Das Doppelspiel
sein.
Miller war mit sich zufrieden. Er hatte es in einem Tag geschafft, eine Reihe guter Bekanntschaften zu schließen, und er hatte dafür gesorgt, daß man ihn an vielen Stellen von Frazertown kannte. In den Geschäften und dem Supermarkt vor allem, wo naturgemäß ein Umschlagplatz für den Tagesklatsch war. Fehlte nur noch der Friseur, ein wichtiger Mann, denn wer einen Friseur zum Freund hat, kann mit einem guten Leumund rechnen.
Bob Miller ließ sich die Haare stutzen, erzählte im Friseursessel einige knallende Witze und machte Reklame für Hillmoores Nachtbar. »Wenn ihr kommt«, sagte er zu den Friseuren, »mixe ich euch einen Saft, der die Wirkung von zwei Pfund Ginseng hat. Ihr werdet Mühe haben, ihn wieder runter zu kriegen –«
Die Leute im Friseursalon waren begeistert, und Bob Miller war um einige Freunde reicher. Später saß er am Fluß, von dem er jetzt wußte, daß er hier Silver River hieß, auf einer der weißen Bänke und notierte sich die bisher herausgefundenen amerikanischen Decknamen der Russen auf die neueste Ausgabe der ›Frazertown News‹. Er benutzte dafür völlig unverfänglich das Kreuzworträtsel, aber statt der Lösungen schrieb er in die Kästchen die Buchstaben der Namen: Hillmoore, Fulton, Rampler … es waren bereits, als er fertig war, vierundzwanzig Namen.
Vierundzwanzig russische Agenten, die nun nicht mehr unbekannt waren. Wo sie auch später in Amerika an Land gingen … sie würden nur noch im Schatten des CIA leben. Ihre Aktionen würden gelenkt werden, ohne daß sie es merkten.
Um 19 Uhr trat Bob Miller seinen Dienst bei Hillmoore an. Er fand in einem Schrank, der ihm gezeigt wurde, eine passende Barmixeruniform, stellte sich den beiden anderen Mixern vor, die schon von Hillmoore über ihren neuen Kameraden allerlei gehört hatten, und übernahm die Station III, die rechte Seite der Bar, gegenüber der Tanzfläche und der vier Mann starken Band. Drei Go-go-Girls und das Zigarettenmädchen lächelten ihm neckisch zu und drückten ihre Busen durch die Blusen. Es waren fast durchsichtige Stoffe. Bob Miller stellte fest, daß die Mädchen ohne Ausnahme in Ordnung waren.
Um 20 Uhr kamen die ersten Gäste, und Bob braute seinen ersten Elliott Cocktail. Das sind 1 Viertel Gin, 1 Viertel Cointreau, 1 Viertel Peach Brandy und 1 Viertel Zitronensaft. Das Ganze wird über 4 Stückchen Eis geschüttelt. Ein absoluter Stimmungsmacher.
Gerald Hillmoore beobachtete Miller aus einer Ecke, wo verschwiegene Tische standen, kleine Logen mit stimmungsvoller rötlicher Beleuchtung.
Der Genosse ist perfekt, dachte Hillmoore. Wir werden wenig Freude an ihm haben. General Sinjonew wird ihn bald in den USA einsetzen. In Frazertown gibt er sicherlich nur ein Gastspiel. Warum? Was kann Bob hier noch Amerikanisches lernen?
John Barryl hatte sich besonders fein gemacht.
Nachdem er den größten Teil des Tages draußen bei seinem Monstrum von Mähdrescher verbracht und den riesigen Apparat in allen Einzelheiten studiert hatte, verbrauchte er am Nachmittag von seinen 250 Dollar ›Handgeld‹, die man ihm bei der Anmeldung im Stadthaus gegeben hatte, 150 Dollar zum Kauf eines mittelblauen Anzuges, eines cremefarbig getönten Oberhemdes und einer blauweiß gepunkteten Krawatte. Außerdem kaufte er ein französisches Rasierwasser, das besser roch als das amerikanische. Von seinem Wochenlohn hatte er bis jetzt nichts übrigbehalten. Die Standardeinrichtung seines Hauses war ihm zu langweilig gewesen, er schaffte sich eine kleine Hausbar an und einen bizarr gemusterten anatolischen Teppich, der zum Mittelpunkt des Wohnraumes wurde. Wenn es gelang, Norma Taylor in das Haus zu locken, sollte sie staunen. Und da in Frazertown, wie im normalen Leben, alles mit baren Dollars oder auf Abstottern bezahlt werden mußte, sah sich John Barryl in permanenter Geldverlegenheit. Nur die 250 Dollar Handgeld hatte er gespart, und sie opferte er jetzt für Norma Taylor, indem er sich wie ein Gentleman einkleidete.
Norma erwartete ihn vor dem Haus, in dem sie ein Apartment besaß, im zweiten Stockwerk. Sie sah hinreißend aus, trug einen weiten, langen Rock, bedruckt mit riesigen Mohnblumen auf hellgrünem Grund, dazu eine ziemlich gewagt ausgeschnittene Bluse im Gardenlook und um das schwarze Haar ein Band in der gleichen, Leidenschaft signalisierenden roten Farbe der Mohnblumen. John Barryl war stumm vor Bewunderung. Er bemerkte sofort, daß Norma auf einen Büstenhalter verzichtet hatte und alles frei
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