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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wiederzusehen, der den Oberst vermochte, Calcutta zu verlassen?
     

    Da saßen sie und starrten mit glotzenden Augen. (S. 96.)
     
    Doch wie dem auch sei, jetzt zog es ihn wie ein Magnet nach dem Platze, wo die Lösung des schauerlichen Dramas erfolgt war!… Jetzt mußte die Sache ihren Gang haben. Da kam mir der Gedanke, den Sergeant zu fragen, ob er für seinen Theil jeden Gedanken an Rache aufgegeben, mit einem Worte, ob er glaube, daß Nana Sahib todt sei.
    »Nein, gab mir Mac Neil schlechtweg zur Antwort. Obwohl ich kein Anzeichen dafür habe, worauf ich meine Ansicht stützen könnte, so kann ich doch nicht glauben, daß Nana Sahib gestorben sei, ohne die Strafe für seine Schandthaten gefunden zu haben! Nein, nein! Und doch, ich weiß nichts und habe auch nichts darüber gehört!… Es ist wie ein Instinct, der mich beherrscht… O, solch’ wohlberechtigte Rache kühlen zu können, das müßte dem Herzen wohlthun! Gott gebe, daß meine Ahnungen nicht trügen und wir noch…«
    Der Sergeant vollendete den Satz nicht… Seine Bewegungen deuteten an, was die Lippen nicht aussprechen wollten. Der Diener stimmte mit dem Herrn vollkommen überein.
    Als ich Banks und Kapitän Hod den Sinn dieses Gespräches mittheilte, sprachen sich Beide dahin aus, daß die Reiseroute weder verändert werden sollte noch könnte. Uebrigens war niemals davon die Rede gewesen, durch Khanpur selbst zu gehen, denn wir beabsichtigten nach Ueberschreitung des Ganges bei Benares durch die Ostprovinzen der Königreiche Audh und Rohilkande direct nach Norden zu ziehen. Was Mac Neil auch denken mochte, so stand es doch nicht fest, das Oberst Munro Laknau oder Khanpur, für ihn die Stätten der entsetzlichsten Erinnerungen, wiedersehen wolle; doch würde man auch im letzteren Falle seinem Wunsche nicht entgegentreten.
    Nana Sahib endlich war eine so allgemein bekannte Persönlichkeit, daß wir, wenn sich die, sein Wiederauftreten in der Präsidentschaft Bombay meldende Anzeige bestätigte, unterwegs wohl von ihm hätten sprechen hören. Zur Zeit unserer Abfahrt von Calcutta war von dem Nabab aber kaum noch die Rede, und die von uns gelegentlich eingezogenen Erkundigungen ließen eher den Gedanken aufkommen, daß die Behörden falsch berichtet gewesen seien.
    Bargen die Gerüchte aber wider Erwarten doch einen wahren Kern und leitete auch den Oberst Munro jetzt wirklich eine geheime Absicht, so hätte es verwundern können, daß er an Stelle Mac Neil’s nicht Banks, seinem vertrautesten Freunde, davon Mittheilung gemacht hatte. Eine Erklärung dafür lag jedoch, wie auch Banks selbst sagte, darin, daß er Alles aufgeboten hatte, den Oberst von gefährlichen und nutzlosen Unternehmungen abzuhalten, während der Sergeant Jenen vielmehr dazu antrieb.
    Am 19. Mai gegen Mittag hatten wir den Flecken Chittra passirt. Das Steam-House befand sich jetzt vierhundertfünfzig Kilometer von seinem Ausgangspunkte entfernt.
    Mit einbrechender Nacht des nächsten Tages, des 20. Mai, kam der Stahlriese nach einem brennend heißen Tage in der Nähe von Gaya an. Wir hielten am Ufer eines geheiligten Flusses, des Phalgou, der durch die dahin gerichteten Pilgerfahrten weit und breit bekannt ist. Die beiden Häuser nahmen an einem hübschen, von prächtigen Bäumen beschatteten Uferabhange, zwei Meilen von der Stadt, Platz.
    Wir gedachten hier sechsunddreißig Stunden, nämlich zwei Nächte und einen Tag zu rasten, denn dieser Ort ist, wie ich oben andeutete, einer genaueren Betrachtung werth.
    Am folgenden Morgen, und zwar, um der Mittagshitze zu entgehen, schon um vier Uhr, verabschiedeten wir, das heißt Banks, Kapitän Hod und ich, uns bei Oberst Munro und wanderten nach Gaya.
    Man versichert, daß nach diesem Mittelpunkt des brahmanischen Cultus jährlich mindestens fünfhunderttausend Andächtige zusammenströmen. Bei Annäherung an die Stadt sahen wir die Wege auch von einer unendlichen Menge von Männern, Frauen und Kindern bedeckt. In langem, feierlichem Zuge schritten sie Alle dahin, die den Mühsalen einer langen Pilgerfahrt getrotzt hatten, um ihre religiösen Pflichten zu erfüllen.
    Banks hatte das Gebiet von Behar schon früher einmal, bei Gelegenheit der Vorarbeiten für eine noch nicht zur Ausführung gekommene Eisenbahn, kennen gelernt, wir konnten also einen besseren Führer nicht leicht finden. Den Kapitän Hod hatte er übrigens zur Zurücklassung jedes Jagdgeräthes zu bestimmen gewußt, so daß wir auch nicht zu befürchten brauchten, daß

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