Das Dekameron
gewußt.
Nun geschah es vor noch nicht langer Zeit, daß einer unserer jungen Florentiner, namens Niccolo da Cignano, der jedoch Salabaetto genannt ward, im Aufträge seines Dienstherrn mit soviel Wollenzeugen dorthin kam, wie ihm auf der Messe von Salerno übriggeblieben waren, wohl an die fünfhundert Goldgulden wert. Nachdem er den Zollwächtern das Verzeichnis der Waren übergeben und die Waren in einen Speicher geschafft hatte, begann er, ohne sich mit dem Verkauf allzusehr zu beeilen, bisweilen lustwandelnd in der Stadt umherzuspazieren.
Er war von heller Gesichtsfarbe, blond und auffallend hübsch, auch war er von schlankem Wüchse, und so geschah es bald, daß eine von jenen Bartschererinnen, die sich Madonna Jancofiore nennen ließ und bereits über seine Vermögensumstände im Bilde war, ihr Auge auf ihn warf. Er bemerkte dies, und da er sie für eine große Dame hielt, der er seiner Schönheit wegen zu gefallen glaubte, so gedachte er diese Liebe gar vorsichtig zu verfolgen, und ohne jemand ein Wort davon zu sagen, begann er vor ihrem Hause vorüberzugehen. Als sie das bemerkte, entflammte sie ihn erst einige Tage lang gehörig mit ihren Augen, dann tat sie, als verzehre sie sich vor Verlangen nach ihm, und endlich sandte sie ihm heimlich eine Frau, welche die Kunst des Kuppelns von Grund auf verstand.
Diese erzählte ihm nach vielen Umschweifen schier mit Tränen in den Augen, wie er durch seine Schönheit und Anmut ihre Gebieterin so gefesselt habe, daß sie weder bei Tag noch bei Nacht Ruhe fände, und wie sie daher, wenn es ihm nur genehm sei, nichts so sehr begehre, als sich mit ihm in einem Bade heimlich zusammenzufinden. Darauf zog sie aus ihrer Tasche einen Ring hervor und überreichte ihm diesen im Auftrag ihrer Herrin. Als Salabaetto dies hörte, dünkte er sich der glücklichste Mensch, der je gelebt. Er nahm den Ring, berührte damit seine Augen, küßte ihn, steckte ihn an den Finger und erwiderte der guten Frau, wenn Madonna Jancofiore ihn liebe, so werde ihr das reichlich vergolten werden; denn er liebe sie mehr als sein eigenes Leben und sei bereit hinzukommen, wo es ihr angenehm sei, und zu jeglicher Stunde.
Bald nachdem die Botin mit dieser Antwort zu ihrer Gebieterin heimgekehrt war, wurde dem Salabaetto das Bad angegeben, in welchem er sie am folgenden Tag nach der Vesper erwarten sollte. Ohne jemand auf der Welt etwas davon zu sagen, begab er sich zu der bezeichneten Stunde eilig dorthin und fand das Bad schon von der Dame bestellt. Es währte nicht lange, so kamen zwei schwer beladene Sklavinnen; die eine trug eine schöne und große Baumwollmatratze auf dem Kopf, die andere aber einen großen Korb voll Wäsche. Die Matratze breiteten sie in einer Kammer des Bades auf einem Bettgestell aus, legten ein paar feine mit Seide besetzte Laken darüber, dann eine schneeweiße Decke von feiner zyprischer Leinwand und endlich zwei wunderschön gearbeitete Kopfkissen. Dann entkleideten sie sich, stiegen in das Bassin und wuschen und kehrten dies auf das sorgfältigste.
Nicht lange darauf erschien die Dame, der zwei andere Sklavinnen folgten. Sobald es sich tun ließ, begrüßte sie den Salabaetto auf das zärtlichste, seufzte wiederholt tief auf und sagte unter vielfachen Umarmungen und Küssen: »Ich weiß nicht, wer außer dir mich hierzu hätte bringen können; allein du, grausamer Toskaner, hast Feuer in meine Seele geworfen.«
Nach diesen Worten stiegen sie beide, wie sie es verlangte, entkleidet in das Bad und zwei der Sklavinnen mit ihnen. Hier wusch sie nun den Salabaetto, ohne ihn von einer ändern berühren zu lassen, eigenhändig mit einer Seife aus Moschus und Gewürznelken gar sorgsam und behaglich; dann ließ auch sie sich von den Sklavinnen waschen und reiben. Als dies geschehen war, brachten die Sklavinnen zwei weiße und feine Tücher, aus denen ein solcher Rosenduft hervordrang, daß alles, was dort war, Rosen zu sein schien. In das eine Tuch ward von der einen Sklavin Salabaetto, in das andere von der zweiten die Dame gewickelt. Dann wurden sie auf den Schultern der Mädchen in das vorbereitete Bett getragen. Nachdem hierauf der Schweiß vorüber war, zogen die Sklavinnen die Tücher weg, so daß sie nun nackt auf dem Laken blieben. Nun wurden silberne Fläschchen von erlesener Arbeit aus dem Korbe genommen, das eine voll Rosenwasser, das andere voll Orangenblüten, das dritte voll Jasminwasser, das vierte mit noch anderem wohlriechenden Wasser gefüllt, und mit all
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