Feenzorn
1. Kapitel
An dem Tag, als der Weiße Rat in die Stadt kam, regnete es Kröten.
Ich stieg aus dem blauen Käfer, meinem verbeulten alten Volkswagen, und blinzelte in der Sommersonne. Der Lake Meadow Park liegt etwas südlich von Chicagos Loop und ein gutes Stück vom Ufer des Michigansees entfernt. Trotz der Hitze, die wir schon seit einiger Zeit ertragen mussten, war der Park gewöhnlich voller Besucher. Heute jedoch war er bis auf eine alte Dame mit einem Einkaufswagen, die in ihrem langen Mantel über einen Weg schlurfte, völlig verlassen. Schon jetzt, am Vormittag, waren mir meine leichte Hose und das T-Shirt zu warm.
Nachdem ich mich einen Moment lang blinzelnd umgesehen und zwei Schritte auf die Rasenfläche gemacht hatte, klatschte mir etwas Feuchtes und Matschiges auf den Kopf. Ich zuckte zusammen und betastete mein Haar. Etwas Kleines fiel herunter und landete vor mir auf dem Boden. Eine Kröte. Nicht sehr groß, wenn man weiß, wie fett Kröten werden können. Diese hier hätte leicht in meine hohle Hand gepasst. Sie torkelte vor meinen Füßen benommen hin und her, krächzte ungnädig und hüpfte davon.
Ringsherum lagen noch mehr Kröten auf dem Boden. Ziemlich viele sogar. Ihr Quaken nahm an Lautstärke zu, als ich mich weiter in den Park bewegte. Immer mehr Amphibien prasselten herab, als hätte der Allmächtige einen Eimer mit Kröten vom Himmel gekippt. Überall hüpften sie herum. Sie bedeckten den Boden nicht völlig, aber man konnte ihnen kaum noch ausweichen. Alle paar Sekunden landete eine neue mit einem dumpfen Platschen. Ihr Krächzen erinnerte ein wenig an aufgeregte Gespräche in einem überfüllten Raum.
»Das ist verrückt, was?«, rief jemand aufgeregt. Ein breitschultriger junger Mann näherte sich mir mit zielstrebigen Schritten. Billy der Werwolf trug eine Trainingshose und ein einfarbiges dunkles T-Shirt. Vor ein oder zwei Jahren hätte diese Aufmachung noch die vierzig oder fünfzig überflüssigen Pfunde verborgen, die er mit sich herumgeschleppt hatte. Jetzt steckten die Muskeln darunter, die er stattdessen bekommen hatte. Er gab mir lächelnd die Hand. »Hab ich’s dir nicht gesagt, Harry?«
»Billy.« Sein Händedruck zerquetschte mir fast die Finger. Vielleicht war er sich seiner Körperkraft nicht einmal richtig bewusst. »Was macht das Werwolfgeschäft?«
»Es ist ziemlich interessant«, sagte er. »Auf unseren Streifengängen sind uns in der letzten Zeit eine Menge eigenartiger Dinge aufgefallen. Wie etwa dies hier.« Er deutete auf den Park. Wenige Schritte vor uns stürzte gerade wieder eine Kröte ab. »Deshalb haben wir den Magier gerufen.«
Streifengänge? Bei der heiligen Bürgerwehr, Batman geht um. »Waren auch normale Leute hier?«
»Nein, nur ein paar Meteorologen von der Universität. Sie sagten, in Louisiana hätte es Tornados gegeben oder so. Die Stürme hätten die Kröten hierher befördert.«
Ich schnaubte. »Die Behauptung, es sei Magie im Spiel, wäre vermutlich leichter zu schlucken als so was.«
Billy grinste. »Keine Sorge. Es wird nicht lange dauern, bis jemand auftaucht, der es als Schwindel wegerklärt.«
»Hm.« Ich kehrte zum Käfer zurück und öffnete die vordere Haube, um im Kofferraum herumzukramen. Endlich fand ich den Nylonrucksack, aus dem ich zwei kleine Stoffbeutel zog. Einen warf ich Billy zu. »Schnapp dir ein paar Kröten und steck sie da hinein.«
Stirnrunzelnd fing er den Beutel auf. »Warum?«
»Damit ich feststellen kann, ob sie echt sind.«
Billy zog die Augenbrauen hoch. »Meinst du denn, sie sind es nicht?«
Ich sah ihn von der Seite an. »Billy, nun mach doch einfach, was ich dir sage. Ich habe nicht geschlafen, ich weiß nicht mehr, wann ich die letzte warme Mahlzeit hatte, und ich habe vor Einbruch der Dämmerung noch eine Menge zu tun.«
»Aber warum sollten sie nicht echt sein? Sie sehen jedenfalls echt aus.«
Ich schnaufte gequält und riss mich zusammen, um nicht schon wieder, wie so oft in der letzten Zeit, zu explodieren.
»Sie könnten echt aussehen und sich auch so anfühlen und dennoch künstlich erzeugt worden sein. Erschaffen aus dem Stoff des Niemalslandes und belebt durch Magie. Ich hoffe jedenfalls, dass es so ist.«
»Warum?«
»Weil das lediglich bedeuten würde, dass ein Feenwesen Langeweile bekommen und ein bisschen herumgespielt hat.
Manchmal tun sie das.«
»Na schön. Aber wenn sie echt sind?«
»Wenn sie echt sind, dann ist irgendwo etwas völlig aus dem Ruder
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