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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Magazin der Kantine die Vorräte an Bio-Jet auffüllte. Hier waren sie allein. Kam jemand herein, so konnte man ihn schon von weitem sehen. Es gab nur diese eine Tür. Und daß Norma Taylor die Vorräte zählte, war völlig logisch und gab keinen Anlaß zum Nachdenken.
    »Was willst du mit Lowinsky?« fragte John Barryl und packte die Bio-Jet-Dosen in die Regale. »Die Sache mit der Atombestrahlung ist ein alter Hut. Aber im Labor V tut sich etwas! Was hast du gesammelt?«
    »In den letzten fünf Tagen sind zwei Kommissionen aus dem Pentagon gekommen und haben an einer geheimen Vorführung teilgenommen. Sie blieben vier Stunden im Bunker VI. Nachher roch es stark nach verbranntem Eisen.« Norma lehnte sich gegen das Regal. »John, ich komme so nicht weiter. Lowinsky ist nur ein Lockvogel … ich will auf anständige Weise an Gulbrannson heran. Er soll sich so anstrengen, mich zu erobern, daß er später wie ein Hund hinter mir herkriecht.«
    »Was heißt erobern?« fragte Barryl und runzelte die Stirn. »Norma, ich bringe jeden um, der dich anfaßt! Wie ich sie hasse, diese geilen Böcke! Wenn ich höre, wie sie über dich sprechen und was sie alles mit dir anstellen wollen, wenn es ihnen gelingt, dich zu bekommen. Norma, in diesen Minuten habe ich das Zeug zum Massenmörder in mir! Du weißt, wie ich dich liebe …«
    »John, wir wollten davon nicht sprechen.«
    »Ich muß es, wenn du Gulbrannson an dich heranziehst. Der Gedanke allein macht mich wahnsinnig!«
    »Wir haben unseren Auftrag, John –«
    »Jeder Einsatz hat Grenzen, Norma.«
    »Weißt du, was General Sinjonew gesagt hat, als er mich in Frazertown verabschiedete? ›Girl‹, hat er gesagt, ›dein Einsatzort ist Los Alamos. Du weißt, was Los Alamos ist. Dort triffst du Andrej Nikolajewitsch wieder.‹ – Ich wäre ihm fast um den Hals gefallen. Aber er sagte weiter: ›Vergiß eins nie: Du hast kein Privatleben! Du lebst nur für deine Aufgabe, dein Vaterland! Nicht nur dein Geist gehört Rußland, auch dein Körper! Er ist deine stärkste Waffe gegen den Kapitalismus. Verstehst du mich?‹ Und ich habe geantwortet: ›Ich habe verstanden, Sir.‹ Was hättest du geantwortet?«
    »Hast du darüber mit Bob gesprochen?«
    »Ja«, sagte Norma. Es war leicht, ihn zu belügen. Als Barryl plötzlich aus Frazertown verschwand, war Bob ja noch in Hillmoores Bar und mixte seine höllischen Cocktails. Sie dachte oft daran, an diese letzte Nacht mit ihm, nachdem sie wußte, daß er Amerikaner war. An den Abschied, an die Mülltonne, mit der sie ihn aus Frazertown geschmuggelt hatte, an die dann folgenden einsamen Tage und noch einsameren Nächte, durchglüht von der Sorge um ihn, von der Sehnsucht nach seiner Umarmung geschüttelt. Es waren grauenhafte Tage gewesen, bis Sinjonew auch sie in das Bürgermeisteramt rief und ihr mitteilte, ihr Einsatz in den USA sei beschlossen. Über Wien war sie dann nach New York geflogen.
    »Und was sagte Bob?« fragte Barryl. Norma schrak zusammen und konzentrierte sich wieder auf John.
    »Er nannte Sinjonew eine Sau. Du kennst ja seine Art.«
    »Aber du hast ihm nicht gesagt, daß du bereit wärest –« Barryl schluckte die nächsten Worte hinunter. »Dunja, auch die Liebe zum Vaterland hat Grenzen.«
    »Bist du verrückt?« Sie blitzte ihn mit ihren schwarzen Augen an und fauchte wie eine getretene Katze. »Ich heiße Norma, du Idiot!«
    »Wie richtig! Ich bin ein Idiot. Warum mache ich das alles eigentlich mit? Warum trage ich diese scheußliche Mütze und diesen lächerlichen Overall? Warum sage ich nicht zu dir: Komm, Norma! Wir sind Amerikaner. Man hat uns dazu gedrillt, man hat unser Eigenleben umfunktioniert, bis wir jeden Russen als einen Fremden ansahen. So vollkommene Amerikaner sollten wir sein. Nun sind wir es … nun laß es uns auch in allem vollkommen sein. Ich habe meinen Beruf, verkaufe Bio-Jet und verdiene gut dabei. Du kannst überall einen Job bekommen. Laß uns heiraten, eine Wohnung mieten und leben wie ein stinknormales amerikanisches Ehepaar. Rußland … das ist der andere Machtblock im Osten. Wir Amerikaner haben das Recht, mißtrauisch zu sein gegen diesen Block. Oder wir sagen einfach: Was geht uns die Politik an. Wir haben unser Steak in der Pfanne, unser Bier im Kühlschrank, unseren Wagen vor der Tür und zahlen ab nächstem Jahr ein Häuschen ab. Und jeder, der uns das nehmen will, soll zur Hölle fahren! Zuerst die verdammten Russen …«
    »John, du bist wirklich verrückt!« sagte Norma

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