Das Dekameron
Rat, den mir Salomo gab, doch wohl gut und richtig sein könnte; denn ich erkenne jetzt deutlich, daß ich mein Weib nur nicht gehörig zu prügeln verstand. Doch dieser Maultiertreiber hat mir gezeigt, was ich zu tun habe.«
Einige Tage darauf gelangten sie nach Antiochia, und Joseph behielt den Melissus bei sich, damit er sich etliche Tage ausruhe. Joseph, den seine Frau nicht eben zärtlich empfangen hatte, gebot ihr, das Abendessen so zu besorgen, wie Melissus es angäbe. Als dieser sah, daß Joseph es so wünschte, tat er dies mit wenigen Worten. Die Frau aber machte, wie sie von altersher gewohnt war, nicht das, was Melissus bestellt hatte, sondern fast genau das Gegenteil davon. Als Joseph dies sah, sprach er zornig: »War es dir nicht gesagt worden, auf welche Art du dieses Abendessen herrichten solltest?« Die Frau aber wandte sich hochmütig um und sagte: »Was soll das bedeuten? Warum ißt du nicht, wenn du essen willst? Wurde es mir anders aufgetragen, so gefiel es mir, die Mahlzeit so zu bestellen. Ist dir das genehm, so ist es mir recht, wo nicht, so laß es bleiben.«
Über diese Antwort der Frau wunderte sich Melissus und tadelte sie heftig. Joseph aber sprach, als er dies hörte: »Weib, du bist noch immer, wie du zu sein pflegtest. Aber glaube mir, ich werde dich anders machen.« Dann fügte er, zu Melissus gewandt, hinzu: »Freund, jetzt werden wir sehen, welcher Art Salomos Rat war. Ich bitte dich nur, es dir nicht leid sein zu lassen und für ein Spiel zu halten, was ich tue. Und damit du mich nicht darin hinderst, so erinnere dich der Antwort, die uns der Maultiertreiber gab, als uns sein Tier leid tat.« »Ich befinde mich in deinem Hause«, antwortete Melissus, »und bin nicht willens, deiner Gesinnung zuwider zu sein.«
Nun holte Joseph einen runden Stock von einem jungen Eichenstämmchen, ging in die Kammer, wohin die Frau, die aus Ingrimm vom Tisch aufgestanden war, sich brummend begeben hatte, packte sie bei den Zöpfen, warf sie nieder und fing an, sie heftig mit seinem Stock zu schlagen. Zuerst schrie sie, dann fing sie an zu drohen; als sie aber sah, daß Joseph darum nicht aufhörte, fing sie, schon ganz zerschlagen, ihn bei Gott um Gnade zu bitten an, daß er sie nicht totschlüge, und beteuerte dabei, daß sie sich nie mehr von seinem Willen entfernen wolle. Doch darum hörte Joseph noch immer nicht auf, sondern schlug sie mit jedem Hiebe immer heftiger, bald auf die Seite, bald auf die Hüften, bald auf die Schultern, als wollte er ihr alle Nähte festklopfen, und ließ nicht eher nach, als bis er müde war. Kurzum, die gute Frau behielt keinen Knochen und kein Fleckchen am Leibe, das er ihr nicht ganz mürbe geschlagen hätte.
Als er fertig war, kehrte er zu Melissus zurück und sprach: »Morgen wollen wir sehen, wie sich der Ausspruch >Geh zur Gänsebrücke< erprobt haben wird.« Dann erholte er sich etwas, wusch sich die Hände und speiste mit Melissus, worauf sie, als es ihnen Zeit schien, zur Ruhe gingen. Die arme Frau aber erhob sich mit großer Mühe von der Erde und warf sich auf das Bett, von wo sie nach einer kurzen, durch die Schmerzen gestörten Nachtruhe sehr zeitig aufstand und den Joseph fragen ließ, welchen Imbiß er bereitet haben wolle. Gemeinsam mit Melissus lachte er über soviel Dienstfertigkeit und traf die begehrten Anordnungen, und als sie danach zur gehörigen Zeit von ihrem Gange heimkehrten, fanden sie alles aufs beste und ganz nach dem gegebenen Befehl angerichtet, weshalb sie denn Salomos Rat, den sie beide zuerst schlecht verstanden hatten, auf das höchste lobten.
Einige Tage später trennte Melissus sich von Joseph, kehrte in seine Heimat zurück und teilte einem weisen Manne seiner Bekanntschaft mit, was er von Salomo für einen Rat erhalten hatte. Dieser antwortete ihm: »Keinen wahreren und besseren Rat konnte er dir geben. Du weißt, daß du niemanden liebst, und die Ehren und Dienste, welche du den Leuten erweist, hast du ihnen nicht aus Liebe, sondern aus Prunksucht erwiesen. Liebe daher, wie Salomo dir gesagt hat, und du wirst wieder geliebt werden.«
So also wurde die widerspenstige Frau gebessert, und der junge Mann wurde geliebt, sobald er selbst liebte.
Zehnte Geschichte
Don Gianni stellt auf Gevatter Pietros Bitten eine Beschwörung an, um dessen Frau in eine Stute zu verwandeln. Als er aber daran geht, ihr den Schwanz anzusetzen, verdirbt Pietro den ganzen Zauber, indem er erklärt, er wolle keinen Schwanz
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