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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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wirklich so verhielte, wie du sprichst, und er dir treuer wäre als irgendein anderer; aber mich hat er eines anderen belehrt. Während du heute auf der Jagd warst, blieb er hier, und als die Zeit ihm günstig schien, scheute er sich nicht, von mir zu begehren, daß ich ihm zu Willen sei. Damit ich dir nun diese Sache nicht erst lange zu beweisen brauchte, damit du sie mit Händen greifen könntest, antwortete ich ihm, ich wär es zufrieden und erwartete ihn heute nach Mitternacht in unserem Garten unter dem Pinienbaum. Ich für mein Teil gedenke nun freilich nicht hinauszugehen; solltest du aber Lust haben, die Treue deines Dieners kennenzulernen, so kannst du's leicht haben. Du brauchst dir nur eines meiner Oberkleider anzuziehen, einen Schleier umzutun und dort unten abzuwarten, ob er kommt; denn ich wette, er tut es.«
    Kaum hatte Egano dies gehört, so sprach er: »Nun, wahrlich, das muß ich sehen.« Damit stand er auf und zog sich, so gut es im Dunkeln gehen wollte, ein Kleid seiner Frau an, tat einen Schleier über den Kopf, ging in den Garten und fing an, unter der Pinie auf Anichino zu warten.
    Als aber die Dame Egano aufstehen und fortgehen gehört hatte, stieg sie aus dem Bett und riegelte die Tür von innen ab. Anichino hatte in der ganzen Zeit die schrecklichste Angst ausgestanden und sich nach Kräften bemüht, den Händen der Dame zu entgehen. Zu Anfang hatte er wohl hunderttausendmal sie und seine Liebe und sich selbst verwünscht, weil er so übereilt gewesen; als er aber sah, wie sie zuletzt tat, war er der Glücklichste aller Sterblichen. Wie nun seine Geliebte wieder ins Bett gestiegen war, entkleidete er sich ihrem Wunsche gemäß wie sie, und beide genossen aneinander eine gute Weile alle Lust und Freude.
    Als die Schöne endlich glaubte, Anichino dürfe nicht länger verweilen, hieß sie ihn aufstehen und sich ankleiden und sprach: »Nun, mein süßes Herz, geh in den Garten und nimm einen tüchtigen Stock mit. Tue, als hättest du mich nur versuchen wollen, schelte den Egano aus, als hieltest du ihn für mich, und laß den Stock wacker auf seinem Rücken tanzen. Das soll uns noch unmäßige Freude und Ergötzen bringen.«
    Als Egano den Anichino, der aufgestanden war und mit einem Weidenstecken in der Hand herunter in den Garten kam, von ferner erblickte, erhob er sich und ging ihm zum freundlichen Empfang einige Schritte entgegen. Anichino aber rief: »O du verworfenes Weib, bist du also wirklich gekommen und hast glauben können, ich wollte an meinem Herrn freveln? Alles Unheil tausendfach über dich!« Und damit hob er den Stock und begann den Egano zu bearbeiten. Als dieser ihn so sprechen hörte und den Stock spürte, lief er davon, ohne ein Wort zu sagen. Anichino indessen war hinter ihm her und rief immerzu: »Lauf, du liederliches Weibsstück, und alle Teufel über dich! Morgen früh erzähle ich wahrhaftig alles deinem Gatten.« Egano lief, was er konnte, um die Kammer zu gewinnen, mußte aber, bevor er sie erreichte, einige wohlgesalzene Hiebe einstecken.
    Die Schöne fragte ihren Gemahl, ob Anichino in den Garten gekommen sei. »Wäre er lieber nicht gekommen«, antwortete Egano; »denn weil er mich für dich hielt, hat er mich mit seinem Stock übel verbleut und mich ärger gescholten, als je eine schlechte Dirne ausgeschimpft ward. Es hätte mich auch sehr gewundert, wenn er mir zur Unehre derlei Reden gegen dich geführt haben sollte; aber weil er dich immer so aufgeweckt und scherzend sieht, hat er dich einmal prüfen wollen.« »Gottlob«, sagte die Dame, »daß er mich nur mit Worten, dich aber durch die Tat geprüft hat, und ich glaube, er wird mir nachrühmen, daß ich die Worte geduldiger ertrage als du die Tat. Aber weil er dir so treu ist, muß man ihn wohl liebhaben und ihm Ehre erweisen.« Egano antwortete: »Wahrlich, du hast recht«; und auf Grund dieses Ereignisses glaubte er fest, die keuscheste Gattin und den treuesten Diener zu haben, die je ein Edelmann besesssen.
    Obgleich sie noch oft über diesen Vorfall lachten, verdankten Anichino und seine Dame ihm, solange es dem Jüngling gefiel, bei Egano in Bologna zu verweilen, größere Freiheit, das zu tun, woran sie Lust und Gefallen fanden, als ihnen sonst vermutlich gewährt worden wäre.
     

Achte Geschichte
     
     
    Ein Ehemann wird eifersüchtig auf seine Frau. Sie wickelt sich einen Bindfaden um die Zehe, um gewahr zu werden, wann ihr Geliebter kommt. Der Mann merkt es. Während er aber den Liebhaber

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