Das Dekameron
seiner Frau meinen Willen nicht erlangen würde. Sie gewährte mir aber alles, und ich gewann die Wette; und Bernabo, der lieber sich selbst für seine Dummheit als die Frau dafür hätte strafen sollen, daß sie getan, was alle Weiber tun, reiste von Paris nach Genua zurück und hat sie, wie ich späterhin vernommen, umbringen lassen.«
Als Sicurano das vernahm, verstand er den Grund von Bernabos Zorn und begriff, daß Ambrogiuolo die einzige Ursache aller seiner Leiden sei. Er sann darauf, den Betrug nicht ungestraft durchgehen zu lassen, stellte sich, als ob jene Geschichte ihm vielen Spaß gemacht, und wußte in kurzer Zeit mit Ambrogiuolo so vertraut zu werden, daß dieser am Ende der Messe zu seinem Vergnügen mit ihm nach Alexandrien fuhr. Hier richtete ihm Sicurano einen Laden ein und vertraute ihm von seinem eigenen Geld bedeutende Summen an, so daß Ambrogiuolo infolge des großen Nutzens, der ihm aus seinem Aufenthalt erwuchs, gern in Alexandrien verweilte.
Sicurano, der in alldem nichts anderes im Auge hatte, als Bernabo von seiner Unschuld überzeugen zu können, ließ nicht eher nach, als bis er durch Vermittlung einiger angesehener Genueser Kaufleute, die in Alexandrien wohnten, ihn unter allerlei Vorwänden bewogen hatte, dorthin zu kommen. Da Bernabo in ziemlich ärmlichen Umständen anlangte, ließ Sicurano ihn von einem seiner Freunde in der Stille beherbergen, bis ihm die Zeit zur Ausführung seiner Pläne günstig erschiene. Inzwischen hatte Sicurano den Ambrogiuolo schon veranlaßt, seine Geschichte vor dem Sultan zu erzählen und diesen dadurch angenehm zu unterhalten.
Als aber Bernabo angelangt war, meinte Sicurano, seine Unternehmung nicht weiter aufschieben zu dürfen. Er erbat vom Sultan die Erlaubnis, Ambrogiuolo und Bernabo vor ihn führen zu dürfen, damit in Gegenwart des letzteren Ambrogiuolo durch Güte oder Gewalt gezwungen würde, zu bekennen, wie es sich in Wahrheit mit dem verhalten habe, dessen er sich in bezug auf Bernabos Frau rühme. Ambrogiuolo und Bernabo erschienen vor dem Sultan, und in Gegenwart vieler befahl dieser dem ersten mit ungnädigem Gesicht, der Wahrheit gemäß zu gestehen, wie er von Bernabo die fünftausend Goldgulden gewonnen habe. Ambrogiuolo sah den Sicurano, auf den er am meisten baute, anwesend; doch auch dieser drohte ihm mit noch weit zornigerer Miene die größten Martern an, wenn er die Wahrheit nicht gestände. So sah sich denn Ambrogiuolo, von der einen wie von der ändern Seite eingeschüchtert, ja mit Zwang bedroht, in Bernabos und vieler anderer Gegenwart genötigt, den ganzen Hergang der Sache klar und einfach zu erzählen, was ihn seiner Meinung nach nur verpflichtete, die fünftausend Goldgulden und die genommenen Sachen zurückzuerstatten. Sicurano aber wandte sich als ein vom Sultan berufener Richter sogleich an Bernabo und sagte: »Und was hast du um dieser Lüge willen deiner Frau angetan?« Bernabo erwiderte: »Vom Zorne über das verlorene Geld und von der Scham über die Schande bewältigt, die meine Frau mir, wie ich glauben mußte, angetan hatte, ließ ich sie durch einen meiner Diener töten; und wie dieser mir berichtete, wurde ihr Leichnam von vielen Wölfen zerrissen.«
Alle diese Verhandlungen wurden in Gegenwart des Sultans gepflogen und von ihm vollkommen verstanden, ohne daß er gewußt hätte, zu welchem Zweck Sicurano dies alles veranstaltete. Dieser sprach indes folgendermaßen: »Mein Gebieter, Ihr seht nun wohl klar genug ein, was für eines Liebhabers und was für eines Mannes sich die gute Frau zu rühmen gehabt hat. Der Liebhaber bringt sie zu gleicher Zeit durch schmähliche Lügen um ihre Ehre und stürzt ihren Mann ins Unglück, und der Mann mißt den fremden Unwahrheiten größeren Glauben bei als der Wahrheit, die er durch lange Erfahrung selbst zu erkennen Gelegenheit gehabt, und läßt sie töten und von den Wölfen verschlingen. Und noch überdies ist die Liebe, die Liebhaber und Ehemann für sie empfinden, so groß, daß beide lange Zeit mit ihr Zusammenleben, ohne sie wiederzuerkennen. Damit Ihr aber in vollem Maße erkennen sollt, welche Strafe jeder von beiden verdient, so will ich, wenn Ihr mir dies als besondere Gnade gewähren wollt, daß der Betrüger bestraft, dem Betrogenen aber verziehen werde, die arme Frau selbst vor Euer Antlitz und vor jener Augen führen.«
Der Sultan, der in dieser Sache dem Sicurano allein gefällig zu sein wünschte, erklärte sich damit einverstanden und sagte, jener
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