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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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dies geschehen oder euch von irgendwem erzählt worden ist; ihr solltet es vielmehr darauf anlegen, dergleichen aller Welt zu erzählen, damit die Männer erfahren, daß, wenn sie schlau sind, die Weiber ihnen an Pfiffigkeit nicht nachstehen. Solche Erkenntnis aber kann euch nur zum Vorteil gereichen, denn wer sich der Pfiffigkeit des ändern bewußt ist, wird es sich zweimal überlegen, ehe er es unternimmt, diesen zu betrügen. Kein Zweifel, wenn die Männer erfahren sollten, was heute hier über diesen Gegenstand erzählt wird, legte dies ihrem Hang, euch anzuführen, einen wirksamen Zügel an, weil sie sich sagen müßten, daß, wenn ihr nur wolltet, ihr sie ebensogut hinters Licht führen könntet. Aus diesem Grund gedenke ich euch zu berichten, was für einen Streich ein junges Weibchen, obwohl von niederem Stande, fast in einem Augenblick zu ihrer Rettung ihrem Manne zu spielen wußte.
    Vor gar nicht langer Zeit hatte in Neapel ein armer Mann ein hübsches und munteres Mädchen, namens Peronella, zur Frau genommen, und mit dem wenigen, das er durch sein Handwerk als Maurer, sie aber durch Spinnen verdiente, lebten sie kümmerlich genug von der Hand in den Mund. Nun geschah es, daß eines Tages ein junger Kavalier Peronella sah; und da sie ihm wohlgefiel, verliebte er sich in sie und umwarb sie so lange, bis er mit ihr vertraut ward. Um nun aber öfter beieinander sein zu können, trafen sie die Abrede, daß Giannello Strignario - denn so hieß Peronellas Geliebter - sich am Morgen in der Nachbarschaft aufhalten solle, um zu beobachten, ob ihr Ehemann, der in der Frühe auf Arbeit oder Arbeitsuche ging, wirklich das Haus verlasse. Geschehe dies, so solle Giannello, da ihre Straße, die Avorio hieß, sehr einsam und abgelegen sei, geradewegs zu ihr ins Haus kommen.
    Und so fügte es sich denn auch oft.
    Eines Morgens aber trug es sich zu, als der gute Mann ausgegangen und Giannello gekommen war und sich mit Peronella ergötzte, daß plötzlich jener, der den ganzen Tag über nicht heimzukehren pflegte, vor der Zeit nach Hause kam und die Tür von innen verschlossen fand. Er klopfte, und als er eine Weile geklopft hatte, sagte er bei sich selbst: »Nun, Gott, dir sei noch immerdar Preis und Dank! Armut freilich hast du mir beschieden, dafür hast du mich aber mit diesem ehrbaren jungen Weibe gesegnet. Hat sie doch, als ich kaum vom Hause weg war, gleich die Tür verriegelt, damit niemand, der ihr zu schaffen machte, hereinkommen könne.«
    Als Peronella ihren Mann gleich an der Art des Klopfens erkannte, rief sie: »Weh mir, mein Giannello, ich bin des Todes! Da ist mein Mann, den der Kuckuck holen möge, schon wiedergekommen. Gott weiß, was das zu bedeuten hat, da er doch um diese Stunde noch nie nach Hause kam. Hat er dich gar gesehen, als du ins Haus kamst? Aber mag es sein, wie es will, verbirg dich hier in dem Faß; dann kann ich ihm aufmachen gehen, und wir werden ja hören, was seine Heimkehr so früh am Morgen zu bedeuten hat.«
    Giannello schlüpfte flink in das Faß; Peronella aber ging nach der Tür, öffnete ihrem Mann und sagte mit zorniger Miene: »Nun, was ist denn das für eine neue Art, daß du heute so früh heimkommst? Das sieht ja geradeso aus, als wolltest du heute müßig gehen, da du dein Handwerkszeug mitbringst. Wenn du es aber so treibst, wovon sollen wir dann leben, wo sollen wir Brot herkriegen? Meinst du etwa, ich würde mir's gefallen lassen, daß du mir den Rock vom Leibe versetzest und mein bißchen Wäsche aufs Pfandhaus trägst? Tag und Nacht tue ich nichts als spinnen, daß mir das Fleisch sich ganz von den Nägeln löst, nur um soviel Öl zu verdienen, wie wir in unserer Lampe brennen. Mann, Mann, alle Nachbarinnen können sich nicht darüber beruhigen, wie sauer ich mir's werden lasse, und machen sich lustig über mich. Und du kommst am frühen Morgen arme schlenkernd nach Hause, wo du bei der Arbeit sein solltest!« Als sie so gesprochen hatte, fing sie zu weinen an und fuhr dann fort:
    »Ach, ich Unglücklichste, ach, ich Ärmste, zu meinem Elend bin ich geboren! Wäre ich lieber gar nicht auf die Welt gekommen. Solch einen wackeren Burschen hätte ich haben können und wollte nicht, nur um diesen Menschen zu heiraten, der gar nicht begreift, was er an mir hat. Ja, andere Weiber, die machen sich eine gute Zeit mit ihren Liebhabern. Da ist nicht eine, die ihrer nicht zwei, drei hätte, und ihren Männern reden sie ein, wenn der Mond scheint, es sei die Sonne. Aber ich

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