Das Darwin-Virus
Löchern, die mit nackter Erde gefüllt waren, Beton und aufragenden Wäldern aus Moniereisen.
»Alles in Ordnung?«, fragte Dicken.
»Nein«, sagte sie. »Ich bin niedergeschmettert.«
»Wir müssen uns daran gewöhnen. Es geschieht überall.«
»Die Frauen haben sich alle freiwillig gemeldet?«
»Natürlich. Wir zahlen die medizinische Behandlung und einen Tagessatz. Zu so etwas kann man selbst im Fall des nationalen Notstandes niemanden zwingen.«
»Warum dürfen die Ehemänner sie nicht besuchen?«
»Das dürfte meine Schuld sein«, sagte Dicken. »Auf unserer letzten Besprechung habe ich über Anhaltspunkte berichtet, wonach die Herodes-Grippe auch ohne sexuelle Betätigung zu einer zweiten Schwangerschaft führt. Die Mitteilung geht heute Abend an alle beteiligten Wissenschaftler.«
»Was für Anhaltspunkte? Du liebe Güte, reden wir hier von unbefleckter Empfängnis?« Kaye stemmte die Hände in die Hüften, drehte sich um und sah ihn durchdringend an. »Dieser Sache sind Sie auf der Spur, seit wir uns in Georgien kennen gelernt haben, stimmt’s?«
»Schon vor Georgien. Ukraine, Russland, Türkei, Aserbeidschan, Armenien. In diesen Ländern ist die Herodes-Grippe vor zehn, zwanzig Jahren ausgebrochen, vielleicht sogar noch früher.«
»Dann haben Sie meine Artikel gelesen, und auf einmal passte alles zusammen? Sie sind also so eine Art wissenschaftlicher Geheimagent?«
Dicken verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Wohl kaum.«
»Und ich bin der Auslöser?«, fragte Kaye ungläubig.
»So einfach ist das nicht, Kaye.«
»Es wäre mir sehr Recht, wenn man mich auf dem Laufenden halten würde, Chris.«
»Christopher, bitte.« Er wirkte unangenehm berührt und kleinlaut.
»Es wäre mir sehr Recht, wenn Sie mich auf dem Laufenden halten würden. Sie laufen hier ständig wie ein Schatten hinter mir her – was glauben Sie wohl, warum ich Sie für einen der wichtigsten Leute in der Taskforce halte?«
»Danke, aber das ist eine weit verbreitete Fehleinschätzung«, sagte er mit gequältem Lächeln. »Ich versuche, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, aber ich glaube, das gelingt mir nicht.
Manchmal, wenn die Belege stichhaltig sind, hören sie mir zu, und in diesem Fall ist es so – Berichte aus armenischen Krankenhäusern, sogar aus ein paar Kliniken in Los Angeles und New York.«
»Christopher, wir haben noch zwei Stunden bis zur nächsten Besprechung«, sagte Kaye. »Seit zwei Wochen hänge ich jetzt in Konferenzen über SHEVA. Die glauben, ich hätte da meine ökologische Nische gefunden. Ein gemütliches kleines Plätzchen, wo ich nach anderen HERV suchen kann. Marge hat mir in Baltimore ein hübsches Labor eingerichtet, aber … ich glaube nicht, dass die Taskforce mich wirklich gebrauchen kann.«
»Dass Sie zu Americol gegangen sind, hat Augustine wirklich durcheinander gebracht. Ich hätte Sie warnen sollen.«
»Also werde ich mich auf die Arbeit für Americol konzentrieren müssen.«
»Das wäre nicht schlecht. Die haben das Geld, und es sieht so aus, als ob Marge Sie mag.«
»Ich wüsste gern mehr darüber, wie es … an der Front aussieht?
Sagt man so?«
»An der Front«, bestätigte Dicken. »Manchmal sagen wir, jetzt gehen wir zu den richtigen Soldaten, zu denen, die krank werden.
Wir sind nur Arbeiter; sie sind die Soldaten. Für Leiden und Sterben sind vor allem sie zuständig.«
»Ich fühle mich wie ein Zaungast. Reden Sie überhaupt mit Außenstehenden?«
»Aber mit Vergnügen«, erwiderte Dicken. »Sie wissen doch, wogegen ich hier kämpfe, oder?«
»Gegen die Mühlen der Bürokratie. Die glauben, sie wüssten, was die Herodes-Grippe ist. Aber … eine zweite Schwangerschaft, und das ohne Sex!« Kaye spürte ein leichtes Frösteln.
»Das haben sie schon begriffen«, sagte Dicken. »Heute Nachmittag werden wir über einen möglichen Mechanismus reden. Sie wollen alle Karten auf den Tisch legen.« Er verzog das Gesicht wie ein kleiner Junge, der ein schlimmes Geheimnis verbirgt. »Wenn Sie allerdings Fragen stellen, die ich nicht beantworten kann oder darf …«
Aufgebracht ließ Kaye die Hände von den Hüften fallen. »Und was sind die Fragen, die Augustine nicht stellt? Was ist, wenn wir völlig falsch liegen?«
»Genau das ist die Frage«, erwiderte Dicken. »Genau das, Kaye.
Ich wüsste, dass Sie es verstehen würden. Während wir über alle möglichen Wenns reden … Haben Sie etwas dagegen, dass ich Ihnen mein Herz ausschütte?«
Bei dieser Aussicht
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