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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihnen hervorbricht. Das, was wir Liebe nennen, Glück, Seligkeit, Erfüllung, ja Erlösung, vollzieht sich in einer anderen Dimension, die im Augenblick der wegströmenden Hingabe eine tiefe Sehnsucht nach Ewigkeit auslöst. In einer wirklichen Liebe sterben wir tausend Tode und erstehen in tausend Wiedergeburten …«
    Die Wuginskaja biß auf das Pappmundstück ihrer Papyrossa und lehnte die Schulter gegen Shukows Hüfte. »So gewaltig können Sie lieben, Wassja Grigorjewitsch? Zum Teufel, ich bin eifersüchtig auf diese Frau. Ich könnte sie umbringen! Dort drüben im Fluß wie eine junge Katze ersäufen! Wer war sie? Sagen Sie es mir?«
    »Sie heißt Dunja Andrejewna Koroljow.«
    »Ist sie hübsch?«
    »Nein. Schön.«
    »Ich verstehe.« Sie zerdrückte die Papyrossa in dem großen Aschenbecher unter dem Abteilfenster. »Wer von einem Mann auf einem Sternenbett geliebt wird, muß schön sein wie ein Stern. Wo lebt sie?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Es ist vorbei?«
    »Unser Dienst trennte uns. Aber das ist nur geographisch. Diese Liebe tropfte aus der Sonne – so etwas vergeht nie.«
    »Und Sie glauben wirklich, daß diese herrliche Dunja Ihnen treu bleibt? Wie lange werden Sie in Ottokh oder Werchokrassnoje bleiben? Zwei Jahre? Drei Jahre? Wie lange dauert Ihr Vertrag?«
    »Drei Jahre –«, log Shukow. »Was bedeuten für einen Russen drei Jahre?«
    »Für eine Frau, die mit Ihnen auf einem Sternenbett gelegen hat, sind drei Tage Einsamkeit schon unerträglich. Diese Frau glüht weiter, immer weiter, jede Minute brennt in ihr. Sagten Sie nicht, Ihre Liebe tropfte aus der Sonne? Sie Narr, Wassja Grigorjewitsch! Solange die Sonne Leben spendet, brennt diese Frau in ihrem Inneren. Shukow, von Frauen verstehen Sie gar nichts!« Sie sprang auf, stieß Shukow vom Fenster und drückte das heiße Gesicht gegen die nasse Scheibe. Ihr schwarzschimmerndes Haar umwehte sie, als sie die Stirn gegen das kalte Glas rieb. »Dunja betrügt Sie!« schrie sie gegen das Fenster und gewissermaßen in den rauschenden Regen hinein. »Sie betrügt Sie! Täglich! Jede Nacht! Mit jedem, der daherkommt, tut sie es! Tröstet es Sie, daß sie jedesmal dabei nur an Sie denkt? Daß sie Wassja, o Wassja in der heißen Kehle stammelt, während ein Jewgeni auf ihr liegt? Beruhigt Sie das? Macht Sie das stolz? Meine Dunja, mein Stern, mein Sonnentropfen … jeder Orgasmus ist ein halber Tod, und jeder Höhepunkt ihres Körpers gehört mir … aber in sie eingedrungen sind Fjodor, Dawydow und Stanislaw, Wassili, Afanasj und Valeri! Wassja Grigorjewitsch, warum sterben Sie nicht an dieser Seelenqual? Ich hielte das nicht aus!«
    »Sie ist treu«, sagte Shukow dumpf. »Ich weiß, daß sie treu ist. Bei dieser Liebe gibt es nur Treue oder – wie Sie richtig sagten – nur den Tod.«
    »Würden Sie Dunja umbringen, wenn Sie erführen, daß ein anderer Mann ihren Körper abküßt?«
    »Ich weiß es nicht, Valja Johannowna. Vielleicht nicht. Aber ich würde an jeder anderen Frau Rache nehmen. Ich würde sie mit meiner Liebe zerbrechen. Ich würde sie in einen Himmel tragen, dann eine Falltür öffnen und sie abstürzen lassen ins Nichts.«
    »Das können Sie«, sagte die Wuginskaja leise. »Sie sind genau der Typ, der so etwas kann. Wo ist die Frau, die Sie vor ihrem Fall erwürgt? Man muß Sie umbringen, Wassja Grigorjewitsch. Lassen Sie mich flüchten in meine Funktion als Ärztin. Sie sind ein Fieber, das man ausrotten muß!«
    Er hob die Schultern, als wolle er sagen, jedem sei das überlassen, und wehrte sich nicht dagegen.
    Am Anfang des Zuges, bei der Lok, quoll jetzt eine riesige Dampfwolke auf … man ließ das Wasser aus dem Dampfzylinder ab, um die Maschine leichter zu machen. Das war sinnlos, brachte nicht viel ein, wirkte aber sehr dramatisch. Vom hinteren Teil des Zuges, dort, wo die Mannschaftswagen waren, marschierten sehr diszipliniert, trotz des gewaltigen Regens, die Wachsoldaten heran. Sie trugen keine Kunststoffplanen über sich wie die Straßenarbeiter, ihre Uniformen und Mäntel saugten sich voll Wasser und wurden in wenigen Minuten bleischwer. Trotzdem marschierten sie wie zur Parade, vorweg ein Leutnant, ein bedauernswerter Trupp durchweichter Menschlein, den ein Befehl durch die Regenhölle trieb. Es geht weiter! Wir kapitulieren doch nicht vor Regen, Schlamm und einem verrücktgewordenen Fluß! Wie sagte Lenin: Nur der Tod entbindet uns von den Pflichten!
    »Ich glaube, Valja Johannowna«, sagte Shukow gegen das kalte, nasse

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