Das Dampfhaus
werden. Banks wählte deshalb auch den Halteplatz mit Vorliebe am Ufer eines Baches und in der Nähe eines Gehölzes. Die Versorgung mit dem nöthigen Material geschah stets unter der Aufsicht des Ingenieurs, der sich selbst um Alles bekümmerte.
War das Alles vollbracht, so zündeten wir uns die Cigarren an – ausgezeichnete »Cherouts« aus Manilla – und rauchten während eines Gespräches über dieses Land, das Hod und Banks ja gründlich kannten. Der Kapitän verachtete die gewöhnliche Cigarre und sog mit seinen kräftigen Lungen durch einen zwanzig Fuß langen Schlauch den aromatischen Duft aus einem »Houkah«, den sein Diener mit aller Sorgfalt gestopft hatte.
Unser größtes Vergnügen wäre es gewesen, wenn Oberst Munro sich einmal diesen kurzen Ausflügen in die nächsten Umgebungen angeschlossen hätte. Stets machten wir ihm vor dem Aufbruch diesen Vorschlag, doch ebenso oft lehnte er unser Angebot ab und blieb mit Sergeant Neil zurück. Beide gingen dann nur auf der Straße je hundert Schritt hin und her. Sie sprachen wenig, schienen sich aber vollkommen zu verstehen, und hatten es nicht nöthig, viel Worte zu wechseln, um ihre Gedanken auszutauschen. Beide schienen ganz von den furchtbaren Erinnerungen erfüllt zu sein, die nichts verlöschen konnte. Wer weiß, ob sich diese Erinnerungen nicht noch mehr belebten, je mehr Oberst Munro und der Sergeant sich dem Schauplatz des schrecklichen Aufstandes näherten.
Offenbar hatte den Obersten eine fixe Idee, die wir erst später erfahren sollten, und nicht der einfache Wunsch, sich nicht von uns zu trennen, zum Anschluß an diese Fahrt nach Norden von Indien veranlaßt. Banks und Kapitän Hod theilten hierüber meine eigenen Anschauungen, und wir legten uns unwillkürlich und mit einiger Sorge vor der Zukunft die Frage vor, ob dieser Elephant, während er durch die Ebenen der Halbinsel schritt, nicht ein ganzes Drama zur Entwicklung bringen werde.
Siebentes Capitel.
Die Pilger an Phalgou.
Behar, das ehemalige Magadha, war zur Zeit der Buddhisten ein geheiligter Bezirk und ist noch jetzt von Tempeln und Klöstern erfüllt. Seit vielen Jahrhunderten schon sind aber die Brahmanen an die Stelle der Priester Buddha’s getreten. Sie haben die »Viharas« (das sind Klöster, von welcher Bezeichnung auch der Name »Behar« abstammen soll) in Besitz genommen, nutzen dieselben aus und leben von den Erträgnissen des Cultus; Gläubige strömen ihnen von allen Seiten zu; sie machen dem heiligen Wasser des Ganges, den Pilgerfahrten von Benares und den religiösen Feierlichkeiten von Jaggernaut merkbare Concurrenz; mit einem Wort, der ganze Bezirk gehört ihnen an.
Ein reiches Land mit endlosen, smaragdgrünen Reisfeldern, ungeheueren Mohnplantagen und zahlreichen, in üppigem Grün versteckten Flecken, beschattet von Palmen, Mango-, Dattelbäumen und Taras, über welche die Hand der Natur ein kaum entwirrbares Netz von Lianen gebreitet hat. Die Wege, denen das Steam-House folgt, bilden lauter dichtbelaubte Bogengänge, deren feuchter Boden eine erquickende Frische erhält. Die Karte vor den Augen, dringen wir, ohne Furcht, uns zu verirren, immer weiter vor. Das Sausen und Brausen unseres Elephanten mischt sich mit dem betäubenden Lärmen des gefiederten Geschlechtes und mit dem unharmonischen Geschrei des Affenvolkes. Sein Dampf wälzt sich in dichten Wirbeln zwischen dem Phönix des Landes, dem Bananenbaum hindurch, dessen goldige Früchte gleich Sternen aus leichten Wolken hervorglänzen. Wo er hinkommt, fliegen ganze Schwärme zarter Reisvögel auf, deren weißes Gefieder in den weißen Dampfwirbeln verschwindet. Da und dort heben sich Gruppen von Banianen und Pampelpomeranzen kräftig ab, oder kleinere Feldstücke von. »Dahls«, das ist eine Art buschig wachsender Erbsen mit etwa meterhohen Stengeln, die in den Dörfern des Hinterlandes zu Einzäunungen verwendet werden.
Aber welche Hitze! Kaum dringt ein wenig feuchte Luft durch die Matten vor unseren Fenstern! Die »Hot winds« – die warmen Winde – welche sich, während sie die weiten Ebenen im Westen bestreichen, mit Hitze überladen, bedecken das Land mit ihrem feurigen Athem. Es wird hohe Zeit, daß der Juni-Mousson in diesen Zustand der Atmosphäre eine Aenderung bringt. Niemand vermöchte, ohne Gefahr der Erstickung, diese Gluthsonne auf die Dauer zu ertragen.
Das Land ist auch ganz menschenleer. Selbst die an diese feurigen Sonnenstrahlen gewöhnten »Raiots« müssen von jeder Feldarbeit
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