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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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wirst, den Schwanz anzuheften.«
    Gevatter Pietro und Gevatterin Gemmata hatten die Nacht über kaum geschlafen, mit solcher Ungeduld erwarteten sie das Ereignis, als sie vor Tag aufstanden und den Don Gianni riefen. Dieser erhob sich nun ebenfalls und trat, nur im Hemde, in die Kammer des Gevatters Pietro. Dort sagte er: »Ich wüßte keinen Menschen in der Welt, dem ich dies zeigte, als euch allein. Doch weil ihr es denn durchaus wollt, so will ich es tun. Allein ihr müßt genau befolgen, was ich euch sagen werde, wenn ihr wollt, daß es gelinge.« Jene versicherten, daß sie tun wollten, was er sagte.
    Nun ergriff Don Gianni ein Licht, gab es dem Gevatter Pietro in die Hand und sagte zu ihm: »Gib wohl acht, was ich tue, und behalte wohl, was ich sagen werde, und hüte dich, wenn du nicht alles wieder verderben willst, ein Wort zu sprechen, was du auch sehen oder hören mögest. Und dann bitte Gott, daß wir den Schwanz gut anheften.« Gevatter Pietro nahm das Licht und sagte, er wolle alles wohl verrichten.
    Hierauf hieß Don Gianni die Gevatterin Gemmata nackt, wie sie zur Welt gekommen war, sich ausziehen und auf Händen und Füßen sich so auf die Erde stellen, wie die Stuten stehen, indem er sie gleichermaßen anwies, kein Wort zu reden, was ihr auch geschehen möge. Dann begann er, ihr mit den Händen Gesicht und Kopf zu streicheln, und sagte dabei: »Dies sei ein schöner Stutenkopf.« Ebenso berührte er ihre Haare und sprach: »Dies sei eine schöne Stutenmähne«, und ihre Arme betastend: »Dies seien schöne Beine und Füße einer Stute.« Als er dann ihre Brust befühlte und sie fest und rund fand, erwachte einer, der nicht gerufen worden war, und erhob sich. Don Gianni aber sagte: »Und dies sei eine schmucke Stutenbrust«, und ebenso machte er es mit dem Nacken, dem Bauch und dem Rücken, mit Hüften und Beinen. Zuletzt, als ihm nichts mehr übrigblieb, als den Schwanz zu machen, hob er das Hemd auf, nahm den Pflanzstock, mit dem er Menschen zu pflanzen pflegte, und schob diesen schnell in die dazu bestimmte Furche, indem er sprach: »Und dies sei ein schöner Stutenschweif!«
    Gevatter Pietro, der bis jetzt alles sorgsam beobachtet hatte, rief, als er dieses letzte sah, was ihm nicht gut zu sein schien: »Don Gianni, ich will keinen Schwanz, ich will keinen Schwanz daran!« Doch schon war der Wurzelsaft, der alle Pflanzen keimen macht, gekommen, als Don Gianni das Pflanzholz zurückzog und rief: »O weh, Gevatter Pietro, was hast du getan! Habe ich dir nicht gesagt, daß du kein Wort reden solltest, was du auch sehen möchtest? Die Stute war fast fertig, aber mit deinem Gerede hast du alles verdorben, und nun können wir sie heute nicht mehr machen.« »Schon gut«, sagte Gevatter Pietro, »aber ich wollte nun einmal keinen solchen Schwanz daran. Warum sagtet Ihr auch nicht zu mir: >Mach du den! < Und überdies setztet Ihr ihn zu tief an.« Don Gianni antwortete: »Weil du ihn das erste Mal nicht so anzusetzen verstanden hättest wie ich.«
    Als die junge Frau diesen Streit vernahm, richtete sie sich auf und sagte in vollem Ernst zu ihrem Mann: »Tropf, der du bist! Warum hast du deinen und meinen Vorteil so verscherzt? Hast du je eine Stute ohne Schwanz gesehen?
    So wahr mir Gott helfe, arm bist du, aber dir geschähe recht, wenn du noch weit ärmer wärest.«
    Da es nun wegen der Worte, die Gevatter Pietro dazwischen gesprochen hatte, kein Mittel mehr gab, um aus seiner Frau eine Stute zu machen, kleidete sie sich klagend und übelgelaunt wieder an. Gevatter Pietro aber setzte, wie er gewohnt war, mit seinem Esel sein altes Gewerbe fort, zog mit Don Gianni zusammen auf die Messe von Bitonto, und forderte nie wieder diesen Dienst von ihm.
    Wieviel über diese Geschichte gelacht wurde, welche die Damen besser verstanden, als Dioneo gewünscht hatte, kann sich jedermann vorstellen, der noch darüber lachen wird. Da aber die Geschichten zu Ende waren und die Sonne sich zum Untergange neigte, sah die Königin, daß das Ende ihrer Herrschaft gekommen war. Sie erhob sich, nahm den Kranz ab, setzte ihn Panfilo auf, der allein noch mit dieser Würde zu bekleiden war, und sagte lächelnd: »Herr, dir verbleibt eine schwere Aufgabe, denn als letzter hast du meine Fehler und die aller ändern, die dieses Amt vor dir innegehabt haben, wiedergutzumachen. Gott leihe dir dazu seine Gnade, wie er sie mir geliehen hat, dich zu unserem König erheben zu dürfen.«
    Panfilo nahm die Ehre freudig an und sagte: »Eure

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