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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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zu tun pflegte, argwöhnte Ruberto, der draußen wartete und ihn kommen hörte, daß es der Ehemann sein könnte, der öffnete, so daß er aufs schnellste die Flucht ergriff; und Arriguccio lief hinter ihm her. Zuletzt jedoch, nachdem Ruberto schon eine große Strecke geflohen war und Arriguccio ihn zu verfolgen nicht nachließ, zog auch jener, da er gleichfalls bewaffnet war, das Schwert, wandte sich um, und sie begannen aufeinander loszuhauen.
    Indes war die Frau, als Arriguccio die Kammertür öffnete, erwacht, und da sie fand, daß der Faden ihr von der Zehe geschnitten war, begriff sie sogleich, daß ihre List entdeckt war. Sie erriet auch, daß Arriguccio den Ruberto verfolgte, und stand daher schnell auf. Sie rief, da ihr bewußt ward, was weiter daraus folgen werde, ihre Magd, die um alles wußte, redete so lange auf sie ein, bis diese sich an ihrer Statt ins Bett legte, und bat sie zugleich, sich nicht zu erkennen zu geben und die Streiche ruhig auszuhalten, die Arriguccio ihr geben möchte. Dafür versprach sie der Magd reichlich Vergeltung, so daß sie sich darüber nicht sollte zu beschweren haben. Dann löschte sie das Licht aus, das in der Kammer brannte, verließ diese und verbarg sich in einem ändern Teil des Hauses, der Dinge harrend, die da kommen sollten.
    Unterdes ging der Streit zwischen Arriguccio und Ruberto fort, so daß die Anwohner der Straße den Lärm vernahmen, aufstanden und die Kämpfenden zu schelten anfingen. Aus Furcht, erkannt zu werden, sah sich Arriguccio endlich genötigt - ohne erfahren zu haben, wer der junge Mensch war und ohne ihn irgendwie verletzen zu können -, den Kampf zornig und wütend abzubrechen und nach Hause zurückzukehren. Wieder in seiner Kammer angelangt, rief er zornsprühend aus: »Wo bist du, verruchtes Weib? Hast du das Licht ausgelöscht, damit ich dich nicht finden soll? Da hast du dich aber getäuscht!«
    Damit trat er an das Bett, ergriff die Magd, in welcher er seine Frau zu fassen glaubte, und gab ihr, so gut er Hände und Füße nur rühren konnte, so viel Püffe und Tritte, daß er ihr das ganze Gesicht verunstaltete. Zuletzt schnitt er ihr gar die Haare ab und sagte ihr die ärgsten Schmähungen, die je einem schlechten Weibsbild gesagt wurden. Die Magd weinte heftig, wie sie denn Anlaß dazu genug hatte, und obschon sie mehrmals ausrief: »Wehe mir,
    Gnade, um Gottes willen!« oder »Höret auf!« wurde ihre Stimme doch so vom Weinen erstickt oder Arriguccio so von seinem Zorn betäubt, daß er nicht erkannte, daß es nicht seiner Frau Stimme war.
    Nachdem er sie so nach Herzenslust zerbleut und ihr, wie berichtet, die Haare abgeschnitten hatte, sprach er: »Weiter will ich dich nicht anrühren, du schurkisches Weib. Aber zu deinen Brüdern will ich gehen und ihnen deine schönen Taten erzählen. Dann mögen sie kommen, dich abholen und mit dir machen, was sie glauben, daß ihre Ehre erheischt. Mitnehmen aber sollen sie dich, denn fürwahr, in diesem Hause sollst du nimmermehr bleiben.« Mit diesen Worten verließ er die Kammer, verschloß diese von außen und ging ganz allein davon.
    Als Monna Sismonda, die alles mit angehört hatte, den Gatten sich entfernen hörte, öffnete sie das Schlafgemach, zündete das Licht wieder an und fand die Magd ganz zerschlagen und heftig weinend. Sie tröstete sie, so gut sie konnte, und schaffte sie in die Mägdekammer, wo sie sie in aller Stille warten und pflegen ließ und sie auf Arriguccios Kosten so reichlich entschädigte, daß das Mädchen ganz zufrieden war. Sobald sie nun die Magd in der Kammer eingerichtet hatte, eilte sie, um das Bett in ihrer eigenen wieder zurecht zu machen und alles darin so in Ordnung zu bringen, als wenn diese Nacht kein Mensch darin gelegen hätte. Dann zündete sie die Lampe an, bekleidete sich, richtete ihr Haar, als wäre sie noch gar nicht zu Bett gegangen, setzte sich mit einem Licht und ihren Linnen oben an die Treppe und fing an zu nähen und zu warten, wie die Geschichte wohl ausginge.
    Arriguccio war, so schnell er konnte, zum Hause seiner Schwäger geeilt, wo er so lange klopfte, bis er gehört wurde und man ihm öffnete. Die drei Brüder der Frau und ihre Mutter hörten kaum, daß es Arriguccio sei, als sie alle aufstanden, Lichter anzünden ließen und ihm entgegenkamen, um zu fragen, was er zu dieser Stunde und so allein begehre. Arriguccio nun erzählte ihnen alles, von dem Faden an, den er an der Zehe der Monna Sismonda befestigt gefunden, bis zu dem letzten, was

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