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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der Luft noch vom Wasser her.
    Etwas Verdächtiges vermochte ich jedoch nicht zu entdecken. Ich legte mich also nieder und begann, von Ermüdung überwältigt, einzuschlummern. Dann und wann drang mir jenes Geräusch noch einmal in’s Ohr, endlich schlief ich aber trotzdem fest ein.
    Zwei Stunden später, eben als der erste Morgenschimmer graute, wurde ich plötzlich erweckt.
    Man rief nach dem Ingenieur.
    »Herr Banks!
    – Was giebt es?
    – Kommen Sie schnell!«
    Ich hatte die Stimme Banks’ und die des Mechanikers erkannt, der in den Gang vor unseren Zimmern getreten war.
    Ich erhob mich sofort und verließ meine Cabine. Banks und Storr befanden sich schon auf der vorderen Veranda. Oberst Munro kam mir noch zuvor und Kapitän Hod erschien bald darauf.
    »Was ist geschehen? fragte der Ingenieur.
    – Sehen Sie selbst!« antwortete Storr.
    Das Licht des anbrechenden Tages gestattete die Ufer des Phalgou und einen Theil der sich an demselben hinaufziehenden Straße einige Meilen weit zu erkennen. Unser Erstaunen war nicht gering, als wir mehrere Hundert von Hindus erblickten, welche truppweise an den Uferabhängen und auf der Straße lagerten.
    »Das sind ja unsere Pilger von gestern! meinte Kapitän Hod.
    – Was machen sie aber hier? fragte ich.
    – Sie erwarten ohne Zweifel den Aufgang der Sonne, erwiderte der Kapitän, um sich in die heiligen Wellen zu stürzen.
    – Nein, entgegnete Banks. Ihre Abwaschungen können sie ja in Gaya selbst vornehmen. Wenn sie hierher gekommen sind, so…
    – Rührt das daher, daß der Stahlriese die gewohnte Wirkung hervorgebracht hat! fiel Kapitän Hod ein. Sie werden gehört haben, daß ein gigantischer Elephant, ein Koloß, wie sie nie einen ähnlichen gesehen, sich in der Nähe befinde, und sind in hellen Haufen hergezogen, ihn zu bewundern!
    – Wenn es bei der einfachen Bewunderung bleibt, bemerkte der Ingenieur kopfschüttelnd.
    – Was fürchtest Du sonst, Banks? fragte Oberst Munro.
    – O, nichts weiter… als daß diese Fanatiker den Weg versperren und uns aufhalten könnten.
    – Sei in jedem Falle vorsichtig! Mit derartigen Heiligen kann man nicht zart genug umgehen.
    – Gewiß!« stimmte Banks ihm bei.
    Dann rief er den Heizer.
    »Sind die Feuer bereit, Kâlouth?
    – Ja wohl!
    – So zünde an!
    – Ja, ja, zünd’ an, Kâlouth, wiederholte Kapitän Hod; heize darauf zu, daß unser Elephant seinen Athem von Dampf und Rauch den Pilgern in’s Gesicht speie!«
    Es war jetzt gegen halb vier Uhr Morgens. Die Maschine bedurfte nur einer halben Stunde, um Dampf zu haben. Die Feuer wurden also entzündet, das Holz knisterte auf dem Roste, und aus dem Rüssel des riesigen Elephanten, der bis in das Gezweig der hohen Bäume reichte, wirbelten schwarze Rauchwolken empor.
    Da kamen einzelne Gruppen von Hindus näher heran. Unter der Menge entstand eine allgemeine Bewegung. Bald sahen wir uns dicht umdrängt. Die ersten Reihen der Pilger hoben die Arme empor oder streckten sie nach dem Elephanten aus, Viele beugten sich nieder, fielen auf die Kniee oder warfen sich ganz zu Boden, jedenfalls als Ausdruck der Verehrung und Anbetung.
    Oberst Munro, Kapitän Hod und ich befanden uns inzwischen auf der Veranda, einigermaßen beunruhigt, wie weit der Fanatismus gehen werde. Auch Mac Neil war hinzugekommen und blickte schweigend hinaus. Banks hatte mit Storr in dem Thürmchen, welches das ungeheuere Thier trug, Platz genommen, von wo aus sie dasselbe nach Belieben in Gang setzen oder halten konnten.
    Um vier Uhr schon brodelte und schnaubte der Kessel. Dieses dumpfe Geräusch konnte von den Hindus wohl als das Grollen eines überirdischen Elephanten aufgefaßt werden. Der Manometer zeigte jetzt eine Spannung von fünf Atmosphären, und Storr ließ etwas Dampf durch die Ventile abblasen, was sich etwa so ausnahm, als dränge der letztere durch die Haut der gigantischen Pachyderme.
    »Wir haben vollen Dampf, Munro! rief Banks herab.
    – So fahr’ zu, Banks, aber vorsichtig und verletze Niemand!«
    Es war nun fast tageshell. Den längs des Phalgou hinauflaufenden Weg bedeckte die andächtige Menge, welche wenig Lust zeigte, uns Platz zu machen. Es erschien unter solchen Umständen freilich nicht so leicht, vorwärts zu fahren und Niemand zu beschädigen.
    Banks ließ einige Male die Dampfpfeife ertönen, worauf die Pilger mit wahrhaft höllischem Geheul antworteten.
    »Platz da! Aufgepaßt!« rief Banks laut und befahl dem Mechaniker, den Regulator ein wenig zu öffnen. Man

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