Das Dampfhaus
durchstochen oder die Zunge durchbohrt hatten, indem sie Pfeile durch diese Theile gestoßen hatten, das aus den Wunden träufelnde Blut von Schlangen auflecken.
Das ganze Schauspiel erschien einem europäischen Auge natürlich im höchsten Grade widerlich. Ich beeilte mich, weiter zu kommen, als Banks mich plötzlich aufhielt.
»Jetzt naht die Stunde des Gebets!« sagte er.
Eben erschien ein Brahmane inmitten des Menschengewühls. Er erhob die rechte Hand und wies damit nach der Sonne, welche der Felsen von Gaya bis jetzt verdeckt hatte.
Der erste von dem Tagesgestirn ausgehende Strahl diente als Signal. Die fast nackte Menge stürzte in das geheiligte Gewässer. Einige begnügten sich mit einer kurzen Untertauchung, wie in den ersten Zeiten der Taufe; Andere dagegen erweiterten das vorgeschriebene Bad zu wirklichen Wasserlustbarkeiten, an denen ein religiöser Charakter wohl kaum noch zu erkennen war. Ich weiß nicht, ob die Eingeweihten, während sie. »Slocas« oder Denkverse hermurmelten, die ihnen die Priester gegen eine gewisse Belohnung vorbeteten, mehr daran dachten, ihre Seele oder ihren Leib zu reinigen. Jedenfalls schöpften sie zuerst etwas Wasser mit der hohlen Hand,
Das Geräusch kam weder aus der Luft noch vom Wasser her. (S. 98.)
sprengten dasselbe nach den vier Himmelsgegenden aus und spritzten sich darauf einige Tropfen in das Gesicht, wie die Badenden, die sich am flachen Ufer eines Seebades belustigen. Für jede von ihnen begangene Sünde rauften sie sich übrigens je ein Haar aus. Wie viele hätten da wohl verdient, nur als Kahlköpfe aus den Fluthen des Phalgou hervorzugehen! Der Lärm und Jubel der Badenden, die das Wasser durch das rasche Untertauchen in Bewegung setzten oder wie ein ungeschickter Schwimmer mit der Ferse peitschten, ging so weit, daß selbst die Alligatoren erschreckt nach dem anderen Ufer entflohen. Da saßen sie, starrten mit glotzenden Augen auf die bewegte Menschenmenge, die sie aus ihrem Bereiche vertrieben, und ließen von ihren gewaltigen Kiefern ein drohendes Klappern ertönen. Die Pilger bekümmerten sich um sie übrigens nicht mehr als um unschädliche Eidechsen.
Für uns wurde es nun die höchste Zeit, diese wunderlichen Heiligen sich selbst zu überlassen, um sich zum Eintritt in den Kaïlas, das heißt das Paradies Brahma’s, vorzubereiten. Wir wanderten also am Ufer des Phalgou hinauf, um unseren Halteplatz wieder zu erreichen.
Das Frühstück vereinigte uns Alle an der Tafel und der übrige, außerordentlich warme Tag verlief ohne weitere Zwischenfälle. Kapitän Hod durchstreifte gegen Abend noch einmal die nächste Umgebung und brachte etwas Wild mit heim. Inzwischen vervollständigten Storr, Kâlouth und Goûmi den Vorrath an Wasser und Brennmaterial und setzten die Feuerung in Stand, denn wir gedachten am nächsten Tage zeitig aufzubrechen.
Die freiwilligen Opfer sprangen auf. (S. 101.)
Um neun Uhr Abends hatten Alle ihre Zimmer aufgesucht. Eine ruhige, aber sehr warme Nacht verhüllte Alles ringsumher. Dicke Wolken verdeckten die Sterne und machten die Atmosphäre noch schwerer. Auch nach Sonnenuntergang nahm die Hitze nicht merkbar ab.
Die Temperatur war so erstickend, daß ich Mühe hatte einzuschlafen. Durch das offen gelassene Fenster drang nur eine glühende Luft ein, die mir für die Thätigkeit der Lungen sehr ungeeignet schien.
Mitternacht kam heran, ohne daß ich einen Augenblick Ruhe gefunden hätte. Dennoch wollte ich vor der Abreise drei bis vier Stunden geschlafen haben, ich täuschte mich aber in dem Glauben, dem Schlafe befehlen zu können. Der Schlummer floh mich. Der feste Wille vermochte nichts, sondern bewirkte eher das Gegentheil.
Es mochte gegen ein Uhr Morgens sein, als ich ein dumpfes Geräusch vernahm, das sich längs des Phalgou-Ufers fortzusetzen schien.
Ich glaubte zuerst, daß bei der mit Elektricität überladenen Atmosphäre ein Sturm aus Westen auftreten würde. Ein solcher konnte wohl heiß sein, mußte aber wenigstens die Luftschichten verschieben und das Athmen leichter machen.
Ich irrte. Die über unserer Haltestelle herabhängenden Baumzweige blieben vollkommen unbewegt.
Ich steckte den Kopf durch das Fenster und lauschte. Wohl ließ sich entferntes Geräusch vernehmen, doch nirgends war etwas zu sehen. Die Wasserfläche des Phalgou breitete sich tief dunkel vor mir aus, ohne jene zitternden Reflexe, welche jede Bewegung derselben erzeugt haben würde. Das Geräusch kam also weder aus
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