Das Dekameron
Kaufherren mehrere Briefe bekommen, daß er das gelöste Geld in Wechsel eintauschen und ihnen diese schicken möge. Damit nun sein Fehltritt nicht sofort offenbar werde, wenn er dies unterließe, beschloß er eilig abzureisen, bestieg ein kleines Schiff und begab sich damit nicht nach Pisa, wo er hin sollte, sondern nach Neapel.
Hier war zu dieser Zeit unser Landsmann Pietro dello Canigiano Schatzmeister der Frau Kaiserin von Konstantinopel, ein Mann von großer Einsicht und scharfem Verstand und ein enger Freund Salabaettos und seiner Familie. Diesem, als einem höchst zuverlässigen Manne, erzählte nun Salabaetto nach einigen Tagen unter Wehklagen, was er getan habe und welches Unglück ihm begegnet sei, und bat ihn zugleich um Rat und Hilfe, damit er dort sein Leben fristen könne, indem er versicherte, daß er nie mehr nach Florenz zurückzukehren gedenke. Unzufrieden mit dem Geschehenen antwortete ihm Canigiano: »Übel hast du getan, übel hast du dich benommen, schlecht hast du deinen Herrn gehorcht. Allzuviel Geld auf einmal hast du für dein Vergnügen ausgegeben. Doch was ist zu tun? Geschehen ist es nun einmal, und wir müssen uns nach anderem Rat umsehen.«
Und als ein verschlagener Mann hatte er bereits ersonnen, was zu tun war, und teilte dies dem Salabaetto mit. Diesem gefiel die Sache, und er schickte sich sofort an, sein Glück damit zu versuchen. Etwas Geld hatte er noch, und Canigiano lieh ihm einiges dazu, und nun packte er eine Menge Ballen, die wohl gebunden und verschnürt wurden, kaufte an die zwanzig Ölfässer, füllte diese und kehrte, nachdem alles verladen war, damit nach Palermo zurück.
Hier übergab er das Verzeichnis der Ballen und ebenso den Preis der Fässer den Zollwächtern, ließ alles auf seine Rechnung schreiben, brachte es in den Magazinen unter und sagte, bis andere Waren ankämen, die er noch erwarte, wolle er nichts von diesen Sachen anrühren.
Hiervon bekam Jancofiore bald Nachricht, und da sie hörte, daß allein die Waren, die er bereits mitgebracht hatte, wohl zweitausend Goldgulden oder mehr wert sein möchten, das ungerechnet, was er noch erwartete, welches mehr als dreitausend wert sei, so schien es ihr, daß sie bis dahin erst den schlechteren Treffer gezogen habe. Sie beschloß daher, ihm seine fünfhundert Gulden wiederzugeben, um ihm hernach ein gutes Teil der fünftausend abzunehmen, und somit schickte sie nach ihm. Salabaetto, der nun gewitzigt war, ging hin. Die Schöne stellte sich, als wisse sie nichts von dem, was er mitgebracht habe, bezeigte ihm unsägliche Freude und rief: »Solltest du böse auf mich geworden sein, weil ich dir dein Geld nicht zur rechten Zeit wiedergab?« Salabaetto fing an zu lächeln und antwortete: »In der Tat, Madonna, es verdroß mich ein wenig, da ich mir das Herz aus dem Leibe risse, um es Euch zu geben, wenn ich glaubte, daß Euch damit ein Gefallen geschähe. Aber nun sollt Ihr hören, wie sehr ich auf Euch erzürnt bin. Meine Liebe zu Euch ist so mächtig und groß, daß ich den größten Teil meiner Besitzungen habe verkaufen lassen. Schon habe ich so viel Ware mit hierher gebracht, daß sie wohl über zweitausend Gulden wert ist, und aus dem Westen erwarte ich noch andere, welche mehr als dreitausend gelten wird. Damit will ich nun in dieser Stadt ein Lager einrichten und hierbleiben, um immer in Eurer Nähe sein zu können, da ich mich in Eurer Liebe glücklicher fühle, als meiner Meinung nach sich je irgendein anderer Verliebter in der seinen gefühlt hat.«
Hierauf entgegnete das Mädchen: »Sieh, Salabaetto, alles was dir recht scheint, ist mir willkommen, da ich dich mehr liebe als mein Leben. Besonders willkommen aber ist mir, daß du mit der Absicht zurückgekehrt bist, hier zu weilen, weil ich hoffe, so noch manche frohe Stunde mit dir zu verleben. Doch ich will mich noch ein wenig bei dir entschuldigen, daß du damals, ehe du fortgingst, einige Male hast zu mir kommen wollen und nicht konntest und andere Male, wenn du kamst, nicht so freundlich empfangen wurdest, wie du es gewohnt warst, und überdies auch noch deswegen, daß ich dir nicht zur versprochenen Frist dein Geld zurückgab. Du mußt wissen, daß ich zu jener Zeit in großem Schmerz und in tiefer Betrübnis war, und wer in dieser Stimmung ist, kann dem Geliebten, wie sehr er ihn auch liebe, nicht immer ein freundliches Gesicht machen und so aufmerksam gegen ihn sein, wie dieser es wohl wünschte. Und dann mußt du auch wissen, daß es einer
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