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Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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zusammenhängt, sei transzendent.«
    »Welcher Sekte willst du beitreten?«
    »Keiner. ›Fürchte dich nicht!‹ Du nicht, und ich auch nicht. Es kann nichts schiefgehen. Und die letzte Maßgabe des Urteils sagt: ›Aufbruch nach Süden bringt Heil‹.« Nachdenklich klappte er das Buch zu.
    Ariane schüttelte den Kopf. »Das paßt ja. Von Bonn in die Provence. Witzig. Und was versprichst du dir von dem Kram?«
    Baltasar schlug das Buch wieder auf. »Nicht viel. Es heißt auch noch: ›Diese aus dem Unsichtbaren stammende Gunst der Verhältnisse muß man aber durch Arbeit ausnutzen.‹ Und außerdem: ›Die Anhäufung des Kleinen, der stetige, unmerkliche Fortschritt‹ und so weiter.« Er klappte endgültig das Buch zu und warf es auf die Rückbank.
    »Das Sichanhäufen nach oben heißt Empordringen«, knurrte er.
    Ariane gähnte. »Schon wieder Haufen.«
    Baltasar runzelte die Stirn. »Was mich ein wenig ärgert«, murmelte er, »ist, daß es förderlich sein soll, unablässig beharrlich zu sein. So steht es da auch geschrieben. Ich sehe schon, diese Reise wird mit harter Arbeit verbunden sein, und nicht Genie, sondern Beharrlichkeit soll zum Erfolg führen. Wie öde, oh, wie anstrengend.«
    »Seit wann bist du denn unter die Weissager und Orakelgläubigen gegangen?«
    Er richtete sich auf und entnahm dem Handschuhfach eine seiner schwarzen Zigarren.
    »Der Glaube an meinen schieren Verstand ist mir wie jeder Glaube zu irrational. Ein wenig Unterstützung durch nicht von Überzeugung und Vorurteil abhängende Zufälle ist hilfreich. Du weißt ja, die unwahrscheinlichen Zufälle sind immer mit mir.«
    »Glaubst du.«
    »Weiß ich.«
    »Na, bei deinem ermordeten Anwalt hat dir der Zufall aber bisher nicht besonders geholfen.« *
    »Deswegen, o Holde, fahren wir ja auch jetzt gen Süden und stürzen uns in ein ander Abenteuer.«
    »Mal sehen, ob es eins wird. Ich bin mehr für Urlaub und Erholung.«
    Baltasar zündete sein stinkendes Monstrum an. Paffend sagte er: »Absurder Wunsch. Und dann auch noch um diese Jahreszeit.«
    Die Fahrt hatte gegen zwölf Uhr begonnen. Unter Zertrümmerung sämtlicher Geschwindigkeitsregeln hatte Matzbach seine Kiste innerhalb von drei Stunden von Bonn nach Thionville gejagt, dort einen neuen Kurs über Landstraßen Richtung Dijon an- und das Steuer an Ariane abgegeben. Bevor er auf das Münzorakel verfiel, hatte er Ariane in Umrissen über die Person von William Bronner informiert. Dieser, ein achtundvierzigjähriger Journalist mit Spürnase, war vor mehreren Wochen nach Südfrankreich aufgebrochen, um dort eine Story aufzutun. Er hatte sich sehr vage ausgedrückt, etwa so: »Also, weißt du, Dicker, da unten gibt's ja nicht nur Wein und Lavendel. Die Mafia in Marseille, Wagenschieber, abgehalfterte Fremdenlegionäre, korsische Banditen auf dem Weg nach Paris – auf den Spuren des größten korsischen Banditen –, jede Menge prominenter Interviewopfer, ein verrückter phantastischer Schriftsteller, und außerdem Frauen in und ohne Hülle und Fülle.« Wörtlich hatte er gesagt: »Nackte Weiber bis zum Abwinken«, aber als Baltasar Ariane diese und andere Informationen zukommen ließ, ereilte ihn einer seiner seltenen Anfalle von Herzenstakt. – Dann hatte Bronner einige Tage lang versucht, Matzbach zu erreichen, und ihm schließlich ein Telegramm geschickt, das dem Dicken am frühen Dienstag kurz nach Mitternacht (gegen sieben Uhr) telefonisch durchgegeben worden war: »hilfe stop assassinen stop sofort kommen les baux stop anrufen hotel xy stop william.«
    Natürlich versetzten die »Assassinen« Matzbach in lodernde Begeisterung; außerdem versprach dieser Lockruf Abenteuer in der Ferne, während er mit seinem heimischen Doppelmord nicht weiterkam. Allerdings brachte das Telefonat kaum weitere Aufschlüsse; Bronner sagte, er könne am Telefon nicht deutlicher sprechen, jemand (dritte Person Plural) sei hinter ihm her; Matzbach solle an den Mond von Sankt Remigius denken sowie an den dritten Schlupfhafen der Johannisbeere. Außerdem bitte er, Bronner, ihn, Matzbach, um ein würdiges Begräbnis.
    Also hatte Baltasar in windiger Eile seine nächstfälligen Kolumnen
Fragen Sie Frau Griseldis
(von einer führenden Illustrierten nicht ganz schlecht bezahlt) fertiggestellt, Ariane Binder aus ihrem Büro, der Presseabteilung eines Industrieverbandes, herausgerissen und alles andere stehen und liegen lassen.
    »Trotzdem«, sagte Ariane, »wüßte ich gern, seit wann du diese irrationalen

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