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Das Darwin-Virus

Das Darwin-Virus

Titel: Das Darwin-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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östlich davon war eine verwitterte Gesteinsschicht abgestürzt; die großen Brocken verteilten sich über den ganzen Abhang bis zum Flussufer.
    Eileen Ripper stand am Westrand des Abhanges vor einer mit Pfosten markierten Reihe exakt gegrabener, quadratischer Gruben, die mit einem topometrischen Gitternetz aus Drähten und Seilen versehen waren. Sie war Ende vierzig, klein und dunkel, mit tief liegenden, schwarzen Augen und einer schmalen Nase; auffällig schön waren ihre üppigen Lippen, die einen reizvollen Kontrast zu dem kurzen, ungebändigten Schopf aus graumelierten Haaren bildeten.
    Auf Mertons Ruf hin drehte sie sich um. Sie lächelte aber nicht und rief auch nicht zurück, sondern setzte eine entschlossene Miene auf, stieg behutsam die Böschung hinunter und streckte Mitch die Hand hin. Er schüttelte sie energisch.
    »Gestern früh sind die Radiokarbonbefunde gekommen«, sagte sie. »Sie sind dreizehntausend Jahre alt, plusminus fünfhundert …
    und wenn sie viel Lachs gegessen haben, sind sie zwölftausendfünfhundert Jahre alt. Aber die Leute von den Fünf Stämmen behaupten, die westliche Wissenschaft würde sie ihrer letzten Würde berauben. Ich dachte, ich könnte vernünftig mit ihnen reden.«
    »Zumindest hast du dir Mühe gegeben«, sagte Mitch.
    »Ich muss mich entschuldigen, dass ich dich so hart verurteilt habe, Mitch. Ich habe lange die Nerven behalten, obwohl es schon kleinere Anzeichen für Schwierigkeiten gab, und dann kommt diese Frau, Sue Champion … ich dachte, wir wären Freundinnen.
    Sie berät die Stämme. Gestern kam sie hier mit zwei Männern an.
    Die Männer waren so … so blasiert, Mitch. Wie kleine Jungen, von denen einer höher pissen kann als der andere. Und dann sagen sie mir, ich würde Befunde fälschen, um meine Lügen zu begründen. Sie sagen, sie hätten Recht und Gesetz auf ihrer Seite.
    Unser alter Fluch, das NAGPRA.«
    Die Abkürzung bedeutete Native American Graves Protection and Repatriation Act – Gesetz zum Schutz und zur Repatriierung der Gräber amerikanischer Ureinwohner. Mitch war mit seinen Vorschriften in allen Einzelheiten vertraut.
    Merton stand auf der rutschigen Böschung, versuchte, nicht abzugleiten, und ließ kleine, scharfe Blicke zwischen ihnen hin- und herwandern.
    »Was für Befunde hast du denn gefälscht?«, fragte Mitch leichthin.
    »Mach’ keine Witze.« Aber Rippers Gesicht entspannte sich, und sie hielt Mitchs Hand zwischen den ihren. »Wir haben Kollagen aus den Knochen entnommen und nach Portland geschickt.
    Dort haben sie eine DNAAnalyse gemacht. Unsere Knochen gehören zu einer anderen Population. Mit den heutigen Indianern sind sie überhaupt nicht verwandt, und zu der Mumie von Spirit Cave besteht nur eine entfernte Beziehung. Weiße, wenn wir diesen ungenauen Ausdruck verwenden wollen. Aber wohl nicht nordisch. Eher Ainu, glaube ich.«
    »Das ist ja von historischer Bedeutung, Eileen«, sagte Mitch.
    »Großartig. Herzlichen Glückwunsch!«
    Nachdem Ripper einmal zu reden angefangen hatte, konnte sie offenbar nicht mehr aufhören. Sie gingen den Pfad hinunter zu den Zelten. »Wir können sie nicht einmal ansatzweise mit den heutigen Rassen vergleichen. Deshalb ist es so empörend! Wir lassen zu, dass unsere verdrehten Vorstellungen von Rasse und Identität die Wahrheit vernebeln. Die Bevölkerungsgruppen waren damals völlig anders. Aber die heutigen Indianer stammen nicht von den Menschen ab, zu denen unsere Skelette gehören. Vielleicht standen sie in Konkurrenz zu den Vorfahren der Indianer und haben verloren.«
    »Die Indianer haben gewonnen?«, fragte Merton. »Darüber müssten sie sich doch eigentlich freuen.«
    »Sie glauben, ich wollte sie politisch auseinander dividieren. Wie es wirklich war, interessiert sie nicht. Sie wollen ihre eigene kleine Traumwelt und scheißen auf die Wahrheit.«
    »Wem sagst du das?«, fragte Mitch.
    Ripper lächelte unter den Tränen der Enttäuschung und Erschöpfung. »Man hat den Fünf Stämmen geraten, sie sollten sich an das Bundesgericht in Seattle wenden, um die Skelette zu bekommen.«
    »Wo sind die Knochen jetzt?«
    »In Portland. Wir haben sie auf der Stelle verpackt und gestern abtransportiert.«
    »Über die Staatsgrenze?«, fragte Mitch. »Das ist Kidnapping.«
    »Besser als herumzusitzen und auf eine Horde Anwälte zu warten.« Sie schüttelte den Kopf, und Mitch legte ihr den Arm um die Schultern. »Ich wollte doch alles richtig machen, Mitch.« Sie wischte sich mit der

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