Das Dekameron
vollkommen hinreichend. Als daher der nächste Tag gekommen war, schickte sie zu einem Makler, zu dem sie volles Vertrauen hatte, besprach die Sache mit ihm und übergab ihm tausend Goldgulden, welche der Makler sogleich dem Salabaetto überbrachte und bei der Dogana auf seinen Namen umschreiben ließ, was Salabaetto dort lagern hatte. Und nachdem sie nun Verschreibung und Gegenverschreibung mit beiderseitigem Einverständnis gewechselt hatten, ging ein jeder seinen übrigen Geschäften nach.
Salabaetto aber bestieg sobald wie möglich mit seinen fünfzehnhundert Goldgulden ein Schiff und kehrte zu Pietro dello Canigiano nach Neapel zurück, von wo er gute und vollständige Abrechnung nach Florenz an seine Handelsherren, die ihn mit den Tuchen fortgeschickt hatten, sandte. Nachdem er alsdann Pietro und jeden ändern, dem er etwas schuldig war, bezahlt hatte, machte er sich mit dem Canigiano von dem Gewinn, den er durch die Überlistung der Sizilianerin davongetragen hatte, manchen guten Tag. Von hier aber begab er sich, da er nicht länger Kaufmann bleiben wollte, nach Ferrara.
Als Salabaetto in Palermo nicht mehr zu finden war, fing Jancofiore sich zu wundern an und schöpfte allmählich Verdacht. Nachdem sie wohl zwei Monate gewartet hatte und ihn immer noch nicht wiederkommen sah, ließ sie durch ihren Makler die Magazine aufbrechen. Zuerst untersuchte man die Fässer, die voll Öl sein sollten, und fand sie mit Seewasser gefüllt. In jeder Tonne aber schwamm ungefähr einNösel Öl obenauf beim Spundloch. Dann öffnete man die Ballen und fand diese, mit Ausnahme von zweien, die Stoffe enthielten, mit Werg gefüllt. Kurz, alles Vorhandene war nicht über zweihundert Gulden wert. Nun erkannte Jancofiore wohl, daß sie betrogen sei, und beklagte lange die fünfhundert Goldgulden, die sie zurückgegeben, noch viel mehr aber die tausend, die sie ihm geborgt hatte, wobei sie oftmals ausrief: »Um mit Toskanern umzugehen, muß man gut auf beiden Augen sehn!« Und so hatte sie denn den Schaden und den Spott zugleich und fand, daß der eine so klug sein könne wie der andere.
Als Dioneo seine Erzählung beendet hatte und Lauretta sah, daß die Frist, die ihrer Herrschaft gesetzt war, zu Ende ging, lobte sie den Anschlag des Pietro Canigiano, der sich als so erfolgreich erwies, und die Schlauheit des Salabaetto, der in dessen Ausführung sich ebenso geschickt gezeigt hatte, nahm dann den Lorbeerkranz vom Haupte und setzte ihn auf Emilias Stirn, indem sie würdevoll sagte: »Madonna, welch gnädige Königin wir an Euch haben werden, weiß ich nicht; aber eine schöne haben wir gewiß. Macht also, daß Eure Handlungen Eurer Schönheit entsprechen.« Und damit nahm sie ihren Sitz wieder ein.
Emilia, die nicht so sehr über ihre Erhebung zur Königin wie darüber ein wenig schamrot geworden war, daß sie sich um dessentwillen öffentlich rühmen hörte, was Frauen vorzüglich zu besitzen wünschen, glich in ihrem Antlitz jungen Rosen in der Morgenröte. Doch nachdem sie die Augen niedergeschlagen hatte, bis jene Röte wieder verschwunden war, besprach sie mit dem Seneschall die für die Gesellschaft zu treffenden Vorkehrungen und begann darauf folgendermaßen zu sprechen:
»Anmutige Mädchen, nachdem die Stiere einen Teil des Tages hindurch, unters Joch gezwungen, gearbeitet haben, sehen wir deutlich, daß sie am Abend von diesem gelöst werden und frei, wohin es ihnen gefällt, in den Büschen zur Weide umhergehen dürfen. Auch sehen wir, daß die Gärten, in denen verschiedene Pflanzen grünen, nicht weniger schön, sondern viel schöner noch als der Hain sind, in dem nur Eichen wachsen. Aus diesen Gründen meine ich: wenn wir erwägen, wie viele Tage wir nun schon von bestimmten Gesetzen eingeschränkt erzählt haben, so wird uns, die wir den gleichen Drang in uns fühlen, ein solches Umherschweifen nicht nur nützlich, sondern auch erwünscht sein, um in der Freiheit für das wiederkehrende Joch Kräfte zu sammeln. Darum denke ich denn das, was morgen im Verlauf eurer ergötzlichen Erzählungen gesprochen werden soll, nicht auf eine bestimmte Aufgabe zu beschränken, sondern will, daß jeder erzählt, was ihm gefällt. Ich bin fest überzeugt, daß die Verschiedenheit der Gegenstände, welche vorgetragen werden, uns nicht weniger erfreuen wird als das Erzählen eines einzigen. Haben wir so getan, dann mag, wer nach mir die Herrschaft antritt, uns neu Gestärkte mit größter Sicherheit wieder ins gewohnte Joch
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