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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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haben.
     
    Die Erzählung der Königin hatte den jungen Damen Gelegenheit zum Flüstern und den jungen Männern zum Lachen gegeben. Als sie aber aufhörten, begann Dioneo folgendermaßen zu sprechen:
    Reizende Damen, in einer Menge weißer Tauben hebt ein schwarzer Rabe deren Schönheit mehr hervor, als dies etwa ein weißer Schwan täte. So vermehrt auch zuweilen unter zahlreichen Weisen ein weniger Weiser nicht nur den Glanz und die Schönheit ihres reifen Geistes, sondern auch die Freude und die Lust. Als verständige und wohlgesittete Damen müßt ihr mich, der ich etwas von einem Toren an mir habe, deshalb um so höher schätzen, je mehr ich durch meine Mängel eure Vollkommenheit nur glänzender mache, statt sie durch meinen eigenen Wert zu verdunkeln. Infolgedessen müßt ihr mir, damit ich mich so zeigen kann, wie ich bin, ein weiteres Feld einräumen und das, was ich erzählen will, mit größerer Geduld anhören, als wenn ich weniger einfältig wäre. Ich will euch also eine nicht allzulange Geschichte erzählen, aus welcher ihr lernen könnt, wie genau man alles zu beachten hat, was diejenigen anordnen, welche durch die Kraft der Zauberei etwas ins Werk richten wollen, und wie der geringste Verstoß dawider alles verdirbt, was der Beschwörende zustande gebracht hat.
    Vor einigen Jahren lebte zu Barletta ein Priester, welcher Gianni di Barolo hieß. Weil er nur eine ärmliche Pfarre hatte, begann er, um seinen Lebensunterhalt zu erwerben, mit einer Stute, die er besaß, Waren umherzuführen, um solche hier und dort auf den Märkten Apuliens zu kaufen und wieder zu verkaufen. Auf diesen Wanderungen schloß er nähere Bekanntschaft mit einem, der Pietro da Tresanti hieß und mit einem Esel dasselbe Gewerbe trieb wie er, und zum Zeichen der Liebe und Freundschaft nannte er ihn nach apulischer Sitte nicht anders als Gevatter Pietro. Sooft dieser nun nach Barletta kam, nahm er ihn mit in sein Pfarrhaus, behielt ihn bei sich zur Herberge und erwies ihm soviel Ehre, wie er nur konnte. Gevatter Pietro hinwieder, der überaus arm war und ein kleines Häuschen in Tresanti besaß, das kaum groß genug für ihn, seine junge und schöne Frau und seinen Esel war, nahm auch Don Gianni, sooft dieser nach Tresanti kam, mit in sein Haus und bewirtete ihn nach seinen Kräften, um sich für die Ehre erkenntlich zu zeigen, die dieser ihm in Barletta erwies. Was die Wohnung betraf, so konnte er ihn freilich, da Gevatter Pietro nichts als ein kleines Bett hatte, in dem er selbst mit seiner schönen Frau schlief, nicht so aufnehmen, wie er gewünscht hätte, sondern Don Gianni mußte sich, nachdem seine Stute neben dem Esel in einem kleinen Stall untergebracht war, damit begnügen, ein wenig Stroh neben ihr als Lager zu beziehen.
    Die Frau, welche wußte, wie der Priester ihren Mann in Barletta aufnahm, war mehrere Male, wenn dieser kam, willens gewesen, zu einer ihrer Nachbarinnen, welche Zita Carapresa di Giudice Leo hieß, zum Schlafen zu gehen, damit der Priester mit ihrem Mann im Bett ruhen könne, und hatte es dem Don Gianni öfter gesagt. Allein, er hatte nie gewollt, und unter ändern Malen erwiderte er ihr einmal hierauf: »Gevatterin Gemmata, mach dir um mich keine Sorge, ich bin gut untergebracht; denn sooft es mir gefällt, verwandle ich meine Stute in ein hübsches Mädchen und schlafe bei der, und wenn ich dann will, mache ich sie wieder zur Stute, und darum will ich mich auch nicht von ihr trennen.«
    Die junge Frau wunderte sich zwar, doch glaubte sie es und erzählte es ihrem Manne wieder, wobei sie hinzufügte: »Wenn er so sehr dein Freund ist, wie du sagst, warum läßt du dir diesen Zauberspruch nicht von ihm sagen, damit du auch mich in eine Stute verwandeln könntest, um dein Geschäft mit Esel und Stute zu betreiben? Und wir gewönnen dann doppelt soviel! Wären wir dann nach Hause zurückgekehrt, könntest du mich ja wieder zu der Frau machen, die ich eben bin.«
    Gevatter Pietro, der etwas zum Tropfe hinneigte, glaubte die Geschichte, stimmte ihrem Vorschlag bei und fing nun den Don Gianni zu bitten an, daß er ihn die Sache lehren möchte. Don Gianni gab sich alle Mühe, ihn von diesem törichten Wunsch abzubringen. Allein, da er dies nicht vermochte, sagte er endlich: »Sieh, weil du es denn durchaus verlangst, so wollen wir morgen, wie es unsere Gewohnheit ist, vor Tag aufstehen, und dann will ich euch beiden zeigen, wie man es macht. Wahr ist es aber, das schwerste bei der Sache ist, wie du sehen

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