen Katzen alle Telegraphenbeamten auf der Insel Sangor – aufgefressen. Man erzählt sich auch von einer Tigerin, daß sie binnen drei Jahren nicht weniger als hundertachtzehn Opfer verschlungen habe, und von einer anderen, welche in derselben Zeit gar hundertsiebenundzwanzig Menschen verzehrt habe! Das ist zu viel, selbst für Königinnen! Seit der Entwaffnung der Sipahis sind übrigens in einem Zeitraume von drei Jahren zwölftausendfünfhundertvierundfünfzig Individuen unter den Zähnen der Tiger gefallen.
Mathias Van Guitt empfahl sich mit einer gewählten Geste. (S. 261.)
– Gewiß, mein Herr, antwortete Mathias Van Guitt, doch Sie scheinen ganz zu vergessen, daß diese Thiere Omophagen sind.
– Omophagen? warf Kapitän Hod ein.
– Ja, Rohfleischfresser, und die Hindus behaupten, daß jene, welche einmal Menschenfleisch gekostet haben, gar kein anderes mehr mögen!
– Nun, und was will das sagen?… fragte Banks.
– Ei, weiter nichts, erwiderte Mathias Van Guitt lachend, als daß sie eben ihrer Natur gehorchen!… Sie müssen doch Nahrung haben!«
Fußnoten
1 Im Jahre 1877 sind nicht weniger als 1677 Menschen durch den Biß von Schlangen umgekommen. Aus den von der Regierung für die Vernichtung jener Reptilien gezahlten Prämien, ergiebt sich, daß im Laufe desselben Jahres 127.295 solcher erlegt worden sind
Viertes Capitel.
Eine Königin von Tarryani.
Die letztere Bemerkung beschloß unseren Besuch im Kraal; es war jetzt Zeit, nach dem Steam-House zurückzukehren.
Kapitän Hod und Mathias Van Guitt schieden eigentlich nicht als die besten Freunde von einander. Wenn der eine die wilden Thiere von Tarryani vernichten wollte, wollte der Andere sie nur fangen, und doch waren ja genug vorhanden, um Beide zu befriedigen.
Man verabredete inzwischen, daß der Kraal und das Sanatorium in engerer Verbindung bleiben sollten. Man wollte sich gegenseitig benachrichtigen, sobald sich eine günstige Gelegenheit zur Jagd oder zum Fange böte. Die mit allen Wegen und Stegen vertrauten Chikaris Mathias Van Guitt’s konnten Kapitän Hod recht wesentliche Dienste leisten, wenn sie ihn auf die Fährten von Thieren aufmerksam machten. Der Händler stellte ihm jene zuvorkommend zur Verfügung, und vorzüglich Kâlagani. Obschon dieser Hindu nur erst kurze Zeit dem Personal des Kraals angehörte, erwies er sich doch besonders geschickt und nach allen Seiten verläßlich.
Als Gegendienst versprach Kapitän Hod, soweit ihm das möglich sei, beim Einfangen der wilden Thiere zu helfen, welche an Mathias Van Guitt’s Sammlung noch fehlten.
Bevor er den Kraal verließ, wo er wahrscheinlich nicht sobald wieder vorsprechen würde, sprach Sir Edward Munro nochmals seinen Dank gegen Kâlagani aus, dessen entschlossenes Eingreifen ihn gerettet hatte, und erklärte, daß er im Steam-House stets willkommen sein werde.
Der Hindu verneigte sich sehr kühl. Ein Zeichen von Befriedigung, den Mann, der ihm sein Leben verdankte, so reden zu hören, ließ er in
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