Das Dekameron
gewesen war. Es saß nämlich unter diesem Salbeibusch eine Kröte von erstaunlicher Größe, deren giftiger Hauch, wie alle vermuteten, die Pflanze vergiftet hatte. Da nun aber niemand den Mut hatte, sich der Kröte zu nähern, schichtete man ringsum Reisig auf und verbrannte sie darin mitsamt dem Salbei.
So endete die Untersuchung des Herrn Richters über den Tod des armen Pasquino. Er und seine Simona wurden, geschwollen wie sie waren, von Stramba, Atticciato, Guccio Imbratta und dem Malagevole in der Kirche San Paolo, zu welcher Pfarre die Verstorbenen gehört hatten, zur Erde bestattet.
Achte Geschichte
Girolamo liebt Salvestra. Die Bitten seiner Mutter nötigen ihn, nach Paris zu gehen, und als er zurückkommt, findet er seine Geliebte verheiratet. Er schleicht sich verstohlen in ihr Haus und stirbt an ihrer Seite. Die Leiche wird in eine Kirche getragen, und Salvestra sinkt tot neben ihr nieder.
Die Geschichte der Emilia war zu Ende gediehen, als Neifile auf Befehl des Königs also begann:
Nach meinem Dafürhalten, ihr werten Damen, gibt es Leute, die sich zwar größere Klugheit als allen ändern zuschreiben, in der Tat aber deren weniger besitzen. Darum sind sie denn übermütig genug, nicht allein menschlichen Ratschlägen, sondern auch dem natürlichen Lauf der Dinge ihre Weisheit entgegenzusetzen, woraus schon öfter die schlimmsten Übel erwuchsen, niemals aber das mindeste Gute erfolgt ist. Weil nun aber die Liebe noch weniger als alle übrigen Naturtriebe sich durch Rat und Widerstreben beherrschen läßt und ihrem Wesen nach sich eher in sich selbst verzehrt als durch menschliche Vorkehrungen vertilgt werden kann, bin ich gesonnen, euch von einer Frau zu erzählen, die, während sie weiser sein wollte, als sie war und als es sich für sie schickte, ja weiser, als es sich mit der Angelegenheit vertrug, in der sie ihren Scharfsinn zu zeigen gedachte, statt dem verliebten Herzen die Liebe zu entreißen, welche vielleicht die Sterne darein gesät hatten, nur das erlangte, daß sie Liebe und Leben zugleich aus dem Körper ihres Sohnes vertrieb.
In unserer Stadt lebte, wie die Bejahrteren uns erzählen, vor Zeiten ein großer und sehr begüterter Kaufmann namens Leonardo Sighieri, der bald, nachdem seine Frau ihm einen Knaben geboren hatte, welcher Girolamo genannt wurde, seine letzten Verfügungen traf und aus der Welt ging. Die Vormunde des Kindes verwalteten in Gemeinschaft mit dessen Mutter seine Angelegenheiten treu und redlich. Der Knabe wuchs mit den Kindern der Nachbarn auf; mit keinem von der Straße, in welcher sie wohnten, wurde er aber so vertraut wie mit einem Mädchen seines Alters, der Tochter eines Schneiders. Als nun beide an Alter Zunahmen, verwandelte sich die Gewohnheit des Umgangs in so große und heftige Liebe, daß Girolamo sich nur so lange wohlfühlte, als er das Mädchen sah. Auf der ändern Seite liebte auch sie ihn gewiß nicht minder, als sie von ihm geliebt ward.
Sobald die Mutter des Knaben diese Neigung bemerkt hatte, schalt und züchtigte sie ihn deshalb oft. Als aber Girolamo es doch nicht lassen konnte, beschwerte sie sich bei den Vormunden darüber und sagte zu ihnen in der törichten Meinung, bei dem großen Reichtum ihres Sohnes könne sie einen Mohren weiß waschen: »Unser Girolamo ist kaum erst vierzehn Jahre alt und hat sich in eine Schneiderstochter aus unserer Nachbarschaft, die Salvestra heißt, schon so verliebt, daß ich immer fürchte, wenn wir sie ihm nicht aus den Augen bringen, nimmt er sie einmal ohne jemandes Vorwissen sich zur Frau und betrübt mich dadurch mein ganzes Leben lang. Sieht er sie dagegen an einen ändern verheiratet, so wird er sich um ihretwillen ganz verzehren. Und so dächte ich, ihr tätet gut daran, wenn ihr ihn, um beides zu vermeiden, in den Angelegenheiten des Handelshauses nach irgendeinem entlegenen Ort schicktet. Entbehrt er ihren Anblick, so wird er sie sich schon aus dem Sinne schlagen, und dann können wir ihm ein Mädchen von guter Abkunft zur Frau geben.«
Die Vormunde billigten die Rede der Mutter und versprachen, nach ihren Kräften so zu handeln. Sie ließen daher den Knaben zu sich in das Gewölbe rufen, und einer unter ihnen sprach gar freundlich zu ihm: »Mein Sohn, du fängst nachgerade an, groß zu werden, und da ziemt es sich, daß du selbst lernst, in deinen Angelegenheiten nach dem Rechten zu sehen. Deshalb wäre es uns denn sehr lieb, wenn du eine Zeitlang in Paris verweilen wolltest, wo
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