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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Abend, zwölf Stunden nach der Abfahrt von Gaya, nachdem wir unter der stolzen Röhrenbrücke der Eisenbahn, welche vierundzwanzig Fuß über dem Spiegel der Sone liegt, hinweggeglitten waren, hielten wir in der Nähe von Sasseram. Wir wollten hier nur eine Nacht über bleiben, um Holz und Wasser zu fassen, und mit Tagesanbruch wieder aufbrechen.
    Dieses Programm wurde in allen Punkten eingehalten, und bevor die Sonne ihre brennenden Strahlen, welche uns für den Mittag gespart blieben, aussandte, fuhren wir am frühen Morgen des 22. Mai wieder ab.
    Die Landschaft war immer dieselbe, das heißt reich und fleißig angebaut, so wie sie längs der Ufer des herrlichen Ganges-Thales erscheint. Ich erwähne hier die zahlreichen Dörfer nicht, die inmitten unendlicher Reisfelder zerstreut oder unter Palmengruppen mit dichter Blätterkrone, unter dem Schatten von Mango-oder anderen edlen Bäumen versteckt liegen. Wir hielten übrigens bei denselben nicht an. Sperrte dann und wann ein von Zebus langsam dahingezogener Karren den Weg, so genügte ein schriller Pfiff mit der Dampfpfeife, ihn zum Ausweichen zu veranlassen, und unser Zug rollte zur größten Verwunderung der Bauern vorüber.
    Im Laufe dieses Tages hatte ich auch das herrliche Vergnügen, sehr viele Rosenfelder zu sehen. Wir befanden uns jetzt nämlich nicht mehr fern von Ghazipore, dem Mittelpunkt für die Darstellung des Rosenwassers oder vielmehr der Rosenessenz.
    Ich fragte Banks, ob er mir über diesen so gesuchten Artikel, den wichtigsten in der Kunst der Zusammenstellung von Wohlgerüchen, Näheres mittheilen könne.
     

    Benares. (S. 107.)
     
    »Ich will Ihnen Ziffern anführen, antwortete mir Banks, die den Beweis liefern, wie kostspielig die Fabrikation ist. Vierzig Pfund Rosen werden zuerst bei mäßigem Feuer einer Art langsamer Destillation unterworfen und liefern etwa dreißig Pfund Rosenwasser. Dieses Wasser gießt man auf eine neue Quantität von vierzig Pfund Blumen und setzt die Destillation so lange fort, bis die Flüssigkeit noch zwanzig Pfund beträgt. Dieselbe wird nun zwölf Stunden lang der kalten Nachtluft ausgesetzt, und am anderen Morgen findet man auf deren Oberfläche – eine Unze wohlriechendes Oel. Aus achtzig Pfund Rosen – eine Quantität, welche mindestens zweimalhunderttausend Blumen enthält – gewinnt man am Ende also eine Unze ätherisches Oel! Es ist ein wirklicher Massenmord! Es ist also nicht zu verwundern, daß die Rosenessenz selbst im Productionsland die Unze mit vierzig Rupien, gleich hundert Francs bezahlt wird.
    – Ah, meinte Kapitän Hod, wenn man zur Gewinnung einer Unze Alkohols achtzig Pfund Weintrauben brauchte, da würde der Grog verwünscht theuer werden!«
    An diesem Tage hatten wir noch die Karamnaca, einen der Nebenflüsse des Ganges, zu überschreiten. Die Hindus haben aus diesem unschuldigen Flusse eine Art Styx gemacht, auf dem zu fahren nicht gerathen sei. Sein Ufer ist nicht minder in üblem Ruf als das des Jordans oder die Küste des Todten Meeres. Die Cadaver, welche in denselben geworfen werden, führt er direct in die brahmanische Hölle. Ich gehe auf diese Glaubensfragen hier nicht ein; wenn aber behauptet wird, das Wasser dieses Höllenflusses sei von unangenehmem Geschmack und der Gesundheit schädlich, so muß ich dem widersprechen, da es im Gegentheil ausgezeichnet ist.
     

    Eine nepalesische Pagode. (S. 110.)
     
    Am Abend, nachdem wir durch ein wenig hügeliges Land mit unübersehbaren Mohnfeldern und weiten Reisplantagen gekommen, lagerten wir am rechten Ufer des Ganges, gegenüber dem uralten Jerusalem der Hindus, der heiligen Stadt Benares.
    »Vierundzwanzig Stunden Aufenthalt! rief Banks.
    – Wie weit sind wir jetzt von Calcutta? fragte ich den Ingenieur.
    – Etwa dreihundertfünfzig Meilen, erklärte er mir, und Sie werden zugeben, lieber Freund, daß wir weder von der Länge des Weges noch von Beschwerden der Reise etwas bemerkt haben!«
    Der Ganges! Giebt es einen Fluß, dessen bloßer Name mehr poetische Legenden in uns wachruft, und scheint sich nicht ganz Indien in ihm zu vereinen? Findet sich auf der weiten Erde ein dem seinigen vergleichbares Thal, das sich, um seinen stolzen Lauf zu regeln, über ein Strecke von fünfhundert Meilen fortsetzt und nicht weniger als hundert Millionen Einwohner zählt? Giebt es einen zweiten Ort, wo seit dem Auftreten der asiatischen Racen mehr Wunder zusammengehäuft worden wären? Was würde Victor Hugo, der die Donau so erhaben besang, von

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