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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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entfliehen, so daß es Paganino gelang, den Kahn zu erreichen, auf dem die Frauen sich befanden. Hier fiel sein Blick sogleich auf die schöne Dame, und, ohne irgend etwas anderes zu begehren, nahm er sie unter Herrn Ricciardos Augen, der bereits gelandet war, auf seine Galeere und fuhr davon.
    Ob der Herr Richter, der auf jeden Windhauch eifersüchtig war, über diesen Anblick betrübt war, brauche ich euch nicht erst zu sagen. Er beklagte sich in und außerhalb Pisas über die Ruchlosigkeit der Seeräuber und wußte darum doch nicht, wem seine Frau in die Hände gefallen oder wohin sie gebracht worden war. Paganino aber fand an der Schönheit der jungen Frau Gefallen und schätzte sich glücklich, sie gewonnen zu haben. Da er selbst unbeweibt war, nahm er sich vor, sie für immer bei sich zu behalten, und tröstete sie auf das freundlichste, da er sie heftig weinen sah. Als nun die Nacht kam, setzte er, der keinen Kalender mit sich führte und alle Fest- und Fasttage längst vergessen hatte, seinen Trost, da ihm die Worte den Tag über geringe Frucht getragen, durch Taten nachdrücklicher fort. Er wußte sie so zu beruhigen, daß die gute Frau, noch bevor sie in Monaco ankamen, den Richter und seine Gesetze völlig aus dem Gedächtnis verloren und mit Paganino bereits das fröhlichste Leben von der Welt begonnen hatte. In Monaco dann gewährte ihr der letztere außer dem Vergnügen, das er ihr Tag und Nacht bereitete, noch die ehrenvollste Behandlung, wie wenn sie seine rechtmäßige Gemahlin gewesen wäre.
    Nach einiger Zeit kam es dem Herrn Richter zu Ohren, wo seine Frau sich befand, und er entschloß sich in der Meinung, daß kein anderer die Sache richtig anzupacken wüßte, ihr selbst nachzureisen. Er war bereit, jede Summe, die für ihre Auslösung verlangt werden sollte, willig zu bezahlen. Darauf begab er sich zu Schiffe und fuhr nach Monaco, wo er bald seine Frau zu sehen bekam. Aber auch sie hatte ihn bemerkt, sagte es noch am selben Abend Paganino und teilte ihm im voraus ihren Entschluß mit.
    Am ändern Morgen begegnete Herr Ricciardo dem Paganino, machte sich an ihn heran und bewarb sich eifrig um sein Wohlwollen und seine Freundschaft. Paganino aber stellte sich, als kenne er ihn nicht, und war dabei voller Neugier, wo das hinauslaufen wolle.
    Ricciardo wartete eine Zeit ab, die er für gelegen hielt, entdeckte dem Paganino in so wohlgesetzten und freundlichen Worten, als er nur zu finden wußte, den Grund seiner Reise und bat ihn inständig, ihm gegen beliebiges Lösegeld die Frau wiederzugeben. Paganino erwiderte darauf ganz freundlich: »Herr, zunächst seid mir willkommen. Was das andere betrifft, so antworte ich Euch mit kurzen Worten: Allerdings habe ich eine junge Frau im Hause, von der ich nicht weiß, ob sie Eure oder eines ändern Frau ist, denn Euch kenne ich überhaupt nicht und sie erst seit der kurzen Zeit, die sie mit mir zusammenwohnt. Seid Ihr nun ihr Gatte, so will ich Euch als einen artigen und wackeren Mann, wofür ich Euch halte, zu ihr führen und zweifle nicht daran, daß sie Euch erkennen wird. Sagt sie dann dasselbe, was Ihr mir jetzt gesagt, und will sie mit Euch heimkehren, so bin ich Eurer Artigkeit wegen damit zufrieden, daß Ihr mir als Lösegeld gebt, was Ihr für richtig haltet. Sollte dem aber nicht so sein, so wäre es unschicklich, wenn Ihr sie mir entreißen wolltet; denn ich bin noch ein junger Mann und kann mir so gut wie jeder andere auch ein Frauenzimmer halten, vor allem aber eben diese, welche die liebenswürdigste unter allen ist, die ich je gesehen.« Darauf sagte Herr Ricciardo: »Wahrhaftig, sie ist meine Frau, und wenn du mich nur zu ihr führst, so wirst du schon sehen, wie sie mir gleich um den Hals fallen wird. Darum verlange ich nichts anderes, als was du selber gesagt hast.« »Gut«, entgegnete Paganino, »so wollen wir gehen.«
    Darauf gingen sie miteinander zu Paganinos Wohnung, und als sie in einen Saal eingetreten waren, ließ Paganino die Frau herbeirufen. Sie kam alsbald angekleidet und geschmückt aus einem anstoßenden Zimmer in den Saal, wo die beiden Männer sich befanden; doch sagte sie zu Herrn Ricciardo weiter nichts, als was sie auch jedem beliebigen Fremden, der mit Paganino nach Hause gekommen wäre, gesagt hätte. Darüber konnte sich denn der Richter, der geglaubt hatte, sie werde ihn mit der größten Freude empfangen, gar nicht genug wundern, und er sprach zu sich selbst: »Leicht möglich, daß die Trauer und der lange Gram,

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