Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Barryls laufen herum, die kein Telefon haben und der Polizei nicht irgendwie in die Finger fielen?«
    »Das eben ist die Dunkelziffer. Da kommen wir nicht heran. Hier kann nur wieder der Zufall helfen. Es sei denn, du kannst uns Plenjakow so genau beschreiben, daß wir eine Phantomzeichnung anfertigen können. Ist das möglich, Bob?«
    »Es ist schwer, Sir.« Bob schloß einen Moment die Augen. Er stellte sich Plenjakow vor. Wie er mit Norma in Hillmoores Bar tanzte. Wie er mit breiten, muskulösen Schultern, nur mit einem dünnen Unterhemd bekleidet, auf dem riesigen Mähdrescher gesessen hatte. Wie er im Boxring stand und die härtesten Schläge hinnahm, als seien sie ein Streicheln. Wie er morgens, völlig aufgelöst, vor Bobs Tür stand und schrie: »Was ist mit Norma los? Sie ist von Billys Restaurant nicht nach Hause gekommen! Bob, ich bin am Ende! Ich kann überhaupt nicht mehr denken!« Und vier Meter weiter im Schlafzimmer lag Norma in Bobs Bett und zitterte vor Angst.
    Andrej Nikolajewitsch, ich könnte dich genau beschreiben. Ich sehe dich vor mir in allen Variationen, die ein Mensch durchmachen kann, vom Glück zum Schmerz, von der Zärtlichkeit zum Haß. Aber ein Phantombild gibt das nie … so etwas kann man nicht zeichnen.
    »Es wäre ein Bild, Sir –« sagte Bob gedehnt – »das auf Tausende passen würde. 1,87 groß, mittelblondes kurzes Haar. Durchtrainierte sportliche Figur. Ein liebes Jungengesicht, dem man die 35 Jahre nicht ansieht. Ein Typ, der sofort Vertrauen einflößt, den man zum Freund haben möchte, der ein grandioser Kumpel ist … kann man das zeichnen oder malen? Da versagt auch ein Leonardo da Vinci …«
    »Ich darf wohl Scheiße sagen, Bob?« schnaufte Orwell. Bob grinste leicht.
    »Sie dürfen, Sir.«
    »Bob, du hast doch in Frazertown fotografiert.«
    »Und wie!« Miller lächelte. Seine verträumten Augen blickten an General Orwell vorbei. Da waren die Fotos von Norma, dachte er. Ihre glänzende Nacktheit auf meinem Bett. Das schönste Foto, wie sie vor dem Spiegel steht und sich reckt. Die Morgensonne lag wie ein roter Goldhauch auf ihren Brüsten. Da hatte er die Kamera weggeworfen und sie zurück aufs Bett getragen. Es waren die Stunden gewesen, in denen sie sich bei ihm festbiß und ihre spitzen Fingernägel seinen Rücken aufrissen, als sei er mit Stahlhaken ausgepeitscht worden. Natürlich hatte er auch Plenjakow fotografiert. Im Bug beim Schwimmen, vor dem Mähdrescher, vor einem Football-Kampf. Keiner hatte ihn daran gehindert, auch Frazertown aufs Bild zu bekommen. Den Marktplatz, Billys Riesenhamburger aus Plastik auf dem Dach, das Stadion, die Boxschule Harry Fultons, das Bürgermeisterhaus mit der amerikanischen Flagge. Man war ja ein freier Amerikaner in Frazertown! Aber dann –
    »Das mit dem Fotografieren war blendend organisiert«, sagte Bob und wischte die Erinnerung aus sich weg. »Man gab die Filme zum Entwickeln und Vergrößern in das Fotogeschäft von Jack Maxwell und konnte sich drei Tage später die Bilder abholen. Wie bei uns. Aber jetzt kommt es. Jack freute sich über jede gelungene Aufnahme, man konnte sich an einen runden Tisch setzen und seine Meisterwerke bewundern. Jack gab sogar Anleitungen über Belichtungen und Verschlußzeiten, wenn eine Aufnahme nicht so gut gelungen war … und dann sammelte er die Fotos wieder ein und steckte sie in eine Zerkleinerungsmaschine neben der Theke. Was übrigblieb, waren sinnlose Schnipsel. Die Negative waren vorher längst vernichtet. Das waren die Fotofreuden von Frazertown. Jack Maxwell heißt übrigens Afanasij Iljitsch Nowochishin. Wenn also später irgendwo ein Pressefotograf mit dem Namen Maxwell bei uns auftaucht … das könnte Afanasij sein.«
    Orwell schrieb sich den Namen sofort auf und wandte sich dann wieder Bob zu.
    »Und deine Minikamera?«
    »Ging über Bord, als ich Fulton ausschalten mußte. Ich habe es erst später gemerkt. Eine Panne. Ich gebe es zu.«
    »Und auf dem Mikrofilm hatten Sie Bilder von Plenjakow?« Orwell fiel wieder in das dienstliche Sie zurück, nachdem das private Gespräch abgeschlossen war.
    »Natürlich. Und einige sehr schöne Panoramaaufnahmen von Frazertown, vom Fluß aus.« Bob hob bedauernd die Schultern. Und all die schönen Bilder von Norma, dachte er dabei. Wenn sie erschöpft eingeschlafen war und dalag mit angezogenen Knien, auf ihr schwarzes Haar gebettet, das leise Vibrieren der gereizten Nerven noch unter der Haut ihrer Schenkel. Sir, eine solche Frau gibt

Weitere Kostenlose Bücher