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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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und wenn ich dann tot darin gefunden werde, so wird niemand etwas anderes glauben, als daß du in deiner Trunkenheit mich hineingestürzt hast; dann wirst du entweder fliehen müssen und verlieren, was du besitzt, und in der Verbannung leben, oder man wird dir als meinem Mörder, wie du es dann wirklich gewesen sein wirst, den Kopf abschlagen.«
    Doch auch diese Worte brachten Tofano nicht von seinem törichten Entschluß ab. Deshalb rief die Frau denn aus: »Nun, ich kann dein widerwärtiges Beginnen nicht länger ertragen. Gott verzeihe dir. Laß meinen Spinnrocken wegnehmen, ich lasse ihn hier.« Dies gesagt, ging sie durch die Nacht, welche so finster war, daß man einander auf der Straße kaum sehen konnte, zu dem Brunnen hin, ergriff einen mächtigen Stein, der unten an der Einfassung lag, rief noch einmal: »Gott, verzeihe mir!« und ließ den Stein in den Brunnen hinabfallen. Als Tofano das gewaltige Geräusch hörte, das der Stein machte, da er auf das Wasser prallte, glaubte er zuversichtlich, seine Frau habe sich hineingestürzt. Schnell ergriff er daher Strick und Eimer und rannte, um sie zu retten, aus dem Hause und zum Brunnen.
    Die Frau, welche sich unterdessen nahe der Haustür versteckt gehalten hatte, schlüpfte, sobald sie ihn auf den Brunnen zueilen sah, leise in das Haus, schloß sich darin ein, trat dann ans Fenster und sagte: »Wasser soll man zugießen, solange man trinkt, nicht hinterdrein in der Nacht.« Als Tofano das hörte, erkannte er den Possen, den sie ihm gespielt, und kehrte zur Türe zurück. Da er jedoch nicht ins Haus konnte, begann er der Frau zuzurufen, daß sie ihm öffnen möchte. Sie aber hörte jetzt auf, leise zu sprechen, wie sie erst getan, und erwiderte ihm mit lauter Stimme und fast schreiend: »Gottes Kreuz, widerwärtiger Trunkenbold, du kommst diese Nacht nicht ins Haus. Ich kann deine schlechten Manieren nicht länger ertragen. Jedermann soll nun erfahren, was du für einer bist und zu welcher Nachtstunde du nach Hause kommst.«
    Tofano, nicht weniger erzürnt, fing nun seinerseits zu lärmen an und die Frau zu schmähen. Die Nachbarn, Männer und Frauen, standen über dem Lärm auf, stürzten an die Fenster und fragten, was es denn gäbe. Nun begann die Frau zu weinen und rief: »Der Schändliche ist's, der mir jeden Abend betrunken nach Hause kommt oder in den Schenken schläft und dann zu dieser Stunde heimkehrt. Lange genug hab ich's ertragen. Weil es aber nichts geholfen hat, habe ich ihm die Schande machen müssen, ihn auszusperren, um zu sehen, ob ihn das nicht bessern wird.« Tofano, der Tölpel, erzählte seinerseits, wie die Sache wirklich gewesen war, und drohte nur heftig. Aber die Frau rief ihren Nachbarn zu: »Nun seht nur, was das für ein Mensch ist! Was sagtet ihr wohl, wenn ich auf der Straße stünde wie er und er im Hause wäre wie ich? Gottestreu, ich zweifle nicht, daß ihr glaubtet, er sagte die Wahrheit. Daran aber könntet ihr seinen Sinn erkennen. Gerade behauptet er, daß ich getan hätte, was er getan haben mag. Er wollte mich schrecken, indem er, ich weiß nicht was, in den Brunnen warf; aber wollte Gott, er hätte sich wirklich hineingestürzt und wäre darin ertrunken. Wäre doch dann der Wein, den er zuviel getrunken, gehörig gewässert worden.«
    Nun fingen alle Nachbarn, Männer und Frauen, an, auf Tofano zu schelten, ihm unrecht zu geben und ihn dessentwegen laut zu schmähen, was er gegen seine Frau vorbrachte. Kurz, so rasch stieg der Lärm und verbreitete sich das Gerücht von Nachbar zu Nachbar, daß es endlich zu den Verwandten der Frau gelangte. Diese eilten herbei und nahmen, nachdem sie die Sache von einem und dem ändern Nachbarn vernommen hatten, den armen Tofano in die Mitte und prügelten ihn so herzhaft, daß ihm fast die Glieder zerbrachen. Dann traten sie ins Haus, nahmen die Sachen der Frau, führten sie mit sich hinweg und drohten Tofano noch Schlimmeres an.
    Tofano sah nun wohl, daß er übel angekommen war, und erkannte, wohin seine Eifersucht ihn geführt. Mit Mühe nur gewann er, da er seine Frau von Herzen liebte, einige vermittelnde Freunde und brachte es endlich dahin, daß er in Frieden die Frau in sein Haus zurückbekam. Dieser gelobte er nun, nie wieder eifersüchtig zu sein, und gestattete ihr überdies, ganz ihrem Vergnügen nachzugehen, jedoch so vorsichtig, daß er es nicht gewahr würde. Und so verfuhr er nach dem Sprichwort: »Der dumme Bauersmann nimmt erst die Prügel und verträgt sich dann.«

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