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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Scham, Unwissen, Schweigen.«
    »Glauben Sie, die Kinder sind wegen SHEVA mutiert?«
    »Nach dem ärztlichen Bericht behaupteten viele der getöteten Frauen, sie hätten die sexuellen Beziehungen zu ihren Ehemännern oder Geliebten völlig eingestellt. Sie wollten keine Satanskinder zur Welt bringen. Sie hatten von den mutierten Kindern in anderen Dörfern gehört, und nachdem sie Fieber und eine Fehlgeburt gehabt hatten, wollten sie nicht noch einmal ein Kind. Aber fast alle Frauen waren dreißig Tage nach der Fehlgeburt wieder schwanger, ganz gleich, was sie getan oder gelassen hatten. Das Gleiche, was jetzt auch manche Krankenhäuser bei uns berichten.«
    Kaye schüttelte den Kopf. »Das ist so völlig unglaublich!«
    Dicken zuckte die Achseln. »Es wird auch nicht glaubhafter oder einfacher werden. Ich bin schon seit einiger Zeit überzeugt, dass SHEVA keine Krankheit im üblichen Sinne ist.«
    Kaye presste die Lippen zusammen. Sie stellte ihre Kaffeetasse ab und verschränkte die Arme; ihr fiel die Unterhaltung mit Drew Miller in dem Restaurant in Boston ein, und wie Saul gesagt hatte, es sei an der Zeit, sich mit Evolution zu befassen. »Vielleicht ist es ein Zeichen«, sagte sie.
    »Was für ein Zeichen?«
    »Ein Schlüssel, der eine abgelegte genetische Information zugänglich macht, die Anweisungen für einen neuen Phänotyp.«
    »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz«, sagte Dicken mit gerunzelter Stirn.
    »Irgendetwas hat sich über Tausende, über Zehntausende von Jahren angesammelt. Vermutungen, Hypothesen, die mit diesem oder jenem Merkmal zu tun haben, Weiterentwicklungen eines ziemlich starren Bauplans.«
    »Wozu?«, fragte Dicken.
    »Evolution.«
    Dicken schob seinen Stuhl zurück und legte die Hände auf die Schenkel. »Oha.«
    »Sie haben selbst gesagt, es ist keine Krankheit«, erinnerte ihn Kaye.
    »Ich habe gesagt, es ist keine Krankheit, wie ich sie kenne.
    Aber es ist immerhin ein Retrovirus.«
    »Sie haben doch meine Artikel gelesen, oder?«
    »Ja.«
    »Da habe ich ein paar Anspielungen fallen lassen.«
    Dicken überlegte. »Ein Katalysator.«
    »Er produziert es, wir bekommen es, wir leiden«, sagte Kaye.
    Dicken errötete. »Ich versuche, keine MännerFrauenGeschichte daraus zu machen«, sagte er. »Von der Sorte haben wir ohnehin schon zu viel.«
    »Tut mir Leid«, sagte Kaye. »Vielleicht versuche ich nur, die eigentliche Frage zu umgehen.«
    Dicken war offenbar zu einer Entscheidung gelangt. »Ich überschreite jetzt meine Kompetenzen und zeige Ihnen etwas.« Er wühlte in seiner Reisetasche und brachte den Ausdruck einer EMail aus Atlanta zum Vorschein. Am Ende der Nachricht waren vier kleine Bilder angefügt.
    »In der Nähe von Atlanta ist eine Frau durch einen Autounfall ums Leben gekommen. Bei der Obduktion im Northside Hospital stellte einer unserer Pathologen fest, dass sie im ersten Schwangerschaftsdrittel war. Er untersuchte das Ungeborene – eindeutig ein HerodesFetus. Dann untersuchte er die Gebärmutter der Frau.
    Dort fand er an der Plazentabasis eine zweite, sehr frühe Schwangerschaft. Sie war durch eine dünne Schicht Laminagewebe geschützt. Die Plazenta hatte sich bereits abgelöst, aber die zweite Eizelle war unversehrt. Sie hätte die Fehlgeburt überlebt. Und einen Monat später …«
    »Ein Enkelkind«, sagte Kaye. »Abgegeben von der …«
    »Zwischentochter. Eigentlich nur von einem spezialisierten Eierstock. Der erzeugt eine zweite Eizelle, und die nistet sich in der Gebärmutterwand der Mutter ein.«
    »Und was ist, wenn ihre Eizellen, die Eizellen der Tochter, anders sind?«
    Dicken hatte mittlerweile einen trockenen Hals und musste husten. »Entschuldigung.« Er stand auf und holte sich einen Becher Wasser; dann kam er zwischen den Tischen zurück und setzte sich neben Kaye.
    Ganz langsam fuhr er fort. »SHEVA sorgt für die Ausschüttung eines Polyproteinkomplexes, der im Cytosol außerhalb des Zellkerns zerfällt. LH, FSH, Prostaglandine.«
    »Ich weiß. Judith Kushner hat es mir erzählt«, sagte Kaye mit schwacher Stimme. »Manche davon sind die Auslöser der Fehlgeburt. Andere könnten die Eizelle beträchtlich verändern.«
    »Mutationen?«, fragte Dicken, der immer noch an den Trümmern der alten Lehrmeinung hing.
    »Ich weiß nicht genau, ob das der richtige Ausdruck ist«, erwiderte Kaye. »Es klingt so bösartig und zufällig. Nein. Wahrscheinlich haben wir es mit einer anderen Art der Fortpflanzung zu tun.«
    Dicken trank seinen Becher Wasser

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