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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Wünschen zurückgekehrt, fing wieder an, die Gevatterin häufig zu besuchen und sie, als ihm der Mut wuchs, mit heftigerem Dringen als zuvor um das zu ersuchen, was er von ihr wünschte. Die gute Frau, welche sich so bedrängt sah und welcher Bruder Rinaldo jetzt vielleicht besser gefiel als zuvor, nahm eines Tages, als sie sich wieder sehr von ihm verfolgt sah, ihre Zuflucht zu dem, wohin alle flüchten, die den Wunsch haben, das, worum sie gebeten, zu bewilligen, und sprach: »Wie, Bruder Rinaldo, tun denn auch Mönche dergleichen?« Hierauf entgegnete der Pater: »Madonna, werfe ich nur die Kutte von mir, so scheine ich Euch gewiß ein Mensch wie jeder andere und wahrlich kein Mönch mehr.« Die Frau spitzte den Mund, als wollte sie lachen, und erwiderte: »Ich Ärmste, Ihr seid ja mein Gevatter, wie ginge das an? Es wäre gar übel getan, und ich habe oft gehört, daß auch diese Sünde allzu schwer ist. Wäre das nicht, fürwahr, ich täte, was Ihr wollt.« »Ihr seid eine Törin«, entgegnete Rinaldo hierauf, »wenn Ihr es nur darum nicht tun wollt.
    Ich sage nicht, daß es nicht sündhaft sei; aber Gott vergibt größere Fehler, wenn man sie bereut. Nun aber sagt mir, wer ist näher mit Eurem Sohne verwandt, ich, der ihn über die Taufe hielt, oder Euer Mann, der ihn erzeugte?« Die Frau erwiderte: »Mein Gatte ist ihm allerdings näher verwandt.« »Ihr sagt die Wahrheit«, erwiderte der Mönch, »schläft nun etwa Euer Mann nicht bei Euch?« »Allerdings tut er es«, erwiderte die Frau. »Nun denn«, sprach der Mönch, »so kann auch ich, der ich mit Eurem Sohn viel weniger verwandt bin als Euer Mann, bei Euch schlafen, so gut wie dieser.«
    Die Frau, welche wenig Logik verstand und überdies nur noch geringer Überredung bedurfte, glaubte oder tat wenigstens, als glaubte sie, was der Mönch sagte, und entgegnete: »Wer wüßte auf Eure klugen Reden wohl zu antworten?« Dann ergab sie, der Gevatterschaft zum Trotz sich darein, zu tun, was er begehrte, und nicht nur für dieses ein Mal fingen sie damit an, sondern von dem Deckmantel der Gevatterschaft gemächlich geschützt - da ja hierdurch der Argwohn geringer ward -, fanden sie sich mehr und öfter zusammen.
     
    Doch einmal unter ändern geschah es, daß Bruder Rinaldo, als er zu dem Hause der Frau kam, niemand dort antraf als deren junge Magd, die ganz hübsch und zutraulich war, und seinen Begleiter mit ihr nach dem Taubenschlag schickte, damit er ihr dort das Vaterunser beibringe, während er mit der Frau, die ihren kleinen Sohn an der Hand hatte, in eine Kammer trat, sich darin einschloß und auf einem Ruhebett, das dort stand, mit ihr seinen Scherz zu treiben anfing. Während sie aber so miteinander ihre Lust hatten, begab es sich, daß der Gevatter heimkehrte und, ohne von jemand gehört worden zu sein, bis an die Kammertür gelangte, dort anklopfte und seine Frau rief.
    Als Frau Agnese dies hörte, rief sie aus: »Ich bin verloren! Da ist mein Mann, und sicher wird er jetzt gewahr, was der Grund unserer Vertraulichkeit ist.« Bruder Rinaldo war entkleidet, das heißt ohne Kutte und Skapulier im bloßen Unterkleide. »Ihr habt recht«, entgegnete er, als er dies hörte, »wäre ich nur angekleidet, so fänden wir wohl irgendein Mittel; doch öffnet Ihr ihm und er findet mich so, gibt es keine Ausflüchte.« Die Frau, von einem plötzlichen Einfall erleuchtet, erwiderte: »Zieht Euch nur an, und wenn Ihr damit fertig seid, nehmt Euer Patenkindchen auf den Arm und gebt wohl acht, was ich sagen werde, so daß Eure Reden mit den meinen übereinstimmen; dann aber laßt mich nur machen.«
    Der gute Mann hatte noch nicht aufgehört zu klopfen, als die Frau ihm antwortete: »Ich komme ja schon.« Dann stand sie auf, trat mit einem freundlichen Gesicht an die Kammertür, öffnete sie und sprach: »Liebster Mann, denk dir nur, Bruder Rinaldo, unser Gevatter, ist gekommen, und gewiß von Gott uns zugeschickt; denn wahrhaftig, wäre er heute nicht dazugekommen, hätten wir unseren Sohn verloren.« Als der gute Pinsel dies hörte, geriet er fast außer sich und rief: »Was sagst du da?« »Ach ja, lieber Mann«, sprach die Frau, »vorhin ist er mir plötzlich so schwach geworden, daß ich schon glaubte, er wäre tot. Ich hätte ja nicht gewußt, was tun oder sagen, wäre unser Gevatter Rinaldo nicht dazugekommen. Der nahm ihn gleich auf den Arm und sagte: >Gevatterin, das sind nur die Würmer, die er im Leibe hat, die ihm ans Herz herankriechen und ihn leicht

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