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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wer in Frazertown neu ankam, brauchte keine Legitimation. Bob Miller bekam ein kleines weißgestrichenes Holzhaus mit einem Gärtchen, ganz in der Nähe von John Barryl, unterschrieb wie alle einen Abzahlungsvertrag für Haus und Möbel und kam sich wie daheim vor. Es fehlte nichts … vom Tiefkühlschrank bis zum Schaukelstuhl, von der kitschigen Fernsehleuchte bis zum Pin-up-Plakat, das er sich zur Anregung an die Wand pinnte, dem Bett gegenüber.
    Gegen Mittag hatte es keinen Zweck mehr, seinen Drang, das Mädchen in Billys Hamburger-Schuppen näher zu betrachten, zu unterdrücken. Er machte einen Umweg zu ›Sharoons Menshop‹, kaufte für dreißig Dollar eine flotte leichte Leinenjacke und betrat Billys Restaurant wie ein Eroberer. Norma Taylors prüfender Blick traf ihn sofort. Er sah sie mit seinen verträumten Augen kurz an, ging an einen Tisch in der Nähe der Theke und setzte sich.
    Dort saß er etwa zwanzig Minuten, als Norma hinter ihrer Theke hervorkam und sich räusperte. Miller blickte hoch. Zuerst sah er ihre Brüste, dann ihr Gesicht mit den fast schwarzen Augen. Es war eine gute Reihenfolge.
    »Haben Sie noch nicht bemerkt, daß man hier nicht bedient wird?« fragte Norma Taylor schnippisch. »Wenn Sie was wollen, müssen Sie sich schon bewegen. Wir geben nur aus … holen muß sich jeder selbst.«
    »Das ist mir klar.« Miller lächelte sie mit seinen verträumten Augen an. »Ich wollte nur, daß Sie hinter Ihrer Chromfestung hervorkommen. Mich interessierten auch Ihre Beine. Sind keine Enttäuschung. Meistens ist es so: Oben kracht's in den Nähten, und unten wird's krumm!«
    Norma Taylor schien es die Sprache zu verschlagen. Miller sah, wie sie nach einer Antwort rang, und als sie nichts Treffendes zu sagen wußte, drehte sie sich brüsk ab. »Affe!« knurrte sie bloß und ging sehr schnell hinter ihre Theke zurück. Miller blickte ihr begeistert nach. Ihr Hüftschwung beim Gehen setzte sich in seinem Inneren wie Glockenläuten fort.
    An diesem Mittag holte er sich zweimal Erdbeermilch und zwei Hamburgers und stieß zum Abschied einen unartikulierten Schrei aus. Norma Taylor zuckte zusammen.
    »Sind Sie total verrückt?« rief sie.
    »Das ist die Affensprache«, sagte Miller fröhlich. »Und es heißt: Bis Morgen, Baby –«
    Er hatte kaum Billys Lokal verlassen, als Norma in die Küche rannte und John Barryl an das Fenster zerrte. Bob Miller ging pfeifend über den Platz.
    »Kennen Sie den?« fragte Norma. John Barryl schüttelte den Kopf.
    »Warum?«
    »Er war zum erstenmal hier.«
    Barryl beobachtete aus den Augenwinkeln Norma Taylor. Sie schien sehr erregt und atmete heftiger als sonst. Auf ihren Wangen hatten sich runde, rötliche Flecken gebildet. »Ich werde mich drum kümmern, wer er ist«, sagte er und ärgerte sich, daß es sehr hart klang. »Sieht gut aus, der Junge.«
    »Kuhaugen hat er!« erwiderte Norma laut. »Augen wie eine Schlafpuppe! John, gehen Sie heute abend mit mir tanzen?«
    Barryl nickte. Instinktiv spürte er, daß Norma Taylor vor irgend etwas Angst hatte.
    Gerald Hillmoore hatte nichts dagegen, einen zusätzlichen Barmixer einzustellen. Bob Miller, wie sich der Junge vorstellte, sah blendend aus, war groß und kräftig, lachte mit einem Gebiß, wie man es sonst nur im Fernsehen bei Reklamesendungen von Zahnpasta bewundern konnte, und er sah auch nicht danach aus, daß ihm der anstrengende Nachtdienst auf die Dauer in die Kniekehlen fahren würde. Da hier in Frazertown niemand fragte, wo einer herkam, denn das wußte man ja, und man das freie Leben der USA in allen Nuancen durchspielte, nahm Hillmoore, der eigentlich Jewgeni Alexandrowitsch Schimanow hieß und Oberstleutnant war, ohne das geringste Zögern an, einen besonders fähigen Offizier der Roten Armee vor sich zu haben. Bob Miller schien schon ein paar Lehrgänge hinter sich zu haben, denn er benahm sich so amerikanisch, wie man es besser nicht wünschen konnte. Er ging ohne viel Worte hinter die Theke, holte einen Mixbecher, zog einige Flaschen an sich heran und braute einen Sud zusammen, den er über gestoßenes Eis in hohe Gläser schüttete. Er schob Hillmoore eins zu und nickte grinsend.
    »Meine fachliche Empfehlung, Boß«, sagte er. »Ein Spezial-Drink. In Florida nennen sie den ›Höschen runter‹, weil er jedem Mädchen wie ein Blitz in den Slip fährt. Cheereeo!«
    Er prostete Hillmoore zu, kippte mit einem Schluck das halbe Glas hinunter, und als Hillmoore es ihm gleichtun wollte, erlebte er, was

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