Das Dante-Ritual: Thriller ***Weihnachtsaktion*** (German Edition)
noch immer. Neben der Leiche lag das Tranchiermesser auf dem Boden. Ich habe es aufgehoben. Ich habe Pape die Augen ausgestochen.“
„Auf dem Messer waren nur Papes Fingerabdrücke und die Ihres Sohnes. Wieso haben Sie Handschuhe getragen, Herr Laurenz?“
„Das tue ich immer, wenn ich mit dem Wagen unterwegs bin. Ich war zu keinem klaren Gedanken fähig. Das müssen Sie mir glauben.“
„Ich glaube Ihnen.“ Rensing ignorierte Hagners erstaunten Blick von der Seite. „Was haben Sie dann getan?“
„Ich bin mit Frank ins Auto gestiegen und einfach losgefahren. Wohin, weiß ich nicht mehr. Irgendwann hat er zu reden begonnen. Ich musste ihm versprechen, niemandem zu erzählen, was wirklich passiert war. ‚Du bist nicht hier gewesen‘, hat er gesagt. Immer und immer wieder. ‚Was auch kommen mag, du bist nicht hier gewesen, Dad.‘“
„Ihren Sohn als drogensüchtigen Mörder dastehen zu lassen muss Ihnen das Herz zerrissen haben.“
„Ja“, hauchte Laurenz. „Aber er wollte es so.“
„Der Selbstmord ...?“
„Frank hat es mir gegenüber nicht angedeutet. Aber was hatte er denn noch zu erwarten gehabt? Seine Schmerzen wurden von Tag zu Tag schlimmer. Er musste immer stärkere Mittel nehmen. Pape konnte niemandem mehr etwas antun. Frank hatte mit seinem Leben abgeschlossen. Auch zwischen uns war alles gesagt. Ich hätte es sehen müssen.“
„Was ist mit Ihrer Frau?“
„Ich habe Annette alles erzählt. Sie steht zu mir. Es war der letzte Wille unseres Sohnes, und ich habe getan, was er von mir verlangt hat.“
„Haben Sie Ihren Sohn gerächt, Herr Laurenz? Haben Sie Walter Beekmann und Stefan Marcks getötet?“
„Nein. Das habe ich nicht.“ Laurenz straffte sich und hielt Rensings forschendem Blick stand. „Was werden Sie jetzt tun?“
Wieder spürte Rensing Hagners Blick.
„Fahren Sie nach Hause zu Ihrer Frau.“
Gesichter im Spiegel
Polizeimeister Volker Deiters fühlte sich an diesem Montagmorgen nicht sonderlich wohl in seiner Haut. Was zum einen auf die Schnittwunden an seinen Armen, die ihm seit der missglückten Observierung auf der Promenade noch immer zu schaffen machten, vor allem aber auf das universitäre Treiben um ihn herum zurückzuführen war. Zahllose kleine Genies wuselten durch die Gänge, durchforsteten Karteikästen und steckten ihre bebrillten Nasen in dicke Schwarten. Mal abgesehen vom Unterrichtsmaterial der polizeilichen Ausbildung, hatte Deiters seit Jahren kein Buch mehr in der Hand gehalten. Heute blätterte er nur noch in der Bild und ab und zu mal im Playboy. Eine ausgewogene Mischung aus Information und Titten.
Deiters nahm die Namensliste zur Hand, hakte Professor Hollich ab - seines Zeichens Dekan des Fachbereichs Philologie und langjähriger Weggefährte Walter Beekmanns - und las den letzten Eintrag auf seiner Liste: „Dr. Jan Lohoff, Philosophisches Seminar“. Er studierte seine Kopie des Lageplans der Universität, sah auf die Uhr und schlurfte los. Einer noch, dann hatte er es hinter sich.
Im Sekretariat erkundigte Deiters sich nach der Zimmernummer. Vor Lohoffs Büro angekommen, pustete er noch einmal durch und richtete den Sitz seiner Uniform. Gerade als er anklopfen wollte, öffnete sich die Tür des Büros links neben dem von Lohoff, und ein großgewachsener, muskelbepackter junger Mann, der Deiters´ Vorstellung eines Studenten so gar nicht entsprechen wollte, trat auf den Flur. Beim Anblick des uniformierten Polizisten schien der Muskelprotz zusammenzuzucken, fing sich aber sofort. Deiters las das Namensschild neben der Tür. Es war das Büro von Professor Beekmann.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte der Student.
„Ja“, entgegnete Deiters. „Indem Sie mir erklären, was Sie im Büro des Dekans zu suchen haben, zum Beispiel.“
Die Testosteronbombe lächelte. „Mein Name ist Thomas Geller. Ich bin Professor Beekmanns studentische Hilfskraft.“
„Glückwunsch, aber das ist keine Antwort auf meine Frage.“ Deiters ignorierte die ihm hingehaltene Hand. Ein wohliges Gefühl von Autorität breitete sich in ihm aus. „Was hatten Sie da drin zu suchen?“ wiederholte er und nickte in Richtung Bürotür.
„Professor Beekmann ist heute Morgen nicht zu seiner Vorlesung erschienen“, antwortete der Student kühl - sichtlich verärgert, den Bückling machen zu müssen. „Das Sekretariat hat mich gebeten, in seinem Büro nachzusehen.“
„Wonach?“
Thomas Geller zuckte mit den Schultern. „Ob er da ist? Ob er eine
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