Das Dampfhaus
nicht ohne gewisse Feierlichkeit entgegen.
Fünf bis sechs seiner Leute, darunter auch Kâlagani, waren eben beschäftigt, einen Tiger, der sich während der Nacht gefangen hatte, aus der Falle in einen fahrbaren Käfig zu schaffen.
Es war wirklich ein prächtiges Thier, dessen Anblick in Kapitän Hod ein gewisses Gefühl von Neid erwachen ließ.
»Wieder einer weniger in Tarryani, murmelte er mit einem leisen Seufzer, der in Fox’ Herzen ein Echo fand.
– Und einer mehr in der Menagerie, meinte dagegen der Händler. Noch zwei Tiger, einen Löwen und zwei Leoparden, und ich werde im Stande sein, meinen eingegangenen Verpflichtungen noch vor der bedungenen Zeit nachzukommen. Kommen Sie mit nach dem Kraal, meine Herren?
– Wir danken bestens, antwortete Kapitän Hod, heute denken wir auf eigene Rechnung zu jagen.
– Kâlagani steht Ihnen zur Verfügung, Herr Kapitän, erwiderte der Händler, er kennt den Wald sehr gut und kann Ihnen von Nutzen sein.
– Er wird uns ein willkommener Führer sein.
– Nun denn, meine Herren, fuhr Mathias Van Guitt fort, viel Glück auf den Weg! Aber versprechen Sie mir, nicht Alles niederzumetzeln!
– Wir lassen Ihnen noch etwas übrig!« versicherte Kapitän Hod.
Sich mit einer gewählten Geste empfehlend, verschwand Mathias Van Guitt schnell unter den Bäumen und folgte seinem Käfige.
»Nun vorwärts, rief Kapitän Hod, vorwärts, meine Freunde! es gilt meinen zweiundvierzigsten!
– Meinen achtunddreißigsten! ließ Fox sich vernehmen.
– Und meinen ersten!« fügte ich hinzu.
Der Ton, mit welchem ich diese Worte hervorbrachte, nöthigte dem Kapitän ein Lächeln ab. Offenbar fehlte mir die richtige heilige Gluth.
Hod hatte sich zu Kâlagani gewendet.
»Du kennst Tarryani gut.
– Ich bin wohl zwanzigmal, am Tage und in der Nacht, nach allen Richtungen durch dasselbe gekommen, antwortete der Hindu.
– Hast Du davon reden gehört, daß sich in der Nachbarschaft des Kraals ein Tiger gezeigt habe?
– Gewiß, dieser Tiger ist aber eine Tigerin. Man hat sie etwa zwei Meilen von hier im Hochwalde gesehen und sucht sie schon seit mehreren Tagen zu fangen. Wollen Sie etwa…
– Ob wir wollen!« rief Kapitän Hod, ohne dem Hindu zur Vollendung seines Satzes Zeit zu lassen.
Wir konnten in der That nichts Besseres thun, als Kâlagani zu folgen, und das geschah denn auch.
Wilde Thiere sind in Tarryani ohne Zweifel sehr häufig, und sie brauchen wöchentlich nicht weniger als zwei Ochsen zur Nahrung. Es ist leicht zu berechnen, wie viel deren »Unterhalt« also der ganzen Halbinsel kosten mag!
Aber wenn Tiger auch in großer Anzahl vorkommen, so darf man doch nicht glauben, daß sie ohne Noth umherschweifen. Wenn sie der Hunger nicht drängt, bleiben sie ruhig in ihrem Verstecke, und es wäre ein großer Irrthum, zu glauben, daß man ihnen auf Tritt und Schritt begegnete. Wie viele Reisende sind durch Wälder und Dschungeln gekommen, ohne nur einen zu Gesicht bekommen zu haben! Auch wenn eine Jagd veranstaltet wird, muß man zunächst die gewöhnliche Fährte des Thieres und vorzüglich den Bach oder die Quelle aufzufinden suchen, wo es seinen Durst zu löschen pflegt.
Doch auch das genügt noch nicht, man muß sie auch noch anlocken. Das erreicht man sehr bequem durch Befestigung eines Rinderviertels an einem Pfahle und an einer von Bäumen oder Felsblöcken umgebenen Stelle, wo die Jäger leicht Schutz finden können. So verfährt man wenigstens im Walde.
In der Ebene liegt die Sache anders; da wird der Elephant der nützlichste Bundesgenosse des Menschen bei diesen gefährlichen Parforcejagden. Diese Thiere müssen dazu jedoch besonders abgerichtet sein. Trotzdem packt sie zuweilen Schrecken und Furcht, was die auf ihren Rücken sitzenden Jäger leicht in Gefahr bringt. Der Tiger springt nämlich ohne Zögern auf den Rücken eines Elephanten. Da wird der Streit zwischen ihm und dem Menschen auf dem Nacken der riesigen, selbst wüthend werdenden Pachyderme ausgekämpft, und dieser endet nur selten zum Nachtheile des Raubthieres.
So gestalten sich die Jagden der Rajahs und reichen Sportsmen von Indien, welche einen Platz in den cynegetischen Annalen mit Recht verdienen.
Kapitän Hod freilich verfuhr auf andere Weise. Er spürte dem Tiger zu Fuße nach, er pflegte zu Fuß mit ihm anzubinden.
Wir folgten also Kâlagani, der raschen Schrittes voranging. Zurückhaltend, wie die Hindus im Allgemeinen, sprach er nur wenig und begnügte sich, an ihn gerichtete
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