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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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auch andere Fälle gefunden«, sagte er.
    »Ja, das habe ich schon von Oliver und von Maria Konig an der University of Washington gehört.«
    »Eigentlich habe nicht ich sie gefunden, sondern Leute, mit denen ich gesprochen habe. Ich selbst habe, gelinde gesagt, keinen Erfolg gehabt. Mein schlechter Ruf ist mir vorausgeeilt.«
    Brock winkte ab. »Als ich Sie in Ihrer Wohnung in Innsbruck angerufen habe, hatte ich Ihnen den Lapsus schon verziehen. Ich konnte die Sache nach vollziehen, und Ihre Geschichte klang glaubhaft.«
    »Danke«, sagte Mitch. Er war ehrlich gerührt.
    »Es tut mir Leid, dass ich damals noch nicht offen zu Ihnen war, aber ich hoffe, Sie verstehen meine Gründe.«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Mitch.
    »Was soll denn jetzt geschehen?«, fragte Daney. »Wird man die Befunde über die Mumien veröffentlichen?«
    »Ja«, sagte Brock. »Sie werden behaupten, es handele sich um Verunreinigungen, und die Mumien seien in Wirklichkeit gar nicht verwandt. Die Neandertaler wird man als Homo sapiens alpinensis bezeichnen und den Säugling nach Italien schicken, wo andere Spezialisten ihn untersuchen werden.«
    »Das ist doch lächerlich«, warf Mitch ein.
    »Allerdings, und sie werden mit dieser Täuschung auch nicht ewig davonkommen, aber ein paar Jahre lang werden die konservativen Hardliner die Oberhand behalten. Sie werden Informationen nach eigenem Gutdünken nur denen zukommen lassen, die mit ihnen einer Meinung sind und ihnen nicht an den Karren fahren – genau so, wie die eifersüchtigen Gelehrten mit den Schriftrollen vom Toten Meer verfahren sind. Sie wollen ihre Karriere durchziehen, ohne sich mit einer Revolution auseinander zu setzen, die sowohl sie als auch ihre Ansichten über den Haufen werfen würde.«
    »Unglaublich«, sagte Daney.
    »Nein, nur menschlich, und wir alle beschäftigen uns doch mit dem Menschlichen, nicht? Wurde unsere Frau nicht von jemandem verwundet, der nicht wollte, dass ihr Kind zur Welt kam?«
    »Das wissen wir nicht«, sagte Mitch.
    »Doch, ich weiß es«, erwiderte Brock. »Ich habe mir meine eigenen Reservate irrationalen Glaubens bewahrt, und sei es auch nur, um mich gegen die Eiferer zu verteidigen. Ist das nicht eine Traumsequenz, die auch Sie in dieser oder jener Form träumen, so als hätten wir diese Ereignisse direkt in unserem Blut abgespeichert?«
    Mitch nickte.
    »Vielleicht war das die eigentliche Erbsünde des Menschengeschlechts, dass unsere Vorfahren, die Neandertaler, den Fortschritt aufhalten und sich ihre einzigartige Stellung bewahren wollten …
    indem sie die neuartigen Kinder umbrachten. Die, aus denen wir hervorgegangen sind. Und tun wir jetzt nicht vielleicht das Gleiche?«
    Daney schüttelte den Kopf und gab ein leises Knurren von sich.
    Mitch beobachtete es mit einem gewissen Interesse und wandte sich dann wieder Brock zu. »Sie müssen doch die Ergebnisse der DNAAnalyse gesehen haben«, sagte er, »und die müssen doch auch der Kritik von anderen zugänglich sein.«
    Brock griff neben seinen Sessel, hob einen Aktenkoffer hoch und tippte viel sagend darauf. »Hier habe ich das ganze Material auf einer DVDROM. Riesige Grafikdateien, Tabellen, Befunde von verschiedenen Labors aus der ganzen Welt. Oliver und ich werden sie ins Internet stellen und über die Vertuschung berichten. Dann werden wir ja sehen.«
    »Wir möchten erreichen, dass all das größtmögliche Beachtung findet«, bemerkte Merton. »Wir möchten den schlüssigen Beweis liefern, dass die Evolution wieder an die Tür klopft.«
    Mitch biss sich auf die Lippen und ließ die Worte auf sich wirken. »Haben Sie schon mit Christopher Dicken gesprochen?«
    »Er hat mir gesagt, er könne mir nicht helfen«, erwiderte Merton.
    Mitch erschrak. »Als ich mich das letzte Mal mit ihm unterhalten habe, war er ganz begeistert, richtig tatendurstig.«
    »Er hat einen Sinneswandel durchgemacht. Wir müssen Dr. Lang mit ins Boot holen. Ich glaube, ich kann auch ein paar Leute von der University of Washington überzeugen, mit Sicherheit Dr. Konig und Dr. Packer, vielleicht sogar den einen oder anderen Evolutionsbiologen.« Daney nickte begeistert.
    Merton wandte sich wieder Mitch zu. Seine Lippen wurden schmal, und er räusperte sich. »Sie sehen aus, als wären Sie nicht einverstanden?«
    »Wir können die Sache doch nicht so angehen wie Erstsemester in einem Debattierklub.«
    »Und ich dachte immer, Sie seien ein altes Schlachtross«, sagte Merton schelmisch.
    »Falsch«, erwiderte Mitch.

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