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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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sich an die Stirn. Sie war ganz heiß. Auch im Magen war ihr übel. Holen Sie sich diese Grippe, dann können wir uns besuchen und vergleichen.
    Mitch stand mit den Händen in den Hosentaschen vor dem Restaurant und beobachtete die vorüberfahrenden Autos. Als er hörte, wie die schwere Holztür sich öffnete, drehte er sich um und lächelte sie an.
    »Ich habe Mrs. Hamilton angerufen«, sagte sie. »Sie wird ihr Kind bekommen.«
    »Sehr tapfer.«
    »Die Menschen bekommen schon seit Jahrmillionen Kinder«, erwiderte Kaye.
    »Ja, ja. Nichts leichter als das.« Dann fragte er: »Wo möchtest du heiraten?«
    »Wie wär’s mit Columbus?«
    »Wie wär’s mit Morgantown?«
    »Warum nicht«, sagte Kaye.
    »Wenn ich noch länger darüber nachdenke, bin ich irgendwann völlig daneben.«
    »Das bezweifle ich.« An der frischen Luft fühlte Kaye sich besser.
    Sie fuhren zur Spruce Street, wo Mitch bei der Monongahela Florist Company zwölf rote Rosen für Kaye kaufte. Sie spazierten um das Gebäude des Kreisrates und ein Seniorenzentrum herum, überquerten die High Street und strebten dem Glockenturm des Bezirksgerichts mit seinem Fahnenmast zu. Unter der breiten Krone eines Ahornbaumes blieben sie stehen und studierten die beschrifteten Pflastersteine, die sich quer über den Platz vor dem Gericht zogen.
    »›In liebevollem Gedenken an James Crutchfield, 11 Jahre‹«, las Kaye vor. Der Wind raschelte in den Ahornzweigen und ließ die grünen Blätter flüstern wie leise Stimmen oder alte Erinnerungen.
    »›Für May Ellen Baker, fünfzig Jahre lang meine große Liebe‹«, zitierte Mitch.
    »Glaubst du, wir kommen so lange miteinander zurecht?«, fragte Kaye.
    Mitch lächelte und griff nach ihrer Schulter. »Ich war noch nie verheiratet«, erwiderte er, »und vielleicht bin ich naiv. Ich würde sagen: ja.« Sie gingen durch den steinernen Torbogen zum rechten Turm und traten durch die zweiflügelige Tür.
    Drinnen, im Büro des Urkundsbeamten, einem langen Raum voller Bücherregale und Tische mit den riesigen, schwarzgrün eingebundenen Grundbüchern, erhielten sie die notwendigen Papiere, und man sagte ihnen, wo sie die Blutuntersuchung machen lassen konnten.
    »Es ist ein Gesetz dieses Bundesstaates«, erklärte die ältliche Beamtin, die hinter einem breiten hölzernen Schreibtisch saß. Sie lächelte weise. »Sie werden auf Syphilis, Gonorrhöe, HIV und jetzt auch SHEVA untersucht. Vor ein paar Jahren gab es Bestrebungen, den obligatorischen Bluttest abzuschaffen, aber heute ist alles anders. Sie müssen drei Tage warten, dann können Sie in der Kirche oder beim Kreisrichter in jedem Bezirk des Staates heiraten. Das sind ja wunderschöne Rosen, Liebchen.« Sie griff nach der Brille, die sie an einer goldenen Kette um den Hals hängen hatte, und musterte die Blumen eingehend. »Ein Altersnachweis ist nicht erforderlich. Warum haben Sie so lange gebraucht?«
    Sie gab ihnen die Formulare für Antrag und Blutuntersuchung.
    »Hier bekommen wir keinen Trauschein«, sagte Kaye, als sie das Gebäude verließen. »Den Test bestehen wir nicht.« Sie ruhten sich auf einer hölzernen Bank unter den Ahornbäumen aus. Es war jetzt vier Uhr nachmittags, und der Himmel bewölkte sich zusehends. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter.
    Mitch streichelte ihre Stirn. »Du bist ganz heiß. Stimmt etwas nicht?«
    »Nur der Beweis für unsere Leidenschaft.«
    Kaye roch an den Blumen. Als die ersten Regentropfen fielen, hob sie die Hand und sagte: »Ich, Kaye Lang, nehme dich, Mitchell Rafelson, in dieser Zeit der Wirren und des Aufruhrs zu meinem rechtmäßigen Ehemann.«
    Mitch starrte sie an.
    »Heb’ die Hand, wenn du mich willst«, sagte sie.
    Es wurde Mitch sofort klar: jetzt oder nie. Er griff nach ihrer Hand und machte sich die Bedeutung des Augenblicks bewusst.
    »Ich nehme dich zu meiner Frau, in guten und in schlechten Tagen, für immer und ewig, um dich zu lieben und zu ehren, ob sie Raum in der Herberge haben oder nicht, Amen.«
    »Ich liebe dich, Mitch.«
    »Ich liebe dich, Kaye.«
    »Gut«, sagte sie. »Jetzt bin ich deine Frau.«
    Als sie Morgantown in südwestlicher Richtung verließen, sagte Mitch: »Weißt du, ich glaube daran. Ich glaube wirklich, dass wir jetzt verheiratet sind.«
    »Und nur das zählt«, erwiderte Kaye und rückte auf der breiten Sitzbank näher zu ihm.
    Abends, am Rand von Clarksburg, liebten sie sich auf dem kleinen Bett eines düsteren Motelzimmers mit Wänden aus Hohlziegeln. Der Frühlingsregen

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